"Ja, wir können es": Luftwaffe zufrieden mit Air Defender 23

Stand: 23.06.2023 21:12 Uhr

Die Luftwaffen-Übung Air Defender ist beendet. Inspekteur Ingo Gerhartz spricht von einem "Signal nicht gegen jemanden, sondern an uns und die Bevölkerung."

Von knapp 2.000 geplanten Flügen hat die deutsche Luftwaffe mit ihren Partnern bei der Großübung Air Defender nach eigenen Angaben 1.808 Einsätze umgesetzt. "Eine Erfüllung von 90 Prozent: Das ist für so eine Großübung ein sehr, sehr guter Wert", sagte Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz am Vormittag in Jagel.

An einem Tag habe es wegen Unwetter im gesamten Übungsgebiet kaum Flüge gegeben. "Im Ernstfall wären wir natürlich auch bei Gewitter geflogen, aber bei dieser Übung hatte Flugsicherheit oberste Priorität", so Gerhartz. Zu den Kosten der Großübung und zum CO2-Ausstoß machte er keine Angaben. Vorab war von rund 35.000 Tonnen CO2 allein durch den Flugbetrieb die Rede. Das entspricht etwa den Jahresemissionen eines deutschen 3.000-Einwohner-Dorfes. Die Umweltbelastungen bei Air Defender gehörten bei einer Mahnwache vor dem Fliegerhorst in Jagel in der vergangenen Woche zu den Hauptkritikpunkten an der Großübung.

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Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, organisiert die Großübung "Air Defender". © Jörg Jacobsen Foto: Jörg Jacobsen
14 Min

Bilanz der Luftwaffe zu Air Defender 2023

Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz informierte in einer Pressekonferenz darüber, wie die Großübung verlaufen ist. 14 Min

Russische Flugzeuge über der Ostsee abgefangen

Die Royal Air Force aus Großbritannien hat während Air Defender 23 nach eigenen Angaben drei russische Flugzeuge über der Ostsee abgefangen, die ohne entsprechende Verbindung zu den zuständigen Kontrollbehörden unterwegs gewesen waren.

Die Entdeckung eines mutmaßlichen russischen Spionageschiffs, das während der Großübung auf der Ostsee wohl Informationen abfangen wollte, nahm Inspekteur Gerhartz gelassen zur Kenntnis: "Das hatten wir auch nicht anders erwartet und ich halte das in keinster Weise für eine Eskalation. Das Schiff lag in internationalen Gewässern." Bei Einsätzen im nördlichen Mecklenburg-Vorpommern und entlang der Ostseeküste habe die Luftwaffe reagiert und sei auf Trainingsfrequenzen ausgewichen, um keine Informationen preiszugeben.

Startschwierigkeiten beim Datenaustausch

Schwächen in der internationalen Zusammenarbeit seien am ersten Übungstag bei der digitalen Kommunikation im Datennetzwerk zutage getreten. "Durch die Verschlüsselung ist es eine enorme Aufgabe, alle ins Netz zu kriegen. Wir haben uns entsprechend aufgestellt, damit wir den anderen Nationen als Gastgeber Unterstützung anbieten können, damit wir an Tag 2 alle im Netzwerk haben, und das hat dann auch funktioniert", so Gerhartz.

"Keinerlei Flugausfälle" durch Air Defender

Deutlich weniger Schwierigkeiten als ursprünglich angenommen habe es im zivilen Flugverkehr gegeben. Laut Gerhartz gab es "keinerlei Flugausfälle". Von vorab befürchteten 55.000 Verspätungsminuten pro Tag hat die Deutsche Flugsicherung diese Zahl etwa um die Hälfte auf 22.000 reduziert - "22.000 Verspätungsminuten am Tag hören sich erst mal furchtbar an, sind bei bis zu 9.000 Flügen täglich aber wenig", sagte Arndt Schoenemann, Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung, bereits am Dienstag gegenüber NDR Schleswig-Holstein.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zog ebenfalls ein positives Fazit: "Die gemeinsame Abstimmung hat es ermöglicht, trotz der Sperrung von drei großen Lufträumen in Deutschland einen weitestgehend stabilen Luftverkehr zu gewährleisten und Beeinträchtigungen in Grenzen zu halten", bilanzierte BDL-Präsident Jost Lammers.

VIDEO: Mittendrin bei der Air-Defender-Übung in Jagel (4 Min)

Gerhartz: Fliegerhorst Hohn muss erhalten bleiben

Neben dem taktischen Erfolg der Großübung sei laut Gerhartz auch der menschliche Austausch zwischen den Soldatinnen und Soldaten aus 25 Nationen ein großer Gewinn für die zukünftige Zusammenarbeit im NATO-Bündnis. Gerhartz sprach sich auf der Pressekonferenz in Jagel auch für den Erhalt der Flugplätze Hohn (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und Lechfeld (Bayern) aus. "Auf beiden Flugplätzen waren Flugzeuge der NATO stationiert. Das hat uns allen noch einmal gezeigt, dass wir diese Flugplätze nicht aufgeben dürfen." Noch am Wochenende sollen alle Kampfjets in ihre Heimatländer zurückkehren, einige sind schon in der Nacht und am Morgen gestartet.

Jetzt kommen die Transportflieger

Den Fliegerhorst Schleswig-Jagel nennt die Bundeswehr das "Nest der Kampfflieger". Dort und im benachbarten Hohn waren während der Übung die meisten der etwa 160 beteiligten Jets stationiert. Jetzt beginnt dort der Rückzug: Allein aus Schleswig-Holstein müssen etwa 80 Kampfjets, 1.600 Soldaten und tonnenweise Material verlegt werden. Deshalb werden nach Angaben der Bundeswehr heute und in den kommenden Tagen wieder vermehrt große Transportmaschinen auf den beiden Fliegerhorsten in Hohn und Jagel landen - vor allem aus den USA.

Nach Angaben der Luftwaffe beteiligten sich 10.000 Soldatinnen und Soldaten aus 25 Ländern mit 250 Flugzeugen an der Übung, die von Deutschland geführt wurde.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.06.2023 | 08:30 Uhr

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