Air Defender: Stoltenberg betont Führungsrolle von Deutschland
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben sich am Dienstag ein Bild vom Luftwaffenmanöver Air Defender beim Fliegerhorst Jagel gemacht.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat in Jagel (Kreis Schleswig-Flensburg) die Führungsrolle Deutschlands bei der militärischen Unterstützung der Ukraine und bei der Übung Air Defender gelobt. "Das hier ist eine starke Demonstration von deutschem Engagement und deutschen Fähigkeiten. Air Defender demonstriert auch, wie stark die Bindung zwischen Europa und Nordamerika geworden ist", sagte Stoltenberg am Mittag in Jagel. Russlands brutaler Angriffskrieg zeige die Wichtigkeit der NATO-Luftverteidigung. Stoltenberg betonte, dass die NATO keine Kriegspartei sei, aber weiter neben der Ukraine stehe. Er lobte das Ziel Deutschlands, ab 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes in die Verteidigung zu investieren. "Das Zwei-Prozent-Ziel ist ehrgeizig, das erfordert Anstrengung, aber wir werden es erreichen", sagte Verteidigungsminister Pistorius.
Tornados und Eurofighter im Blick
Stoltenberg und Pistorius ließen sich auf dem Luftwaffenstandort Schleswig-Jagel in das Manöver einweisen. Sie wurden über Waffensysteme informiert und schauten sich Tornados und Eurofighter an. Zu dem Besuchertag waren auch Luftwaffenchefs - sogenannte Air Chiefs - aus vielen Teilnehmerstaaten gekommen. Die Übung laufe bislang exzellent, sagte Pistorius. Ingo Gerhartz, Generalleutnant der Luftwaffe, betonte, dass Air Defender besonders für die Bündelung der digitalen internationalen Kompetenzen in einem Netzwerk wichtig sei. Dort seien in den ersten Tagen schnell Fortschritte erzielt worden.
Stoltenberg im Gespräch mit amerikanischem Soldaten
Direkt nach der Ankunft begaben sich Stoltenberg und Pistorius in den Austausch mit Soldaten. Auch mit dem Kommodore Jörg Schroeder führten sie auf dem sogenannten Static Display vor dem Hangar Gespräche. Es ist der erste Besuch eines NATO-Generalsekretärs überhaupt auf dem Gelände. Stoltenberg ließ sich unter anderem von einem amerikanischen F-15-Pilot aus New Orleans einen Kampfjet und die Aufgaben bei Air Defender erklären. Der Amerikaner sagte anschließend NDR Schleswig-Holstein: "Es war mir eine Ehre, mit ihm darüber zu sprechen, wie großartig die Übung bisher läuft und wie viel wir hier bislang voneinander lernen konnten."
Günther: Wir stehen uns hier bei
Auch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) besuchte den Fliegerhorst in Jagel am Dienstagnachmittag, kurz nachdem Pistorius und Stoltenberg zum nächsten Termin bei der Flensburger Fahrzeugbau GmbH aufgebrochen waren. "Ich bin sehr stolz, dass diese Übung in Schleswig-Holstein stattfindet und wir damit ein Zeichen setzen, dass wir uns hier beistehen. Wir merken eine große Unterstützung für solche Manöver und auch, dass es das Sicherheitsgefühl von vielen Menschen stärkt", so Günther.
250 Flugzeuge dabei - 25 Staaten beteiligen sich
Air Defender 2023 ist die bislang größte Verlegungsübung von Luftstreitkräften seit Gründung der NATO. Mit einem fiktiven Szenario wird im Luftraum über Deutschland trainiert, wie das westliche Verteidigungsbündnis auf den Angriff eines östlichen Bündnisses reagiert und dabei bereits vom Gegner besetzte Gebiete zurückerobert. Insgesamt nehmen 250 Flugzeuge an der Großübung teil, etwa die Hälfte davon kommen aus den USA. In Jagel starten und landen seit mittlerweile elf Tagen Kampfjets der Bundeswehr und einige andere der 25 teilnehmenden Staaten. Die Übung dauert noch bis Freitag. Inzwischen gab es mehr als 1.000 Flüge.
Scholz sprach von "ganz wichtiger Übung"
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits am vergangenen Mittwoch den Fliegerhorst Jagel besucht. Zum Auftakt des Termins setzte sich der Kanzler in einen Eurofighter-Jet. Diese Geste sei neu, sagte Thomas Wiegold, Fachjournalist und Blogger mit den Schwerpunkten internationale Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein. "Die Zeiten haben sich geändert, das will offensichtlich auch der Kanzler demonstrieren", sagte Wiegold. Scholz sprach von einer "ganz wichtigen Übung", die zeige, dass man gut zusammenarbeite. "Es ist auch ein Zeichen, dass wir gut vorbereitet sind, dass wir Landes- und Bündnisverteidigung miteinander trainieren, damit die Aussage auch ernst genommen wird", so Scholz.
Luftwaffe: Air Defender hat für alle Beteiligten Mehrwert
Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, bezeichnete die Übung am Sonntag als herausragende Leistung. Die Verlegung von mehr als 1.600 Tonnen Material und 100 Flugzeugen aus den USA nach Deutschland habe reibungslos geklappt. Zum Übungsbetrieb sagte der Generalleutnant: "Es hatte am Anfang hier und da auch geknirscht. Unterschiedliche Ausbildungsstände, sprachliche Herausforderungen und auch die Technik musste erstmal ans Laufen kommen." Deutlich werde, dass "Air Defender 2023" für alle Beteiligten einen operativen, logistischen und menschlichen Mehrwert habe.
Bisher kaum Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr
Fast geräuschlos läuft die internationale Luftwaffenübung bisher ab: Zusätzlicher Fluglärm ist in weiten Teilen der großflächigen Übungsräume jenseits der Startbahnen kaum auszumachen. Auch ein Chaos an den Flughäfen blieb bislang aus. "22.000 Verspätungsminuten am Tag hören sich erst mal furchtbar an, sind bei bis zu 9.000 Flügen täglich aber wenig", sagte Arndt Schoenemann, Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung am Dienstag in Jagel. Die Zusammenarbeit mit der Luftwaffe sei hervorragend. Auch die Zusatzschichten beim eigenen Personal hätten sich ausgezahlt.
Flughäfen in Berlin, Stuttgart und Köln melden keine oder kaum Einschränkungen. Am Hamburger Airport sind die Verzögerungen laut eigenen Angaben moderat: "Es kam an einzelnen Tagen zu häufigeren Verspätungen, zudem sind rund ein Dutzend Flüge annulliert worden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Ursache der Streichungen und Verspätungen nicht immer eindeutig dem "Air Defender 23" Manöver zuzuordnen lässt."