VIDEO: Windkraft-Ausbau im Norden kommt zu langsam voran (1 Min)

Windkraft 2024: Stockender Ausbau, aber Rekord bei Genehmigungen

Stand: 15.01.2025 11:00 Uhr

2024 ist erneut weniger Windkraft ans Netz gegangen als von der Bundesregierung angestrebt. Die Genehmigungen haben sich aber fast verdoppelt, so dass der Rückstand in den kommenden Jahren aufgeholt werden könnte.

von Lalon Sander

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland Windräder mit einer Gesamtleistung von 2,5 Gigawatt an den Start gegangen, heißt es in einer Auswertung des Bundesverbandes Windenergie und des Maschinenbauverbandes VDMA. Das ist weniger als ein Drittel des gesetzlichen Zieles von etwa 7,6 Gigawatt, das die Bundesregierung formuliert hatte. Es bestehe noch ein erheblicher Nachholbedarf, um die Lücke zwischen Zubau und Zielen zu schließen, sagte VDMA-Geschäftsführer Dennis Rendschmidt. Nun müssten Hürden beim Ausbau reduziert werden.

Die meisten neuen Windräder wurden in Nordrhein-Westfalen gebaut, mit einer Gesamtleistung von mehr als 0,6 Gigawatt. Danach folgen Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die mehr als ein Drittel des deutschlandweiten Zubaus ausmachen:

  • In Schleswig-Holstein gingen 0,5 Gigawatt neue Windkraft-Leistung an den Start
  • Danach folgt Niedersachsen mit 0,4 Gigawatt
  • In Mecklenburg-Vorpommern, Platz 9, gingen weniger als 0,1 Gigawatt ans Netz
  • In den Stadtstaaten, darunter auch Hamburg, wurden keine neuen Windräder in Betrieb genommen

Hoffnung macht der Branche dagegen ein Rekord bei den Genehmigungen für neue Windkraft-Projekte. Im Jahr 2024 wurden Windräder mit einer Gesamtleistung von 14,1 Gigawatt neu genehmigt – fast eine Verdoppelung im Vergleich zu den 7,6 Gigawatt, die 2023 genehmigt wurden und anderthalb Mal so viel wie im bisherigen Rekordjahr 2016.

„Die Rekorde bei Zuschlägen und Neugenehmigungen verdeutlichen die starke Wirksamkeit der Reformen der vergangenen Jahre", sagte BWE-Chefin Bärbel Heidebroek. "Die Zubauziele des EEG rücken mit den Rekordergebnissen 2024 in greifbare Nähe." Schon 2025 könnte sich der Zubau auf etwa 5 Gigawatt verdoppeln. Das ist zwar immer noch deutlich weniger als das Regierungsziel von 9,2 Gigawatt, bis 2030 könnte der Rückstand so aber wieder eingeholt werden.

VDMA-Geschäftsführer Dennis Rendschmidt forderte von der neuen Bundesregierung, die Dynamik bei der Windkraft aufrechtzuerhalten. "Der Windenergieausbau muss ungebremst weitergehen," so Rendschmidt. "Denn er sichert unsere Energieversorgung, reduziert die Kosten für Strom und schafft Arbeitsplätze." Er kritisierte Statements von Politikern und Politikerinnen, die sich in den vergangenen Tagen und Wochen gegen die Windkraft ausgesprochen hatten: "Das ist eine energiepolitische Sackgasse."

Die scheidende Bundesregierung hat im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und im Windenergie-auf-See-Gesetz für die kommenden Jahre feste Ausbauziele formuliert:

  • Bis 2030 soll sich die Leistung von Windkraftanlagen auf 145 Gigawatt mehr als verdoppeln.
  • Bis 2045 soll die Windkraft dann 230 Gigawatt erreichen.
  • Bei der Solarenergie sollen es 2030 sogar schon 215 Gigawatt sein.
  • Bis 2045 soll die Leistung der Solaranlagen insgesamt 400 Gigawatt betragen.

Die Grafik zeigt die Ausbauziele als schwarz gestrichelte Linien. Wenn die eingefärbte Fläche über dieser Linie liegt, ist ein Ziel übertroffen. Wenn sie darunter liegt, wurde das Ziel nicht erreicht.

Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei Windenergie Spitze

Dabei läuft die Energiewende deutschlandweit nicht gleichmäßig ab. Bei der Windkraft steht Niedersachsen an der Spitze, was die Gesamtleistung der Windräder angeht - aber das Bundesland ist auch vergleichsweise groß. Wenn man die Leistung pro Quadratkilometer betrachtet, ist dagegen Schleswig-Holstein deutschlandweit führend. Insgesamt finden sich fast 40 Prozent der Windkraft-Leistung Deutschlands in den norddeutschen Bundesländern - obwohl sie weniger als 20 Prozent der Fläche ausmachen.

Daher ist es nicht überraschend, dass eine norddeutsche Stadt und eine Region im Norden bei Windkraft führend sind: Emden in Niedersachsen und Nordfriesland in Schleswig Holstein. Nordfriesland ist der deutsche Kreis mit den meisten Megawatt Windrad-Leistung, aber Emden bringt es auf dem kleinen Stadtgebiet auf fast die zehnfache Leistung pro Quadratmeter bezogen auf den deutschen Durchschnitt.

Mecklenburg-Vorpommern liegt bei Windkraft im Mittelfeld

Mecklenburg-Vorpommern liegt nach beiden Zählweisen im Mittelfeld. Dort wurden 2022 und 2023 nur wenige Windräder aufgestellt. Die Zahl der Genehmigungen ist in den Jahren 2023 und 2024 immerhin schon deutlich angestiegen, so dass dort in diesem und im kommenden Jahr vermutlich sehr viel mehr neue Windkraftanlagen ans Netz gehen werden.

Die gute Position Norddeutschlands beim Windenergie-Ausbau, liegt unter anderem daran, dass im Norden mehr Wind weht. Aber auch die politischen Rahmenbedingungen sind wichtig. In Bayern müssen Windräder beispielsweise mit besonders viel Abstand von Siedlungen gebaut werden, so dass es dort weniger Flächen gibt, auf denen Windräder überhaupt errichtet werden könnten.

Wenige Solaranlagen im Norden – aber viele Balkonkraftwerke

Bei Solaranlagen ist die Situation dagegen umgekehrt: In Süddeutschland, wo mehr Sonne scheint, wird auch mehr Solarenergie produziert. Sowohl bei der Gesamtleistung als auch bei der Leistung pro Quadratkilometer dominieren hier Bayern und Baden-Württemberg. Niedersachsen ist zwar auf Platz vier, wenn man die installierte Gesamtleistung betrachtet. Doch setzt man die Zahl in Relation zur Größe des Bundeslandes, rutscht es auf den letzten Platz.

Allerdings ist die Lage bei der Solarenergie ausgeglichener als bei der Windkraft. Während es deutschlandweit mehr als 50 Landkreise gibt, die kein einziges Windrad aufgestellt haben, verfügen alle deutschen Landkreise über größere Solaranlagen.

Ausbau der Batteriespeicher im Plan

Entscheidend für den Erfolg der Energiewende ist auch der Ausbau von Batteriespeichern. Weil Wind- und Sonnenenergie stark wetterabhängig sind, benötigen sie solche Speicher, um eine durchgängige Versorgung sicherzustellen. Wenn zu viel Strom erzeugt wird, kann dieser eingespeichert und dann wieder abgegeben werden, wenn zu wenig Wind weht oder die Sonne nicht scheint.

In den kommenden Jahren werden deutlich mehr Batteriespeicher gebraucht. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme schätzt den Bedarf an Speicherkapazität für 2030 auf 104 Gigawattstunden – Ende 2023 gab es deutschlandweit Speicher mit etwa 12 Gigawattstunden.

Auch wenn die Speicherkapazität noch weit vom 100-Gigawattstunden-Ziel entfernt ist, ist sie in den vergangenen Jahren stark gewachsen: Ende 2020 gab es erst 2,3 Gigawattstunden. Derzeit sind weitere große Speicher im Bau – in Bollingstedt, Schleswig-Holstein, entsteht beispielsweise einer der größten mit 239 Megawattstunden Speicherkapazität.

 

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