Zensus: Verluste vor allem in Tourismusregionen Rügen und Usedom
Von den finanziellen Folgen der aktuellen Zensus-Daten werden vor allem Gemeinden auf Rügen und Usedom betroffen sein. Dort sind die Einwohnerzahlen deutlich niedriger als angenommen.
In Mecklenburg-Vorpommern lebten laut der aktuellen Zensus-Erhebung zum Stichtag 15. Mai 2022 rund 1,57 Millionen Menschen - gut 56.000 Menschen weniger als in der Statistik bisher errechnet. Vor allem die bei Urlaubern beliebten Inseln Rügen und Usedom wären in der Folge von finanziellen Einbußen betroffen.
Heringsdorf: Laut Zensus rund 2.400 Einwohner weniger
Die Gemeinde Heringsdorf auf Usedom ging bisher davon aus, dass dort mehr als 8.000 Menschen leben. Laut aktuellem Zensus sind es jedoch 2.400 Menschen weniger - mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Bürgermeisterin Laura Isabelle Marisken (parteilos) kann das nicht nachvollziehen und beruft sich auf das digitale Melderegister: "Seit 2004, seit die Gemeinde so existiert, hatten wir immer mehr als 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner." Auch beim Wohnungsleerstand gehen die Daten auseinander: Marisken rechnet mit einem Leerstand von unter einem Prozent – laut Zensus sind es in Heringsdorf acht Prozent.
Amtsleiter hält Zensus für fehlerhaft
Auch in anderen Orten der Insel weichen die Zahlen erheblich ab: In Karlshagen leben laut Zensus 380 Menschen weniger, in Zinnowitz 430 - auch der Amtsleiter Wolfgang Gehrke versteht das nicht: "Wir hatten nun gerade eine Wahl und dabei mehr Wahlberechtigte als der Zensus Einwohner gezählt hat. Das kann nur ein Fehler sein."
Weniger Einwohner bedeuten weniger Geld
Die Einwohnerzahlen sind in ganz MV geringer als erwartet – das hat Auswirkungen auf die Finanzen. Laut Finanzministerium soll es künftig rund 180 Millionen Euro jährlich weniger vom Bund geben, 175 Millionen würden schon rückwirkend für die vergangenen zwei Jahre fehlen. Ein Euro weniger für das Land bedeutet dabei laut Quote 31 Cent weniger für die Kommunen. Was auf sie genau zukommt, sei noch unklar. Derzeit werde geprüft, wie groß die Verluste tatsächlich sind, heißt es aus dem Innenministerium.
Innenminister sieht Meldewesen als mögliche Ursache
Warum die Einwohnerzahlen gerade in den Ostseebädern so auseinanderdriften - darüber wird nun spekuliert. Eine mögliche Ursache reicht laut Innenminister Christian Pegel (SPD) bis in die Corona-Zeit zurück, als es viele Menschen in ihre Wohnungen an der Küste zog: "Es gibt die Mutmaßungen, dass jetzt, wo der Lockdown vorbei ist, Menschen sich wieder stärker an den alten Wohnsitz zurückbegeben haben, aber nicht ordentlich abgemeldet haben und diese fehlenden Abmeldungen sind in den touristischen Orten vermutlich die häufige Ursache für diese Ausschläge", so Pegel.
Gemeinden widersprechen
Laut Innenminister werde es finanziell unter den Kommunen Gewinner und Verlierer geben. Er gehe jedoch davon aus, dass die touristischen Orte durch vermehrte Steuereinnahmen besser wirtschaften könnten als Gemeinden im Landesinneren. Die Gemeinden der Insel Usedom sind da anderer Meinung und sehen ihre Haushaltslage bedroht. "Wir haben hier so viel Sanierungsstau an Straßen und Straßenbeleuchtung", erklärt Marisken. "Dann zu sagen, dass wir mit Verlusten besser zurechtkommen, ist völlig an der Realität vorbei." Auch Amtsleiter Wolfgang Gehrke sieht das so. Er hält die Melderegister für zuverlässig und kündigte an, gegen die Zensusdaten Widerspruch einzulegen.