Kommentar: Mit einer funktionierenden Bahn gegen den Klimawandel
Der Beschluss der SPD-Landesgruppen zum Ausbau der Achse Hamburg-Hannover gefährdet die Attraktivität der Bahn und somit die Verkehrswende und Modernisierung Deutschlands.
Ein Kommentar von Thorsten Hapke, NDR Chefredakteur Video & Web_Social
Ist Deutschland bereit zu einer wirklichen Wende in der Verkehrspolitik? Sind wir wirklich bereit, der Schiene Vorrang zu geben vor der Straße? Der Beschluss der SPD-Landesgruppen lässt mich zweifeln. Denn er gefährdet ein ganz wichtiges Vorhaben, um die Bahn attraktiver zu machen, den sogenannten Deutschlandtakt.
Bahn hat ein starkes Argument für den Neubau der Trasse
Das Ziel ist, die großen Städte im Halbstunden-Takt miteinander zu verbinden, berechenbar und pünktlich soll der Fernverkehr werden. So, wie es viele andere Länder praktizieren, die gerne als Beispiel genannt werden, wenn gezeigt werden soll, wie rückschrittlich Deutschland ist. Die Bahn sagt: für den Deutschlandtakt muss die wichtige Achse Hamburg-Hannover leistungsfähiger werden. Eine Trasse entlang der Autobahn A7 soll gebaut werden. Das wäre der direkteste Weg zwischen beiden Städten. Dies ist ein starkes Argument, es sollte gehört werden.
Konkrete Machbarkeitsstudien liegen vor
Natürlich: der Streit um diese Verbindung ist uralt. Die ersten Pläne gab es vor 33 Jahren. Seitdem gibt es Anwohner-Proteste, seitdem kommt nichts voran. Die Blockade schien gelöst, als in einem Dialogforum ein Kompromiss geschlossen wurde: kein Neubau, sondern der Ausbau der bisherigen Strecke. Doch diese Vereinbarung ist acht Jahre alt. Passiert ist seitdem praktisch nichts. Außerdem: Als das Dialogforum tagte, gab es die Vision des Deutschlandtakts noch nicht. Jetzt haben wir konkrete Machbarkeitsstudien. Die fordern den Neubau und deshalb gibt es jetzt einen guten Grund, sich von der damaligen Vereinbarung politisch zu lösen.
Anwohnerinteressen gelten nicht absolut
Die Anwohnerinteressen, die die SPD-Parlamentarier anführen, sind dagegen ein schwaches Argument. Natürlich müssen sie berücksichtigt werden, aber nicht absolut. Am Ende muss man sagen: Belastungen gibt es bei jeder großen Infrastrukturplanung. Der politische Wunsch, regionale Konflikte zu vermeiden, darf aber nicht dazu führen, dass Deutschland erstarrt. Wer dem Klimawandel wirksam begegnen will, der braucht eine funktionierende Bahn. Eine Bahn, die eine echte Alternative ist zum innerdeutschen Flugverkehr und zu Autobahnen. Wer, wie die SPD-Regionalpolitiker, der Bahn aber Fesseln anlegt, der gefährdet die Verkehrswende und die Modernisierung Deutschlands.