In der Immobilie soll eine Flüchtlingsunterkunft in Ziesendorf entstehen © NDR
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AUDIO: Ziesendorf: Stopp mit Ansage für geplante Unterkunft (1 Min)

Ziesendorf: Stopp mit Ansage für Flüchtlingsunterkunft

Stand: 20.02.2025 13:04 Uhr

Aus dem Umbau einer Gewerbeimmobilie bei Schwaan (Landkreis Rostock) zur Unterkunft für Geflüchtete wird nichts. Die Kreistagsmehrheit dagegen kam unter anderem mit Stimmen von AfD/Bündnis Deutschland zusammen.

von Juliane Mau

Es ist ein Stopp mit Ansage: Seit neun Monaten plant der Landkreis Rostock die Einrichtung einer neuen Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Ziesendorf bei Schwaan. Schnell hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet. Die Stoßrichtung der Kritik: die Zahl der Unterzubringenden von 125 im Verhältnis zu den rund 600 Einwohnern. Die Initiative fand Gehör, die Verwaltung willigte ein, die Zahl zunächst stufenweise zu erhöhen. Zum 1. Januar sollten erst 75 Asylsuchende einziehen, im kommenden Jahr 100 und im dritten und letzten Jahr der Nutzung 125.

Nach neun Monaten Planung kein Mietvertrag

Weitere Kritik gab es an der Eignung der Gewerbeimmobilie, den hohen Kosten für den notwendigen Umbau und der Miete in Millionenhöhe sowie an der fehlenden Infrastruktur vor Ort. So fehlt unter anderem ein Fußweg von der Immobilie zur Bushaltestelle. Und auch bei der Anmietung geht es nicht voran. Bis heute liegt der Verwaltung nach eigenen Angaben kein Antrag für den erforderlichen Umbau vor. Verträge seien noch nicht unterzeichnet.

Verwaltung nimmt Rückgang der Flüchtlingsbewegungen zur Kenntnis

In Vorbereitung auf den Kreistag hatte sich der Kreisausschuss mit der geplanten Unterkunft beschäftigt. Dabei sagte Anja Kerl, die Sozialdezernentin des Landkreises, die Verwaltung nehme den Rückgang der Flüchtlingsbewegungen in Europa zur Kenntnis. Dies ändere aber mittelfristig nichts am Bedarf an neuen Plätzen zur Unterbringung. Derzeit gebe es 14 Unterkünfte mit 2.200 Plätzen im Landkreis. Dort komme der Kreis gerade erst in eine "normale" Unterbringungssituation. Eine Sporthalle in Bad Doberan, die lange als Notunterkunft diente, könne inzwischen wieder für den Schulsport genutzt werden. Zudem liefen mehrere Mietverträge aus. Deshalb brauche es neue Gemeinschaftsunterkünfte.

Bürgermeisterliste: Kein Engpass zu erwarten

Doberans parteiloser Bürgermeister Jochen Arenz von der Fraktion Bürgermeisterliste schlug in der anschließenden Debatte vor: "Es ist doch vernünftig, dass man erst mal schaut, wie sich jetzt die Situation in Syrien entwickelt." Und weiter: "Auch in der Ukraine finden Verhandlungen statt, von denen wir noch nicht wissen, wie sie ausgehen." Seiner Ansicht nach entsteht kein Engpass bei der Unterbringung im Landkreis, wenn man die Planungen für Ziesendorf zunächst bis zum Sommer aussetzt. Dieser Auffassung schlossen sich die CDU und AfD/Bündnis-Deutschland-Fraktion an. Beide brachten schließlich entsprechende Anträge in den Kreistag ein.

Bundestagswahl wirft ihre Schatten voraus

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Axel Wiechmann argumentierte in seiner Begründung zum Antrag: Natürlich müsse man sich die Auslastung der vorhandenen Unterkünfte im Landkreis Rostock anschauen. Diese liege derzeit bei 70 Prozent. 600 Plätze seien nicht belegt. "Und wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass bald Bundestagswahl ist und alle Parteien Änderungen bei der Asylpolitik versprochen haben." Er gehe davon aus, dass die Kapazitäten, wie sie derzeit vorgehalten werden, nicht gebraucht werden und es sei klar, dass weitere auch nicht über den Bedarf hinaus geschaffen werden dürfen.

Planungen für die Unterkunft vorerst auf Eis

Die Fraktion AfD/BD schloss sich dieser Begründung an und zog ihren eigenen Antrag daraufhin kurz vor der Abstimmung zurück. Zusammen mit Stimmen von AfD/BD, CDU, Bürgermeisterliste, FDP und weiterer fraktionsloser Abgeordneter votierte eine Mehrheit des Kreistages dafür, weitere Planungen für die Unterkunft vorerst auf Eis zu legen. Die Verwaltung wurde beauftragt, alternative Unterbringungsmöglichkeiten zu prüfen. Der Landrat wurde zugleich aufgefordert, sich bei der Landesregierung für eine grundlegende Veränderung in der Migrationspolitik einzusetzen. Unter anderem solle das Land mehr Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen.

Verwaltung fürchtet Forderung nach Schadensersatz

Wie lange die Pläne für die Unterkunft in Ziesendorf nun ruhen sollen, ist mit dem Antrag nicht festgelegt worden. Die Verwaltung hatte bereits in einer Stellungnahme zum Antrag angekündigt, dem Beschluss des Kreistages zu widersprechen, weil die Verantwortung für die Unterbringung Geflüchteter beim Landrat liege. Es gehöre zu den ihm von der Landesregierung übertragenen Aufgaben. Der Kreistag habe dabei keine Entscheidungskompetenz. Zudem seien dem Eigentümer der Immobilie bereits Kosten entstanden, für die der Landkreis im Falle eines Rückzugs schadenersatzpflichtig wird.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Regionalnachrichten aus Rostock | 20.02.2025 | 14:00 Uhr

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