Fast jede zweite Abschiebung in Niedersachsen abgebrochen
In Niedersachsen ist in diesem Jahr bislang fast jede zweite von 1.900 Abschiebungen abgebrochen oder storniert worden. Das teilte das Innenministerium am Mittwoch mit. Rund 20.000 Personen gelten als ausreisepflichtig.
Bei den meisten dieser Menschen gebe es zum Beispiel rechtliche Hürden, um sie wirklich abzuschieben, sagte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Mittwoch dem NDR. "Wir haben 35 Prozent, die kein Asyl bekommen und wir haben große Probleme, die zurückzuführen." Gründe dafür sind laut Behrens unter anderem, dass die Herkunftsländer die Menschen wegen fehlender Reisedokumente nicht zurücknehmen wollen. Aber auch medizinische Gründe seien häufiger ein Problem. Zudem könnte das Zusammenspiel zwischen den Ländern besser funktionieren, so die Innenministerin.
Behrens: "Wir haben keinen Kontrollverlust"
Es gebe viele praktische Mittel und Möglichkeiten, Lösungen für die Problematik bei Abschiebungen zu finden, so Behrens - die rechtlichen Grundlagen dafür seien in Deutschland vorhanden. So habe es in den vergangenen zwei Jahren viele Veränderungen im Asylrecht gegeben und das Thema Grenzkontrollen sei verstärkt worden. Das Rückführungsverbesserungsgesetz ermögliche es unter anderem, die Identität von Asylsuchenden besser klären zu können oder einen Ausreisegewahrsam anzuordnen. "Wir haben keinen Kontrollverlust in Deutschland und auch nicht in Niedersachsen", sagte Behrens. Im vergangenen Jahr seien um diese Zeit mehr als 16.000 Asylsuchende in Niedersachsen aufgenommen worden, teilte die Innenministerin mit. In diesem Jahr seien es bislang 11.000.
Keine Vermengung von Terror, Asyl und Messerkriminalität
Die nach dem Anschlag von Solingen angestoßene Asyldebatte hält Behrens für falsch. Die SPD-Politikerin sagte am Mittwoch im Niedersächsischen Landtag, dass die Debatte nach der Tat in Solingen weder dramatisiert noch beschönigt werden dürfe. Sie warnte allerdings davor, Terror, Asyl, Migration, Messerkriminalität und Islamismus zu vermengen - was aktuell der Fall sei. Es sei wichtiger, diejenigen zurückzuführen, die nicht hier sein dürften.
Grüne: Aufnahmestopp verstößt gegen Grundsätze des Asylrechts
Für den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Detlev Schulz-Hendel ist ein genereller Aufnahmestopp für Flüchtlinge ein Verstoß gegen die Grundsätze des Asylrechts. Dies gelte auch für Geflüchte ausAfghanistan und Syrien, für die CDU-Chef Friedrich Merz einen Aufnahmestopp fordert. "Ganzen Gruppen von Menschen das Recht auf Asyl zu verwehren, ist rechtlich nicht zulässig", so Schulz-Hendel.
AfD: "Wir müssen die Grenzen für Flüchtlinge dicht machen"
Die niedersächsische CDU-Fraktion forderte am Mittwoch im Landtag, ausreisepflichtige Menschen im Zweifelsfall festzunehmen. So sollten Menschen, die sich Abschiebungen widersetzen würden, in Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft genommen werden, sagte Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner (CDU). Dafür brauche es ausreichend Haftplätze, zudem dürften Straftäter und Identitätsverweigerer gar nicht erst auf die Kommunen verteilt werden, so Lechner. Die AfD im Landtag forderte, ausreisepflichtige Flüchtlinge "außer Landes zu schaffen". AfD-Fraktionsvorsitzender Klaus Wichmann plädierte zudem für einen generellen Aufnahmestopp: "Wir müssen die Grenzen für Flüchtlinge dichtmachen", sagte er.