Kassensturz in Niedersachsen: Was kann sich Rot-Grün noch leisten?
Für welche Vorhaben gibt Niedersachsen 2024 Geld aus? Am Mittag will Rot-Grün die Schwerpunkte für den Haushalt 2024 präsentieren. Die Erwartungen sind groß - insbesondere bei Lehrkräften.
Am Sonntagnachmittag begannen die Verhandlungen, die Ergebnisse will die Regierung heute Mittag vorstellen. Niedersachsens Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte wollen endlich genau so viel verdienen wie ihre Kollegen und Kolleginnen an den Gymnasien. Die Politik hat das seit Jahren versprochen, passiert ist wenig. Möglicherweise gelingt der rot-grünen Landesregierung bei der Haushaltsklausur der Durchbruch. So könnte die Entscheidung fallen, ob die Lehrergehälter 2024 auf einen Schlag oder schrittweise erhöht werden. Als wahrscheinlich gilt ein Gehaltsplus in mehreren Etappen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert Tempo: "Wir erwarten die vollständige Umsetzung im Haushalt 2024", sagt GEW-Landesgeschäftsführer Christian Hoffmann.
Plus beim Lehrkräfte-Gehalt: 160 Millionen Euro pro Jahr
Pro Lehrkraft und Monat bedeutet die Anhebung von Gehaltsstufe A12 auf A13 mehrere Hundert Euro. Auf die niedersächsische Landeskasse kämen damit Mehrausgaben von insgesamt rund 160 Millionen Euro pro Jahr zu. Die bessere Bezahlung von Lehrkräften ist ein Prestigeprojekt für die Landesregierung. Daneben stehen weitere große Aufgaben an: So sollen Gebäude energetisch saniert werden, außerdem brauchen die maroden Krankenhäuser im Land Geld. Auch die Kindertagesstätten, der Wohnungsbau und der Öffentliche Nahverkehr sind teuer.
Landesregierung dämpft Erwartungen
Die Landesregierung bemüht sich seit Tagen, die Erwartungen zu dämpfen - immer wieder verweisen SPD und Grüne auf knappe Kassen. "Es gibt nicht so viel zu verteilen", sagt zum Beispiel Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht von "anspruchsvollen Zeiten." Der Finanzminister, Gerald Heere von den Grünen, rechnet zwar im kommenden Jahr mit Steuer-Mehreinnahmen von rund 383 Millionen Euro. Allerdings verweist er im selben Atemzug auf steigende Kosten: "Die Haushaltslage ist insgesamt nach wie vor sehr angespannt", betont der Minister. Heeres Problem: Die Steuer-Mehreinnahmen werden von der Inflation aufgefressen. Personalkosten, Zinsen, Bauen - für alles muss das Land mehr ausgeben.
Wer gewinnt? Wer verliert?
Trotzdem will sich die Landesregierung auch was gönnen. Man werde "im Rahmen des Verfügbaren" an Schwerpunkten arbeiten, kündigt der Ministerpräsident an. Finanzminister Heere ruft seine Ministerkollegen zu Disziplin auf: "Die gesamte Landesregierung muss im laufenden Verfahren zur Haushaltsaufstellung klare Prioritäten setzen, um sich politische Spielräume zu erarbeiten." Prioritäten setzen, das heißt auch: Es wird Verlierer geben, nicht für alle Wünsche ist Geld da.
Beamtenbund wart vor Kürzungen
Alexander Zimbehl, Chef des Niedersächsischen Beamtenbundes, warnt vor Kürzungen oder Stellen-Einsparungen im Öffentlichen Dienst. "Das wäre das völlig falsche Signal", meint Zimbehl. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) klingt ähnlich: Die Landesregierung dürfe Niedersachsen nicht "kaputtsparen", sondern müsse weiter investieren. Mehrere Gewerkschaften wollen den Auftakt der Haushaltsklausur nutzen, um dem Kabinett ihre Forderungen zu übergeben.
CDU: "Keine Spielchen oder Experimente"
Auch die Opposition im Landtag beobachtet die Klausurtagung. CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner kritisiert, die Landesregierung gehe die großen Baustellen nicht entschlossen genug an. Lechner verweist zum Beispiel auf den Personalmangel in Schulen und Kitas, auf die Situation der Wirtschaft im Land und auf eine flächendeckende Gesundheitsversorgung - da erhoffe er sich Antworten. Gleichzeitig mahnt er: "Die Schuldenbremse muss eingehalten werden, daran muss sich die Landesregierung halten. Da darf es auch keine Spielchen oder Experimente geben, wie man sie an der einen oder anderen Stelle umgehen kann."
AfD fordert Abschiebeoffensive
Die AfD-Fraktion verlangt, dass die Landesregierung alte Kredite schneller zurückzahlt - also auch außerplanmäßig tilgt. "Grade vor dem Hintergrund steigender Zinsen sind weniger Schulden eine echte Zukunftsinvestition", sagt Peer Lilienthal, Haushaltsexperte bei der AfD. Außerdem fordert er von der Landesregierung eine "Abschiebeoffensive". "Vollziehbar Ausreisepflichtige belasten den Haushalt unnötig. Dieses echte Einsparpotenzial muss die Landesregierung nutzen", so Lilienthal.