Weil: Klebe-Aktionen führen zu Ärger - und bringen wenig
Der NDR Niedersachsen lädt die Spitzen der im Landtag vertretenen Parteien zum Sommerinterview. Den Auftakt macht Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Martina Thorausch, Leiterin der Redaktion Landespolitik, hat ihn zum Spaziergang in Hannover getroffen.
Die Politiker können sich den Ort des Sommerinterviews selbst aussuchen. Ministerpräsident Weil wählt für den Spaziergang den Georgengarten im Stadtteil Herrenhausen. "Der Georgengarten ist ein besonders schönes Stück Hannover, hier kann man sehr entspannt lustwandeln." Lustwandeln - das klingt nach Entspannung. Doch die Zeiten sind schwierig. Schnell wird es beim Spaziergang politisch. Zum Beispiel beim Thema Klimaproteste.
"So viel Ärger" durch Klebe-Aktionen von Klimaschützern
Ministerpräsident Stephan Weil hält die Klebe-Aktionen von Klima-Aktivisten wie der "Letzten Generation" für falsch. "Das ist eine kleine Gruppe. Und ich glaube, die leistet dem Klimaschutz gerade einen Bärendienst", sagt der Regierungschef. Es gebe "so viel Ärger, so viele Aggressionen", dass der Protest "dem berechtigten Anliegen" nicht nütze. Er verstehe, wenn junge Menschen ungeduldig seien. Aber Maßnahmen gegen den Klimawandel bräuchten nun einmal Zeit - und die Akzeptanz der Gesellschaft: "Diejenigen, die glauben, wir könnten mal eben den Stecker ziehen, die täuschen sich einfach. Und vor allem: Sie werden erleben, dass viele Menschen in der Gesellschaft nicht mitziehen."
Weil sieht Arbeitsplätze wegen hoher Strompreise in Gefahr
Weil erneuert im NDR Sommerinterview auch seine Forderung nach einem günstigen Strompreis für die Industrie - davon hingen Wirtschaftskraft und Wohlstand ab, sagt er. Wenn Unternehmen wegen teurer Energiepreise abwanderten, seien Arbeitsplätze in Gefahr. "Allein in Niedersachsen wäre das eine fünfstellige Zahl", sagt der Regierungschef mit Blick auf Unternehmen etwa aus der Chemie-, Glas- oder Stahlindustrie. Konkreter wird er nicht.
"AfD will unsere Demokratie verändern"
Thema beim Sommerinterview ist auch der Umfrage-Höhenflug der AfD und die Debatte darüber, wie die anderen Parteien mit ihr umgehen. Weil wird deutlich: "Als Landesvorsitzender der SPD bin ich sicher, dass diese Partei am Ende des Tages unser System verändern will, unsere Demokratie verändern will. Dagegen muss man sich wirklich wehren. Das können wir am besten durch überzeugende eigene Politik - aber auch dadurch, dass wir klipp und klar sagen: eine Zusammenarbeit mit der AfD ist für die niedersächsische SPD nicht denkbar."
"Sprachförderung alleine bringt nicht so viel"
Es sind die großen, bundespolitischen Themen, die im Mittelpunkt des Sommerinterviews stehen. Beispiel Migration: Stephan Weil findet, dass die Integration von Geflüchteten besser werden muss - auch, um sie für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Der SPD-Politiker spricht sich dafür aus, dass die Menschen Deutsch lernen und parallel bereits als Praktikanten in Unternehmen reinschnuppern können. "Sprachförderung alleine, die bringt nicht so viel", erläutert Weil. "Das ist eine der Lehren, die wir gezogen haben. Das ist sowas wie Trockenschwimmen." Und weiter: "Sprache lernt man dadurch, dass man spricht - nicht dadurch, dass man immer im Unterricht sitzt." Geflüchtete und Unternehmen zusammenbringen, das will Weil in den nächsten Monaten angehen.
Wann regelt Weil seine Nachfolge?
Was seine eigene Zukunft angeht, hält sich Weil bedeckt: Klar ist nur, dass der Ministerpräsident bei der nächsten Landtagswahl in vier Jahren nicht mehr antreten will. Aber wann er einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin präsentiert, ob er sich noch einmal zum SPD-Landesvorsitzenden wählen lassen will - dazu sagt der 64-Jährige nichts. Freundlich, aber bestimmt wehrt der Regierungschef alle Fragen ab: "Glauben Sie mir: Mein Tag ist voll ausgefüllt", sagt Weil lächelnd. "Wenn ich jetzt anfangen würde, Planungen für den Ruhestand zu machen, dann wäre irgendwas richtig falsch."
Der NDR in Niedersachsen bittet die Spitzenpolitiker der im Landtag vertretenen Parteien zum Sommerinterview. Die weiteren Veröffentlichungstermine sind: Julia Willie Hamburg (Grüne) am 4. August, Sebastian Lechner (CDU) am 10. August und Stefan Marzischewski-Drewes (AfD) am 17. August.