Braunschweig beschränkt "Letzter Generation" spontane Proteste
Die Stadt Braunschweig hat unangemeldete Klimaproteste der Gruppe "Letzte Generation" beschränkt. Den Aktivisten drohen bis zu 3.000 Euro Bußgeld. Die Grünen im Stadtrat üben Kritik.
Seit Donnerstag gilt die Allgemeinverfügung, die jegliche Versammlungen der "Letzten Generation" oder ähnliche Versammlungen zum Klimaprotest im Stadtgebiet unter freiem Himmel beschränkt. Auch das "Nutzen von Fahrbahnen für Umzüge, das Ankleben, Festketten, Festbinden oder Setzen auf Fahrbahnen" ohne vorherige Anmeldung verbietet die Stadt. Bei Verstößen drohen den Aktivisten demnach Bußgelder von bis zu 3.000 Euro. Außerdem könne man Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Teilnehmer einleiten, wenn diese gegen die Auflagen verstießen, betonte die Stadtverwaltung. Unterzeichnet wurde die Allgemeinverfügung von Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD).
Stadt will Gespräche zwischen Veranstaltern und Behörde
Nach eigenen Angaben will die Stadt Braunschweig die Teilnehmenden und Verantwortlichen von Klimaprotesten dazu bewegen, derartige Versammlungen anzukündigen. So sollten "im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld zum Beispiel Kooperationsgespräche zwischen Veranstalter und Ordnungsbehörde geführt werden können", heißt es in der Mitteilung. Die Stadt reagiere so auf etwa 20 unangemeldete Aktionen der Klimaaktivisten in den vergangenen Monaten. Das Verbot ist zunächst bis zum 31. August befristet.
"Letzte Generation" äußert sich zum Vorgehen der Stadt
Die "Letzte Generation" zeigte sich unbeeindruckt vom Handeln der Stadtverwaltung: "Kein Bußgeld und keine Freiheitsstrafe wird uns davon abhalten, friedlich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und gegen den Verfassungsbruch unserer Bundesregierung - auch in Braunschweig - auf die Straße zu gehen", hieß es in einer Mitteilung. Die Reaktion der Stadt zeige vielmehr, dass der Protest störe. In ihrer Stellungnahme bot die Gruppe dem Oberbürgermeister Kornblum (SPD) an, "in den Dialog zu treten".
Grüne halten Verfügung für "juristisch fragwürdig"
Im Braunschweiger Stadtrat ist die SPD die größte Fraktion. Gemeinsam mit den Grünen bildet sie die politische Mehrheit im Stadtrat. Der grüne Koalitionspartner zeigte sich überrascht über das Vorgehen und übt Kritik. Die Fraktionsvorsitzende Lisa-Marie Jalyschko sagte dem NDR in Niedersachsen, die grünen Ratsmitglieder seien nicht in die Entscheidung eingebunden gewesen. Über die Protestform der "Letzten Generation" könne man streiten, so die Grünen. Jalyschko halte die Allgemeinverfügung aber für ein "scharfes Schwert" und "juristisch fragwürdig", weil sie auf die Protestformen der Klimaaktivisten "maßgeschneidert" sei. Braunschweig sei die erste norddeutsche Stadt, die diesen Weg gehe. Juristisch gegen das Verbot vorgehen will die Ratsfraktion nicht. Aber die kritische Aufarbeitung habe begonnen, erklärte die Fraktionsvorsitzende. Die Grünen wollten wissen, wie die Allgemeinverfügung zustande gekommen ist. Allgemeinverfügungen fallen nach Angaben der Stadtverwaltung allerdings nicht in die Zuständigkeit des Rates.
SPD verteidigt Allgemeinverfügung
SPD-Fraktionschef Christoph Bratmann zeigt Verständnis für das Vorgehen der Stadtverwaltung. Die Allgemeinverfügung richte sich lediglich gegen Aktionen, die gegen die gesetzliche Anzeigepflicht mit einer Vorlaufzeit von 48 Stunden verstießen. "Die Versammlungsbehörde ist dafür zuständig, dass Versammlungen, zu denen auch Proteste und Demonstrationen gehören, geordnet und rechtmäßig ablaufen", so Bratmann. Die Verwaltung habe im Sinne der Gefahrenabwehr gehandelt. Bei den vielen Straßen-Baustellen in Braunschweig könnte es für Rettungsdienste eng werden, wenn die "Letzte Generation" Straßen blockiere. Es gehe nicht darum, Klimaproteste einzuschränken. Darüber hinaus seien in Braunschweig in ähnlicher Weise etwa auch die unangekündigten Montagsdemonstrationen in der Corona-Pandemie beschränkt worden. Ähnliche Einschränkungen seien bereits in München und Nürnberg erlassen worden.