Agrarwissenschaftler: Finanzieller Anreiz für mehr Klimaschutz fehlt

Stand: 06.01.2024 12:43 Uhr

Der Streit über die geplanten und dann zum Teil wieder zurückgenommenen Subventionskürzungen im Agrarbereich geht weiter. Professor Christian Henning von der CAU Kiel sieht allerdings bei der Finanzierung einer zukunftsgerichteten Landwirtschaft ganz andere Baustellen.

von Doreen Pelz

Die Bauernverbände haben ab dem 8. Januar zu Protesten aufgerufen. Es soll Traktoren- Demos und Konvois geben. Auch Kundgebungen sind angekündigt. Ursprung des Ärgers: Die Bundesregierung wollte die Befreiung der Landwirte von der Kraftfahrzeugsteuer und die Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel streichen. Inzwischen ist das Ende der Kfz-Steuer-Befreiung vom Tisch, der Agrardiesel soll nur schrittweise teurer werden. Der Präsident des Landesbauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, sieht trotzdem große finanzielle Schwierigkeiten auf die Bauern zu kommen: "Die angekündigte schrittweise Reduzierung bei der Teil-Rückerstattung der Mineralölsteuer kann uns nicht zufriedenstellen, denn am Ende wird man der Landwirtschaft bis zum Jahr 2026 dann doch wie geplant jährlich 440 Millionen Euro zusätzlich an Steuerlast aufbürden."

Agrardiesel macht rund 25 Euro pro Hektar pro Jahr aus

Professor Dr. Christian Henning, Agrarwissenschaftler an der Uni Kiel. © Uni Kiel Foto: Sven Janssen
Oft bleiben Landwirte allein auf den Kosten der deklarierten Ziele unserer Gesellschaft sitzen, so Professor Dr. Christian Henning von der Uni Kiel.

Wie viel Geld würde den Landwirten also wegbrechen, wenn der Zuschuss zum Agrardiesel gestrichen wird? Agrarexperte Professor Dr. Christian Henning von der Uni Kiel rechnet vor: "Bei der Teilerstattung des Agrardiesels geht es um rund 25 Euro pro Hektar im Jahr. "Das errechnet sich aus 20 Cent Erstattung auf rund 120 Liter Verbrauch eines Traktors. "Wenn wir ein Weizenfeld nehmen, dann haben wir vielleicht ungefähr Kosten von 1.000 Euro pro Hektar. Ziehen wir 25 Euro ab, dann sind das 2,5 Prozent Verlust. Definitiv nicht der Grund für irgendeinen Landwirt, sein Unternehmen gefährdet zu sehen."

Keine Existenzen bedroht

Trotzdem hat Prof. Henning Verständnis für die aktuellen Proteste. Denn aus wissenschaftlicher Sicht wären die Gegebenheiten zur Umstrukturierung der Landwirtschaft im Sinne des "Green Deals" fast perfekt. Vonseiten der Politik kämen dafür aber keine konkreten Maßnahmen und Anreize für die Landwirte. "Das, was sozusagen bislang eine vernünftige, gute Idee ist - die des Green Deals - die wird von der Politik, insbesondere auch von einer Bundesregierung viel zu wenig, nicht adäquat und definitiv nicht mit den wirklich verfügbaren, effizienten Mitteln umgesetzt."

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Aktuell 300 Euro pro Hektar an staatlicher Unterstützung

Landwirte erhalten laut Henning aktuell 300 Euro pro Hektar an staatlichen Zahlungen. Das sind zum Großteil sogenannte Ökosystemleistungen, bestimmte Umweltauflagen und Umweltleistungen, die von Landwirten erbracht werden. Doch der finanzielle Anreiz für mehr Klimaschutz, weniger Belastungen mit Pestiziden und mehr Biodiversität werde damit nicht geschaffen. "Der Landwirt bleibt allein auf den Kosten dieser deklarierten Ziele unserer Gesellschaft sitzen. Das ist ein bisschen wie David gegen Goliath. Und es gebe da einfache Möglichkeiten, finanzielle Anreize für die Landwirte zu setzen und auch enorme Innovation in Richtung Nachhaltigkeit in Gang zu setzen. Das ist eine enorme Chance, die die Politik im Moment überhaupt nicht nutzt."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 08.01.2024 | 19:30 Uhr

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