"Letzte Generation": Wer sind die "Klimakleber"? Was wollen sie?
Mit aufsehenerregenden Aktionen - und deren rechtlichen Folgen - ist die "Letzte Generation" bekannt geworden. Für die Aktivistinnen und Aktivisten wurde gar ein eigenes Wort erschaffen.
Sie sind die "Klimakleber" - und die werden gehasst oder geliebt, dazwischen gibt es kaum etwas. Das Festkleben am Asphalt ist eine der Formen des Protests, mit denen die Bewegung ihren Forderungen Nachdruck verleihen will. Es ist bildstark und sorgt für Aufmerksamkeit: Polizisten, die festgeklebte Hände ablösen. Straßenverkehr steht still, Flugbetrieb wird eingeschränkt. Es folgen Prozesse und Strafen gegen Teilnehmende, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz äußern sich zu der Gruppierung.
Verweis auf Grundgesetz: "Lebensgrundlagen schützen"
Doch was genau will die "Letzte Generation" erreichen? "Generell fordern wir die Regierung auf, ihre eigenen Gesetze zu achten", teilt eine Sprecherin dem NDR in Niedersachsen mit. So verpflichte etwa das Pariser Klimaabkommen die Bundesregierung dazu, zur Begrenzung der Erderhitzung weit unter zwei Grad beizutragen. Die "Letzte Generation" verweist zudem auf das Grundgesetz: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen (...)", heißt es im Artikel 20a.
Treibhausgas-Emissionen: "Letzte Generation" setzt auf Gesellschaftsrat
Die "Letzte Generation" fordert einen Gesellschaftsrat, der ausarbeitet, wie Deutschland bis 2030 sozial gerecht aus der Nutzung fossiler Energieträger aussteigen kann. Danach solle die Energieversorgung vollständig aus erneuerbaren Quellen erfolgen. Der CO2-Ausstoß müsse aber auch in anderen Bereichen verringert werden. "Dazu gehört eine Kreislaufwirtschaft, die der Verschwendung ein Ende setzt und damit den Energiebedarf deutlich reduziert, und eine klimapositive, das heißt kohlenstoffbindende Landwirtschaft", so die Sprecherin. Damit die Empfehlungen des Gesellschaftsrates nicht unter den Tisch fallen, müsse sich die Regierung verpflichten, diese ins Parlament einzubringen, dort Überzeugungsarbeit leisten und Gesetze umgehend umsetzen. "Das ist ein Prozess, der echte gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und das Vertrauen in unsere Demokratie stärkt", so die Ansicht der Bewegung.
"Letzte Generation" betont Transparenz und Gewaltlosigkeit
Die "Letzte Generation" ist kein Verein, keine Organisation im herkömmlichen Sinne. Nach Angaben der Sprecherin entstanden aus einem Hungerstreik im Herbst 2021, hat die Bewegung inzwischen rund 1.200 Unterstützerinnen und Unterstützer (Stand: Mai 2023). Die Sprecherin betont die Transparenz der Aktionen, die Suche nach dem Gespräch mit Politik, Polizei, Kirche und anderen, die unbedingte Gewaltlosigkeit.
Ziviler Ungehorsam: Ohne Stören geht es nicht
Gesprächsbereit, offen, gewaltlos, das klingt konstruktiv, friedlich, harmlos. Für Kritikerinnen und Kritiker ist die "Letzte Generation" aber alles andere. Den Verkehr blockieren? Übertrieben, ungerechtfertigt, teils sogar höchst gefährlich, heißt es. Warum also das Festkleben, das so viele Menschen verärgert und Strafen nach sich zieht?
"Dem zivilen Ungehorsam liegt zugrunde, dass jemand zur Abstellung eines Unrechts oder zur Bekämpfung eines Unrechts seine Gewissensgründe und seine Moral über das Gesetz stellt", heißt es dazu von der "Letzten Generation". Am Kleben an der Straße hätten auch die Beteiligten selbst "keinen Spaß", dieser Protest sei aber notwendig: "Uns ist eine lebenswerte Zukunft so wichtig, dass wir dafür die rechtlichen Konsequenzen in Kauf nehmen." Die Klebeaktionen könnten nicht einfach ignoriert werden - das Stören ist gewollt, ist sozusagen Teil des Auftrags. Die Bewegung betont: "Wir setzen Protestformen des zivilen Ungehorsams sorgsam und im Rahmen eines Abwägungsprozesses ein."