Pädokriminellen-Netzwerk zerschlagen: Razzien in Niedersachsen

Stand: 03.04.2025 12:12 Uhr

In 38 Staaten haben Ermittler im März eine großangelegte Operation gegen Pädokriminelle durchgeführt. Auch in Niedersachsen haben Fahnder mehrere Objekte durchsucht. Ein Mann aus Hannover kam in Haft.

Über die Aktion mit dem Namen "Operation Stream" hat das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen am Mittwoch in einer schriftlichen Mitteilung informiert. Im Fokus der Ermittlungen stand eins der weltweit größten Pädokriminellen-Netzwerke. Auf "KidFlix" wurden laut LKA vor allem Videos verbreitet, die teilweise den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. Die Plattform ist unter Leitung des Bayerischen LKA mittlerweile aus dem Netz genommen. Die weltweite Koordination der Ermittelungen hatte Europol übernommen.

Niedersachsen: Durchsuchungen am 10. März

Acht Beschuldigte, die einen Bezug zu der Plattform aufgewiesen haben sollen, kommen aus Niedersachsen. Drei von ihnen sind dem Bereich der Polizeiinspektion Hannover zuzuordnen, und jeweils einer dem Bereich der Polizeiinspektion Diepholz, Delmenhorst, Oldenburg, Gifhorn und Osnabrück. Die Durchsuchungen in Niedersachsen wurden am 10. März durchgeführt. Das Ergebnis: Eine Festnahme und 201 sichergestellte Asservate.

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Daniela Behrens spricht in die Kamera. © Screenshot
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Niedersachsens LKA-Präsident: "Entsetzliche Videos und Bilder"

"Der Verbreitung all dieser entsetzlichen Videos und Bilder liegt der reale Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zugrunde", sagte der niedersächsische LKA-Präsident Friedo de Vries. Es sei ein Spagat, immer wieder über diese Fälle und "die unerträglichen Praktiken der Täter" zu berichten. Er halte es jedoch für wichtig, der Gesellschaft auch diese Seite des Internets zu zeigen. Verdeutlicht werden solle auch, dass die Ermittler dringend die Speicherung von IP-Adressen benötigen. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens lobte den Einsatz der Polizei Niedersachsen und die internationale Kooperation.

"KidFlix": Fast zwei Millionen Nutzer

Die Ermittlungen dauern weiterhin an, da die Betreiber der Plattform bislang nicht identifiziert werden konnten. Bereits seit Anfang 2022 beschäftigen sich bayerische Ermittler mit der Darknet-Plattform. Die Funktionsweise: Nach Registrierung und Bezahlung eines Zugangs mit Kryptowährungen standen den Nutzern mehr als 91.000 Videos zur Verfügung. Insgesamt waren rund 2 Millionen Menschen im Zeitraum von April 2022 bis jetzt zumindest zeitweise angemeldet.

Schwierige Begriffe: Kinderpornografie und Missbrauch

  • Kinderpornografie ist die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren. Der Herstellung solcher Darstellungen liegt ein realer, oft schwerer sexueller Missbrauch zugrunde. Delikte in diesem Straftatbestand werden mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (Quelle: BKA)
  • Die Aufarbeitungskommission, die sexuellen Kindesmissbrauch in Deutschland unabhängig aufarbeitet, kritisiert die Bezeichnung: Kinderpornografie sei ein verharmlosender und ungenauer Begriff für Missbrauchsdarstellungen von Kindern auf Fotos, in Filmen und Texten. Der Begriff vermag darüber hinwegtäuschen, dass jede derartige Darstellung eine schwere Straftat ist, so die Kommission.
  • Der Verein "Wendepunkt" betont, dass bei der Herstellung von Pornografie die Teilnahme in der Regel freiwillig sei. Dafür könne bei Videos oder Fotos, auf denen sexuelle Handlungen mit Kindern gezeigt würden, nicht die Rede sein. Auch der Begriff "Missbrauch" sei nicht angebracht - er schließe ein, dass es im Umkehrschluss so etwas wie einen zulässigen Gebrauch von Kindern geben könne. Stattdessen solle der Begriff "sexuelle Gewalt" genutzt werden, weil sexuelle Handlungen mit Kindern nichts anderes seien.
  • Die Polizei hingegen verwendet den Begriff "Kinderpornografie" neben Formulierungen wie "Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern" oder "Darstellung von sexueller Gewalt", da der Begriff im Strafgesetzbuch als Tatbestand verankert ist. (Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes)

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 02.04.2025 | 21:45 Uhr

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Cyberkriminalität

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