Zensus 2022: Fragen und Antworten
Wie viele Menschen leben in Deutschland und wie wohnen und arbeiten sie? Daten zu diesen und vielen weiteren Fragen zu den Themen Demografie und Wohngebäude werden alle zehn Jahre mit dem Zensus erhoben, einem der größten amtlichen Statistikprojekte in Deutschland. Die Ende Juni 2024 veröffentlichten Daten bilden den Stand vom 15. Mai 2022 ab.
Was ist der Zensus?
Der gesetzlich angeordnete Zensus ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und arbeiten. Stichtag der jetzt veröffentlichten Zahlen war der 15. Mai 2022. Für die umfangreiche Statistik wurden nicht wie bei einer klassischen Volkszählung alle Bürgerinnen und Bürger befragt, sondern das Statistische Bundesamt hat zunächst auf bereits vorhandene Daten aus den Verwaltungsregistern zugegriffen, zum Beispiel auf die Melderegister der Kommunen. Zusätzlich mussten bei der Haushaltebefragung etwa zwölf Prozent der Bevölkerung Angaben machen, um falsche Meldedaten zu korrigieren und um weitere Aspekte zu erheben, zum Beispiel Bildungsstand oder Berufstätigkeit. Die Ergebnisse dieser zufällig gezogenen Stichprobe von etwa 10,3 Millionen Menschen wurden auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Zu den Wohngebäuden mussten hingegen alle Immobilienbesitzer Angaben machen - erstmals auch zur Nettokaltmiete und zu den Gründen für den Leerstand von Wohnraum. Im Laufe des Sommers wird das Statistische Bundesamt weitere Daten aus dem Zensus 2022 veröffentlichen. Nach 2011 ist der Zensus 2022 erst der zweite seit der Wiedervereinigung Deutschlands.
Warum gibt es den Zensus?
Der Zensus ermittelt Daten, die als Grundlage für politische Planungen und Entscheidungen in Deutschland dienen sollen. Die Daten - zum Beispiel zur Alterung der Bevölkerung, zum Energieträger der Heizungen und zum Leerstand von Wohnungen - können der Politik Hinweise geben, in welchen Bereichen der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger mehr investieren sollte - zum Beispiel bei Fragen wie: Gibt es ausreichend Wohnraum, Schulen oder Studienplätze? Der Zensus bildet keine individuellen Lebensverhältnisse oder Einstellungen einzelner Personen in der Bevölkerung ab. Ziel ist vielmehr, auf Basis der allgemeinen Daten Entwicklungen festzustellen und bedarfsgerecht planen zu können.
Welche Daten werden beim Zensus erhoben?
Die Zensus-Erhebungen liefern:
- aktuelle Bevölkerungszahlen,
- demografische Daten wie Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Geburtsland der Einwohnerinnen und Einwohner,
- Daten zum Bildungsstand und zur Erwerbstätigkeit der Bevölkerung,
- Daten zur Wohnsituation wie durchschnittliche Wohnungsgröße, Anzahl der Personen im Haushalt und Höhe der Nettokaltmiete,
- Heizungsart und hauptsächlicher Energieträger der Heizung,
- Wohnungsleerstand und die Gründe dafür.
Warum werden manche Daten geheim gehalten?
Die Zensusdaten werden vom Statistischen Bundesamt sehr detailliert veröffentlicht - teilweise bis auf ein Raster von 100 mal 100 Metern. Um in diesen Gitterzellen oder auch in sehr kleinen Gemeinden dennoch den Rückschluss auf einzelne Menschen zu verhindern, werden bei kleinen Zahlen die Daten leicht verfälscht. Durch dieses Geheimhaltungsverfahren kann es vorkommen, dass Summen scheinbar falsch sind – zum Beispiel, dass in einer Gemeinde mit zehn Einwohnern sechs Frauen und fünf Männer leben. Die amtlichen Bevölkerungszahlen werden jedoch nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für alle administrativen Gebietseinheiten mit dem unveränderten Originalwert ausgewiesen.
Was ist die Bevölkerungsfortschreibung?
In den Jahren zwischen den Zensus-Erhebungen werden die Bevölkerungszahlen monatlich fortgeschrieben. Dafür greifen die Statistischen Landesämter auf Statistiken der kommunalen Einwohnermelde- und Standesämter zurück, zum Beispiel zu Geburten, Sterbefällen, Wanderungsbewegungen, Eheschließungen und Scheidungen. Außerdem werden Gebietsänderungen berücksichtigt, etwa ein Zusammenschluss zweier Gemeinden.
Ziel dieser Berechnung ist es, sich der aktuellen Einwohnerzahl möglichst genau anzunähern. Der Zensus liefert alle zehn Jahre eine Inventur dieser Daten, damit Fehler nicht immer weiter fortgeschrieben werden – zum Beispiel, wenn Einwohner sich nicht abmelden, wenn sie wegziehen. Durch solche Karteileichen aber auch durch nicht angemeldete Einwohner kann es zu Abweichungen kommen zwischen der neu erhobenen Zensuszahl und der durch Fortschreibung erwarteten Einwohnerzahl: So zählte der Zensus 2022 in Deutschland 1,6 Prozent Einwohner weniger als angenommen.
Bevölkerungszahlen, die sich auf die Zeit nach dem Zensus-Stichtag (15. Mai 2022) beziehen, sind derzeit noch Fortschreibungen aus dem Zensus 2011. Die neue Datenbasis wird erst in den kommenden Monaten eingearbeitet.
Gibt es eine rechtliche Grundlage für den Zensus?
Für den Zensus 2022 bildet das am 3. Dezember 2019 in Kraft getretene Zensusgesetz die Rechtsgrundlage. Darin festgelegt sind die Erhebungsmerkmale für Haushaltebefragungen, Gebäude- und Wohnungszählungen sowie Erhebungen in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnheimen. Darüber hinaus regelt das Gesetz auch den Stichprobenumfang, die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern sowie Maßnahmen zur Gewährung des Datenschutzes.
Laut einer EU-Verordnung sind seit 2008 die Mitgliedsstaaten zur Erfassung von Bevölkerungsdaten verpflichtet. Damit die Ergebnisse EU-weit vergleichbar sind, werden die Daten nach einem festgelegten Merkmalskatalog erhoben.
Wie viele Menschen wurden direkt befragt?
Laut Statistischem Bundesamt umfasste die Stichprobe zur Befragung der Haushalte rund 10,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus gab es Befragungen in Wohnheimen (rund 350.000 Personen) sowie Erhebungen an Gemeinschaftsunterkünften (etwa 50.000 Einrichtungen).
Die Gebäude- und Wohnungszählung war eine Vollerhebung: 23 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer oder Immobilienverwaltungen wurden postalisch dazu aufgefordert, Angaben zu ihren Wohnungen oder Gebäuden mit Wohnraum zu machen.
Warum wurden auch Wohnungen und Gebäude gezählt?
Im Gegensatz zu den Melderegistern für Bürgerinnen und Bürger gibt es in Deutschland kein einheitliches Verwaltungsregister, in dem der Bestand an Wohnungen und Gebäuden erfasst wird. Daher war auch diese Erhebung Bestandteil des Zensus 2022 und liefert erstmals seit 2011 wieder flächendeckende Zahlen zum Wohnraum in Deutschland. Für wohnungspolitische Entscheidungen und Maßnahmen in der Raumplanung dienen diese Ergebnisse in der Zukunft als wichtige Grundlage. Auskunftspflichtig waren alle Eigentümerinnen und Eigentümer, Verwalterinnen und Verwalter sowie sonstige Verfügungs- und Nutzungsberechtigte von Gebäuden oder Wohnungen.
Wie oft wird der Zensus durchgeführt?
Der Zensus findet in großen Zeitabständen statt, derzeit alle zehn Jahre. Nach 2011 hätte ursprünglich 2021 ein Zensus durchgeführt werden sollen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Erhebungen jedoch auf 2022 (Stichtag 15. Mai) verschoben. Den nächsten Zensus gibt es regulär dann wieder im Jahr 2031. Geplant ist dann laut destatis ein ausschließlich registerbasierter Zensus ohne Befragungen.
Wie unterscheiden sich Zensus und Mikrozensus?
Im Gegensatz zum Zensus werden beim Mikrozensus jährlich - über das gesamte Kalenderjahr verteilt - kleinere Erhebungen durchgeführt. Auch der Mikrozensus wird europaweit durchgeführt. Erhoben werden dabei unter anderem auch Daten zur Arbeitsmarktbeteiligung, zum Einkommen, zu den Lebensbedingungen sowie zur Internetnutzung.