Stoltenberg lobt FFG in Flensburg: "Wichtig für Ukraine"
Die Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG) ist derzeit der wichtigste europäische Lieferant von gepanzerten Fahrzeugen für die Ukraine. Das sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einem Besuch der Firma am Dienstag.
In den alten Fabrikhallen in der Flensburger Neustadt wird gehämmert, geschweißt und geschraubt. Hinter dem einen extra breiten Garagentor stehen ausgemusterte "Leopard"-Kampfpanzer des dänischen Heeres, daneben Brückenlegepanzer vom Typ "Biber" und der Minenräumpanzer "Wisent". Für Probefahrten nutzen die Mitarbeiter gerne einen schnurgeraden Betonweg direkt an der Mole. Wenn sie die Motoren starten, steigen schwarze Abgaswolken auf und der Boden beginnt zu vibrieren. Von der Straße aus ist davon nicht zu viel sehen. Hohe Mauern schirmen das Gelände auf der einen Seite ab, auf der anderen Seite liegt die Flensburger Förde.
80 "Leopard"-Panzer bis Ende des Jahres
Ob "Leopard", "Biber" oder "Wisent" - fast alle Fahrzeuge, die sie hier gerade instandsetzen oder bauen, sind für die Ukraine bestimmt - für die Frontlinie des Krieges. Einige Fahrzeuge sind dort schon jetzt im Einsatz, andere sollen in den kommenden Wochen ausgeliefert werden. Bis Ende des Jahres werden es allein 80 'Leopard-1'-Panzer sein, weitere 30 sollen kommendes Jahr folgen, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Flensburg. Er war gemeinsam mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Besuch bei der Luftwaffen-Übung Air Defender auf dem Fliegerhorst Jagel (Kreis Schleswig-Flensburg) nach Flensburg gekommen. "Gerade die 'Leopard A1', die immer wieder in aller Munde sind, mögen zwar alt sein, aber sie sind immer noch ein außerordentlich wertvolles System", sagte Pistorius. "Sie können in der Ukraine gute Dienste leisten."
Stoltenberg: "Abnutzungskrieg wird zum Krieg der Logistik"
Es sei eine große Freude und Ehre, hier zu sein, sagte Stoltenberg, als er zwischen sechs verschiedenen Panzermodellen auf dem Hof der FFG stand. Die Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft sei in Europa der größte Anbieter von Kampffahrzeugen für die Ukraine. Diese Lieferungen helfen laut Stoltenberg den Ukrainern, Leben zu retten, Territorium zurückzugewinnen und die russische Aggression zurückzudrängen. "Sie sind wichtig für die Ukraine und wichtig für Europa", so der NATO-Generalsekretär.
"Der Krieg in der Ukraine ist nun ein Abnutzungskrieg - und der Abnutzungskrieg wird zum Krieg der Logistik", sagte Stoltenberg. "Wenn wir langfristig vorbereitet sein wollen, dann müssen wir Unternehmen wie der FFG und der deutschen Verteidigungsindustrie vertrauen." Und Pistorius ergänzt: "Die FFG ist sehr sehr wichtig als Partner."
Viele gute Worte für die Industrie, deren Vertreter immer wieder monieren, wie zögerlich und langwierig die Vergabe von Aufträgen läuft. Vor einem Jahr zum Beispiel standen die ausgemusterten Leopard-1-Panzer auch schon in Flensburg - nur der Auftrag, sie wieder flott zu machen, ließ auf sich warten.
Deutschland zahlt 5,4 Milliarden Euro in diesem Jahr
Die Panzer, die jetzt nach und nach das Werk in Flensburg in Richtung Ukraine verlassen, sind komplett fertig - inklusive ukrainischer Beschriftung im Inneren. 5,4 Milliarden Euro gibt Deutschland in diesem Jahr insgesamt für Ausrüstung und Waffen für die Ukraine aus. Wie viel die FFG bekommt, ist ein Geschäftsgeheimnis. Für das Unternehmen wird sich der An- und Verkauf der Panzer vermutlich finanziell lohnen. 2010 soll die FFG die ausgemusterten "Leopard"-Panzer nach dänischen Medienberichten für umgerechnet rund 13.000 Euro pro Fahrzeug vom dänischen Militär gekauft haben. Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein kosten sie jetzt ein Vielfaches des ursprünglichen Preises.
Fachkräftemangel ein Problem
Die Auftragsbücher der Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft sind auf jeden Fall voll. Die derzeit 800 Mitarbeiter kommen kaum hinterher. Der Fachkräftemangel sei eine "große Herausforderung", sagt der Verteidigungsminister und FFG-Chef Norbert Erichsen neben ihm nickt. Allein 100 weitere Mitarbeiter könnte der Mittelständler sofort einstellen, heißt es aus dem Unternehmen.