Israelkritischer Beitrag: Integrations-Staatssekretärin muss gehen
Schleswig-Holsteins Integrations-Staatssekretärin Marjam Samadzade hatte auf Instagram einen Beitrag kommentiert und laut Ministerium weiterverbreitet, in dem die israelische Regierung für ihre Angriffe nach dem Terroranschlag der Hamas kritisiert wurde. Nun lässt sie ihre Amtsgeschäfte ruhen.
Die schleswig-holsteinische Integrations-Staatssekretärin Marjam Samadzade muss ihr Amt niederlegen. Hintergrund ist die Weiterverbreitung eines israelkritischen Beitrags auf der Social-Media-Plattform Instagram. Das bestätigte ein Ministeriumssprecher NDR Schleswig-Holstein auf Anfrage.
Laut Justizministerium wird die 50-Jährige nun zunächst für zwei Monate auf ihre Planstelle als Richterin am Amtsgericht Ratzeburg (Kreis Herzogtum Lauenburg) zurückkehren. Welche Aufgaben sie dort übernehmen wird, ist noch unklar. Anfang kommenden Jahres soll sie dann zur Justizbehörde nach Hamburg wechseln.
Touré: Post entspricht nicht Haltung der Landesregierung
Samadzade hatte laut Sozialministerium am 17. Oktober über Instagram einen Post einer Journalistin kommentiert und nach Ministeriumsangaben auch auf ihrem Account aktiv weiterverbreitet. Darin sei die Regierung Israels für ihr Vorgehen nach dem Terroranschlag der Hamas scharf kritisiert und verurteilt worden. Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) betonte, dieser Post entspreche im Ansatz weder ihrer persönlichen Haltung noch der der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung.
"Unsere Haltung ist klar: Wir stehen an der Seite Israels, das das Recht hat sich selbst zu verteidigen. Israels Existenzrecht darf zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt werden." Sozialministerin Aminata Touré (Grüne)
Touré sagte, sie habe Staatssekretärin Samadzade in einem persönlichen Austausch gebeten, ihre Amtsgeschäfte sofort ruhen zu lassen und um ihre Entlassung als Staatssekretärin zu bitten. Diesem sei Samadzade nachgekommen. Nachfolgerin wird zum 1. November Silke Schiller-Tobies. Die Entlassungsurkunde wird laut Staatskanzlei nicht von Ministerpräsident Günther sondern von Touré übergeben. Günther will sich nicht zur Personalie äußern. Auch ein Statement von Samadzade selbst wird es nach Angaben einer Ministeriumssprecherin nicht geben. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Lasse Petersdotter sagte gegenüber NDR Schleswig-Holstein, er halte die Entscheidung Tourés für vollkommen richtig und freue sich auf die Zusammenarbeit mit Silke Schiller-Tobies.
Samadzade: "Danke für diese klaren Worte"
In dem besagten Post schreibt die Journalistin und Autorin Alice Hasters unter anderem: "Ich verurteile die Regierung Israels und die uneingeschränkte Solidarisierung internationaler Regierungen ihres Vorgehens." Sie sei enttäuscht und schockiert, heißt es weiter, wie in Deutschland mit diesem Konflikt umgegangen werde. "Es scheint, als ob Deutschland nur bereit ist, Antisemitimus durch die Verbreitung von Antimuslimischen und Antipalästinensischen Rassismus zu bekämpfen."
Samadzade reagierte auf den Post mit der Aussage: "Danke für diese klaren Worte" und versah die Antwort mit einem Herz.
Wechsel auf Wunsch von Ministerin Touré vorgezogen
Die Ministerin kommt mit der vorzeitigen Auswechslung ihrer Staatssekretärin zuvor: Samadzade hatte bereits im Sommer angekündigt, Ende des Jahres aus dem Amt ausscheiden und zur Justizbehörde Hamburg zurückkehren zu wollen.
In der vergangenen Woche hatte das Sozialministerium die Öffentlichkeit darüber informiert, dass der Wechsel auf "Wunsch von Ministerin Aminata Touré" bereits zum 1. November erfolgt und dass Silke Schiller-Tobies neue Staatssekretärin werden soll. Über den israelkritischen Post und die damit verbundenen Konsequenzen informierte das Ministerium zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, sondern erst auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein.
Opposition fühlt sich über die wahren Hintergründe getäuscht
Schleswig-Holsteins SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli wirft Samadzade mangelnde Sensibilität vor: Es sei problematisch, weil sie auf Social Media nicht als Privatperson unterwegs sei. Als Staatssekretärin sei sie politische Beamtin, es gehe aber auch um die Position, so Midyatli. "Auch wenn es Teile des Posts betrifft, ist aber klar, dass das natürlich in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen wird, als würde man sich gegen seine Landesregierung stellen." Die SPD-Chefin kritisierte außerdem, dass die Gründe für die anstehende Entlassung der Staatssekretärin von Sozialministerin Touré zunächst nicht transparent gemacht und sie erst auf Nachfrage bekannt wurden. Dies sei ein Fehler gewesen.
Es sei ein unglaublicher Vorgang, meint FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, dass ein Mitglied der Landesregierung einen solchen Post weiterverbreite. "Wir haben kurz vorher als Landtag einstimmig die Solidarität mit Israel erklärt und dann ein solches Verhalten." Auch der Umgang mit der Personalie werfe viele Fragen auf. In einer kleinen Anfrage hatte die Fraktion in der vergangenen Woche Fragen zu den Hintergründen des vorzeitigen Wechsels gestellt. Das sei nicht vernünftig beantworten worden, moniert Vogt. "Da war nicht die Rede davon, dass es aufgrund eines politischen Eklats war." Das sei dubios und intransparent und müsse aufgeklärt werden.
Lasse Petersdotter hält von dem Vorwurf, man habe den Vorfall verschweigen wollen, wenig. Der vorzeitige Wechsel sei die primäre Botschaft gewesen, die es zu kommunizieren gegolten habe. "Dass die Opposition da jetzt ein großes Gerufe draus macht, das mag der Tradition des Parlamentarismus geschuldet sein. Ich halte davon wenig", so der Fraktionschef gegenüber NDR Schleswig-Holstein.
FDP will Personalie im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren
Vogt erwartet, dass das Ministerium nun schnellstmöglich veröffentlicht, "was da genau gewesen ist". Alles müsse auf den Tisch gelegt werden. Die FDP möchte daher so schnell wie möglich im Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages über die Personalie Samadzade reden und erwartet Antworten von der Ministerin: "Frau Touré muss die Chaostage in ihrem Ministerium jetzt endlich beenden und muss uns im Innen- und Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen."