Abschiebeflug nach Kabul: Straftäter aus dem Norden ausgeflogen
Deutschland hat erstmals seit der Machtübernahme der Taliban wieder Menschen nach Afghanistan ausgeflogen - auch aus dem Norden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Aktion als starkes Signal für die Durchsetzung des Rechtsstaats.
Natürlich werde nur abgeschoben, wenn man wisse, dass denjenigen dort nicht der Tod drohe, sagte Faeser am Freitagabend im ZDF-"heute journal". Die 28 Zurückgeführten hätten ihr Recht auf Asyl verwirkt, weil sie schwerste Straftaten begangen hätten oder islamistische Gefährder seien. Die Innenministerin wies auch Kritik am sogenannten Handgeld von 1.000 Euro für jeden Abgeschobenen zurück. Das sei ein übliches Verfahren, um abzusichern, dass Gerichte die Entscheidung nicht wegen Verelendungsgefahr aufheben könnten. Es sei aber kein Geld an die Taliban oder Drittstaaten geflossen.
Behrens: Rückführung "bedeutsam für die innere Sicherheit"
Die Vorbereitungen für die Abschiebungen waren bereits vor einigen Monaten gestartet, wie Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Freitag auf dem Nachrichtendienst X (ehemals Twitter) mitteilte. Bund und Länder hätten dafür eng zusammengearbeitet. "Die Rückführung von schweren Straftätern ist bedeutsam für die innere Sicherheit in Deutschland", so die Innenministerin. "Das gilt auch fürs Land Afghanistan."
Abschiebungen: Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern beteiligt
28 Männer wurden in der Nacht zu Freitag zum Flughafen Leipzig/Halle gebracht. Von dort wurden sie am Morgen nach Kabul geflogen. Darunter waren nach Angaben des Innenministeriums auch fünf Menschen, die aus Niedersachsen abgeschoben wurden. Die Männer im Alter zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig hätten schwere Straftaten begangen, teilte Behrens mit. Ein weiterer der Abgeschobenen lebte in Mecklenburg-Vorpommern. Der Mann war nach Angaben des Innenministeriums wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und anderer Delikte rechtskräftig verurteilt worden und ausreisepflichtig. Auch die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen waren an den Abschiebungen beteiligt. Es war der erste Abschiebeflug nach Afghanistan seit der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban vor drei Jahren.
Niedersachsens Innenministerin befürwortete Abschiebungen
Behrens hatte sich schon im Juli dieses Jahres für eine Abschiebung von Straftätern nach Syrien und Afghanistan ausgesprochen - trotz Bürgerkriegs und der Gewaltherrschaft. "Wer eine Bedrohung für unsere Sicherheit darstellt, hat hier nichts verloren", sagte die niedersächsische Innenministerin. Niedersachsens Flüchtlingsrat hatte das kritisiert: Niemand dürfe in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter oder Todesstrafe drohen, so Geschäftsführer Kai Weber. Er sieht im Handeln der Bundesregierung einen Bruch des Völkerrechts. Seit der Messerattacke von Solingen wird das Thema Abschiebungen wieder intensiv diskutiert. Die Bundesregierung berät derzeit über ein Sicherheitspaket - die Reaktion aus Niedersachsen dazu fallen unterschiedlich aus.