Migrationsgipfel: Kommunen fordern Entlastung durch das Land
Die Kommunen in Schleswig-Holstein warnen davor, angesichts steigender Flüchtlingszahlen überlastet zu werden. Sie hoffen auf Hilfe vom Land. Ein Migrationsgipfel in Kiel soll nun Lösungen bringen.
Die Flüchtlingssituation in Schleswig-Holstein setzt Land und Kommunen immer weiter unter Druck. Grund dafür sind fehlende Kapazitäten. Ob Wohnraum, Schul- oder Kita-Plätze, Hilfskräfte, Personal in den Verwaltungen oder Sprachkurse: überall mangelt es. Eine Entlastung der Kommunen ist dringend erforderlich. Die Landesregierung berät sich deshalb heute in Kiel mit kommunalen Spitzenverbänden, Landräten sowie Bürgermeistern der kreisfreien Städte. Neben Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) werden mit der Innen-, der Finanz- und der Bildungsministerin sowie dem Arbeitsminister gleich fünf Ressortspitzen gemeinsam mit den Kommunalvertretern diskutieren.
Verteilung von Geflüchteten müsse neu geregelt werden
Bereits im Vorfeld hatten die Kommunen in zwei Brandbriefen Alarm geschlagen und konkrete Vorschläge an die Landesregierung herangetragen. Gemeindetag, Landkreistag und Städteverband fordern zum einen, die Verteilung Geflüchteter einmalig und für vier Wochen auszusetzen. Die Kommunen bräuchten eine "Atempause", heißt es in dem Papier, das NDR Schleswig-Holstein vorliegt. Zusätzlich müsse die Zuweisungsfrist wieder dauerhaft auf vier Wochen erhöht werden. Außerdem sollen Menschen ohne Bleibeperspektive gar nicht erst an die Kommunen verteilt werden.
Unterkünfte des Landes sollen aufgestockt werden
Die Verbände fordern außerdem, dass die Plätze in den Landesunterkünften deutlich aufgestockt werden und neue Standorte hinzukommen. Die Wiedereröffnung einer weiteren Erstaufnahme-Einrichtung in der ehemaligen Kaserne in Glückstadt sorgte erst kürzlich für Diskussionen. Ende Oktober, Anfang November soll sie vollständig in Betrieb gehen und für 600 Geflüchtete die erste Station in Schleswig-Holstein werden.
Weitere Aufnahme-Kapazitäten in Schleswig-Holstein wahrscheinlich
Dass es künftig weitere Aufnahmeeinrichtungen geben werde, schloss Touré bereits Ende September in Glückstadt ausdrücklich nicht aus. Ministerpräsident Günther (CDU) kündigte auf einem CDU-Parteitag in der vergangenen Woche an, dass die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen aufgestockt werden sollen. Konkrete Zahlen gibt es allerdings noch nicht. Die werden für heute erwartet. Ziel ist es laut Integrationsministerium, vor allem mit Blick auf die Unterbringung der Menschen eine klare Perspektive bis zum Jahresende zu entwickeln. Touré betonte, die Lage sei herausfordernd für alle Beteiligten.
Offene Fragen zur Versorgung und Integration von Geflüchteten
Für die Kommunen wird es beim Migrationsgipfel vor allem darum gehen, wie die Regierung die Kommunen über notwendige Unterbringungen hinaus mittel- und langfristig unterstützen will. Offen ist, wie der Bedarf an Schulräumen und Kita-Plätzen gedeckt wird. Wird es ausreichend Kapazitäten für Sprachkurse geben? Unklar ist auch, welche Ziele und Maßnahmen das Land hat, Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren.
Mehr Antworten und mehr Krisenmanagement
Es brauche einen Gamechanger und keine Scheinlösungen, sagte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) bei der Polit-Talksendung Maybritt Illner im ZDF. Die kommunalen Verbände schließen sich dieser Forderung an und ergänzen, dass mehr Antworten und mehr Krisenmanagement notwendig seien. Touré sagte im Vorfeld des Migrationsgipfels: "Land und Kommunen stehen in der besonderen Verantwortung, in dieser Ausnahmesituation ihren jeweiligen Aufgaben bei der Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten nachzukommen."
Kaum freie Kapazitäten im Land
In Schleswig-Holstein sind laut Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge 6.509 der 6.720 zur Verfügung stehenden Plätze belegt (Stand. 4.10.). Die maximale Kapazität liegt den Informationen zufolge bei 7.800 Plätzen. Täglich nimmt Schleswig-Holstein knapp 100 Geflüchtete auf. Verteilt werden sie auf kommunale Unterkünfte oder auf eine der insgesamt sechs Landesunterkünfte. Sie liegen in Boostedt, Rendsburg, Bad Segeberg, Seeth, Neumünster und Glückstadt. Eine Erstaufnahme-Einrichtung befindet sich aktuell in Neumünster. In Glückstadt wurden inzwischen ebenfalls Geflüchtete untergebracht.