Niedersachsen hat drittschlechtesten ÖPNV in Deutschland
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Niedersachsen ist der drittschlechteste in ganz Deutschland. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung.
"Wir sind ein großes Flächenland, das heißt, wir haben weite Strecken zu überbrücken", sagte der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, dem NDR in Niedersachsen. Es müsse deutlich mehr in den Ausbau investiert und "endlich mehr Buslinien geschaffen" werden. Dafür seien große Investitionen notwendig, so Trips. Daher handele es sich um ein langfristiges Projekt.
Schlusslicht ist der Landkreis Cuxhaven
Aus der am Montag vorgestellten Analyse geht hervor, dass das ÖPNV-Angebot innerhalb Niedersachsens im Landkreis Cuxhaven am schlechtesten ist. Nur 37 Prozent der Menschen werden dort von einem sogenannten ÖPNV-Basisangebot erreicht. Heißt: In einem Umkreis von 600 Metern um ihre Wohnung befindet sich eine Bushaltestelle oder die nächste Bahnhaltestelle ist maximal 1,2 Kilometer entfernt. Bus und Bahn sollten dann mindestens zehn Mal am Tag pro Richtung fahren.
"49-Euro-Ticket nützt nichts, wenn nachmittags keine Busse fahren"
Im Landkreis Cuxhaven bildet der Transport von Schülerinnen und Schülern die Basis beim Busverkehr. Das sei im ländlichen Raum oft der Fall, sagte Trips. Und es bedeutet, dass die Versorgung nachmittags - und erst recht in den Abendstunden - immer schlechter wird. "Wenn nachmittags keine Busse fahren, hilft auch das 49-Euro-Ticket nichts", so Trips.
Fast 100 Prozent Versorgung in den großen Städten
Auch in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg, Cloppenburg, Vechta und Leer ist die Lage nicht viel besser. Dicht besiedelte Landkreise seien dagegen "in der Regel besser an den öffentlichen Verkehr angebunden als dünn besiedelte", schreibt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR). Fast 100 Prozent der Bevölkerung bekommen ein ÖPNV-Basisangebot in den Städten Oldenburg, Osnabrück, Braunschweig und in der Region Hannover.
Schlechter sind nur Mecklenburg-Vorpommern und Bayern
Auch in Emden, Wolfsburg und Salzgitter ist das Angebot laut BBSR für fast alle Bewohner gut. Trotzdem steht Niedersachsen insgesamt im bundesweiten Vergleich nur an drittletzter Stelle. Noch schlechter schneiden Mecklenburg-Vorpommern und Bayern ab. Bundesweit wohnt jeder Zehnte nicht im Umkreis von 600 Metern zu einer Bushaltestelle oder innerhalb von 1,2 Kilometern zu einer Bahnhaltestelle, die mindestens 20-mal am Tag angefahren wird. Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des BBSR ist bei diesen Entfernungen ein komfortabler Zugang zum ÖPNV gegeben.
"Deutschland kommt beim Ausbau des ÖPNV nicht voran"
Mobilität mit Bus und Bahnen müsse alltagstauglich sein, auch in ländlichen Regionen, hieß es von den Autoren der Studie. Noch deutlicher wurde der Interessenverband Allianz pro Schiene. "Die neuen Daten zeigen: Deutschland kommt beim Ausbau des ÖPNV nicht voran", teilte Geschäftsführer Dirk Flege mit. "Im Vergleich zu den 2020er-Zahlen ist das Angebot sogar leicht schlechter geworden." Er forderte Bund und Länder zu einer "Angebotsoffensive mit deutlich mehr Bus und Bahn in ganz Deutschland" auf.
CDU: Infrastruktur endlich ausbauen
Ähnlich argumentiert die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. Marcel Scharrelmann, Mitglied im Verkehrsausschuss, sagte am Dienstag: "Es ist ja schön, dass die Ampel-Regierung sich dafür feiert, nach langem Hin und Her, das Deutschlandticket eingeführt zu haben, doch davon haben die Menschen im ländlichen Raum in Niedersachsen gar nichts." Scharrelmann nimmt die Landesregierung in die Pflicht. "Wenn Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) wirklich eine Verkehrswende will, muss endlich die Infrastruktur ausgebaut werden," erklärte der CDU-Politiker. Und weiter: "Es nützt nichts, wenn man mit Bus und Bahn vergünstigt fahren kann und für den Weg zur Haltestelle immer noch das Auto braucht."
Lies peilt "Mobilitätsgarantie" für 2040 an
Verkehrsminister Lies kündigte Besserung an - allerdings ist wohl Geduld gefragt: Der Minister sprach über eine "Mobilitätsgarantie" ab 2040. "Wir müssen den Einstieg finden, indem wir die Mobilitätsgarantie auf den Weg bringen. Das wird am Anfang nur in Bereichen möglich sein, in denen wir das testen", sagte Lies. "Aber das Ziel ist, mit einem Mobilitätskonzept 2040 eine Mobilitätsgarantie in ganz Niedersachsen zu haben. Das heißt ein verlässliches Angebot, das mir die Chance eröffnet, vielleicht auf den Individualverkehr zu verzichten, wenn ich das möchte - und mich trotzdem in die Lage versetzt, dort anzukommen, wo ich hinmöchte."