Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern
Die Gewerkschaft ver.di hat erneut zu Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr aufgerufen. Am Donnerstag sind bereits viele Busse und Bahnen im Westen des Landes in den Depots geblieben, das könnte auch heute in fast allen anderen Landesteilen der Fall sein.
Im laufenden Tarifkonflikt mit den kommunalen Arbeitgebern hat die Gewerkschaft ver.di erneut zu Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern aufgerufen. Sie sind am Donnerstag zu Beginn der Schicht gestartet und werden voraussichtlich heute zum Schichtende auslaufen. Betroffen von den Streiks sind auch heute wieder der Schulbusverkehr und die Rufbusse. Auch bereits gebuchte Rufbusse sind davon betroffen. Neue Rufbus-Bestellungen könnten zudem bis auf Weiteres nicht angenommen werden.
Schüler können sich wegen Streiks entschuldigen lassen
Aus dem Bildungsministerium in Schwerin heißt es, dass Schülerinnen und Schüler von ihren Erziehungsberechtigten möglichst schriftlich für die Streiktage abgemeldet werden müssen. Mädchen und Jungen, die schon volljährig sind, können das eigenständig tun. Die Schulen seien grundsätzlich geöffnet - der Unterricht finde statt. Für die Lehrer besteht Anwesenheitspflicht. Bis zur Jahrgangsstufe sechs bieten die Schulen demnach in jedem Fall Betreuung oder Unterricht an.
Busse und Straßenbahnen fallen aus
Ver.di hat in folgenden Verkehrsbetrieben zum Warnstreik aufgerufen:
- die Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim (VLP)
- der Nahverkehr Schwerin (NVS)
- der Nahbus im Landkreis Nordwestmecklenburg und Wismar
- Rostocker Straßenbahn (RSAG)
- Regionalbus Rostock (rebus)
- Mecklenburg-Vorpommersche Verkehrsgesellschaft (MVVG)
- Verkehrsbetrieb Greifswald (VBG)
- Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Greifswald (VVG)
- Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen (VVR)
Die Verkehrsgesellschaft Vorpommern Greifswald (VVG) teilte hingegen mit, dass man davon ausgehen würde, "dass bei den Mitarbeitern der VVG keine Streikbereitschaft besteht." Man gehe davon aus, dass alle Busse im Linien- und Schülerverkehr sowie im Rufbusverkehr "Ilse" am Freitag im Einsatz sind. In Greifswald fahren zudem die Regionalbusse der AVG.
Keine Warnstreiks in Neubrandenburg und im Raum Anklam
Keinen Warnstreik wird es hingegen im Nahverkehr der Stadt Neubrandenburg geben, der einen eigenen Tarifvertrag hat. Ebenso könne die Beförderung durch die Anklamer Verkehrsgesellschaft AVG ohne Einschränkungen weitergehen, hieß es am Dienstag von dem Unternehmen. Laut der Mecklenburg-Vorpommerschen Verkehrsgesellschaft sollen die Bereiche Neustrelitz, Feldberg und Mirow ebenfalls von Ausfällen ausgenommen sein.
"Stille Streiks" vor den Betriebstoren
Wie die Gewerkschaft mitteilte, werden die Warnstreiks als "stille Streiks" vor den Betrieben durchgeführt, auf Kundgebungen will ver.di verzichten. Grund dafür sei die Trauer über die Opfer des Anschlags am vergangenen Donnerstag in München. Dabei waren zwei Menschen bei einer ver.di-Demonstration getötet worden, viele weitere wurden verletzt.
Nächste Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag
Zuletzt hatte ver.di in der vergangenen Woche in Mecklenburg-Vorpommern zu Warnstreiks aufgerufen. Die bisherigen Verhandlungsrunden über einen neuen Tarifvertrag verliefen ergebnislos. Wie die Gewerkschaft mitteilte, wollen sich die Arbeitgeber und die Gewerkschaft am Dienstag kommender Woche erneut zusammensetzen.
Mobilitätsforscher für Strukturreform im ÖPNV
Grundsätzlich sind die Forderungen der Gewerkschaft aus Sicht des Mobilitätsforschers Professor Andreas Knie vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung gerechtfertigt. "Wenn wir vergleichen, was geleistet wird, welche Verantwortung dort übernommen wird, verdienen Busfahrende, Zugfahrende und Zugbegleitende immer noch zu wenig Geld." Außerdem gehöre das Streikrecht zu den Grundsätzen der Demokratie, so Knie.
Sein Ansatz für den Tarifstreit im öffentlichen Nahverkehr geht jedoch weiter: Grundsätzlich müsse aus seiner Sicht zwar mehr Geld in den ÖPNV investiert werden, "aber die Strukturen müssen sich auch verändern. Wir haben einen unglaublichen bürokratischen Wasserkopf geschaffen. Wir haben über 80 Verkehrsbetriebe und Zweckverbände, die etwas organisieren, was Unternehmen besser organisieren können". Deswegen sei aus Sicht Knies nicht nur mehr Geld sondern vor allem eine Strukturreform nötig. Diese müsse sich an mehr Kundennähe, besseren Arbeitsbedingungen und weniger bürokratischen Aufwand orientieren.
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