Vogelgrippe in der Milch: Experten forschen im Hochsicherheitstrakt
In den USA haben sich Kühe mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 infiziert. Auf der Ostsee-Insel Riems starten Forscher nun wissenschaftliche Untersuchungen an Rindern. Ihr Ziel: Sie wollen verstehen, warum sich Kühe infizieren.
Rinder galten bislang als kaum empfänglich für Infektionen mit dem Vogelgrippe-Erreger. Doch seit März melden US-amerikanische Behörden immer mehr Infektionen von Kühen. Bislang sind 36 Milchviehbetriebe in neun Bundesstaaten betroffen. Forscher des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Ostsee-Insel Riems starten nun Infektionsversuche an Kühen.
Versuche im Hochsicherheitstrakt
"Wir wollen verstehen, wie das Virus in die Kuh gelangt und warum die Tiere erkranken", sagt der Leiter des Instituts für Virusdiagnostik, Professor Martin Beer. In Abstimmung mit Virologen in den USA und in Kanada werden die Wissenschaftler in Kürze im Hochsicherheitstrakt des Forschungsinstituts auf dem Riems Rinder künstlich mit H5N1 infizieren. "Wir werden das Euter infizieren mit einem Virus aus den USA und werden es vergleichen mit ähnlichen Viren aus Europa", so Beer. Denn im Euter und in der Milch der infizierten amerikanischen Tiere waren die Viruslasten besonders hoch.
Erbgut von H5N1 in pasteurisierter Milch nachgewiesen
Die Forscher gehen davon aus, dass in den USA noch weit mehr als die bislang bekannten 36 Betriebe betroffen sein könnten. So haben amerikanische Behörden Erbgutschnipsel von H5N1 in pasteurisierter Milch nachweisen können. Kontaminierte, aber nicht infektiöse Milch sei dort in die Supermärkte gelangt. In jeder fünften Probe seien Hinweise auf H5N1 gefunden worden, so Beer.
Risiko für Deutschland "sehr gering"
Für Deutschland geben die Forscher nach einer breit angelegten Testreihe Entwarnung. Die Infektionen in den USA seien Sonderfälle, so der Wissenschaftler. Erste orientierende Untersuchungen von etwa 1.000 Rinderserumproben ergaben laut FLI keinen Hinweis auf H5N1-Infektionen. Das Risiko eines Eintrags des amerikanischen Virusstammes wird vom FLI aktuell als "sehr gering" eingestuft. Nach derzeit vorliegenden Handelsdaten würden weder Rohmilch noch lebende Rinder nach Deutschland importiert.
Mögliche Folgen: Bestandssperren, Transportverbote
Dennoch wollen die Forscher verstehen, wie es zu den Infektionen und zu den Erkrankungen gekommen ist, auch weil Fälle in europäischen Beständen drastische Folgen haben würden – von strikten Schutzmaßnahmen bis hin zu Bestandssperren. Die Symptome der erkrankten Tiere seien vielfältig, reichten von Durchfall bis hin zu einer deutlich reduzierten Milchleistung. Die Milch sei cremig und gelblich.
Übertragung durch Melkgeschirre denkbar
Da die hohe Viruslasten im Euter und in der Milch festgestellt wurden, halten die Wissenschaftler eine Übertragung durch Melkgeschirre für denkbar. Sollte dies so sein, könnten Hygienemaßnahmen getroffen werden, um die Tiere zu schützen, so Beer. Alle bislang verfügbaren Informationen deuteten auf einen möglicherweise einmaligen Eintrag von H5N1 in einen Rinderbetrieb in Texas hin. Durch unkontrollierte Tiertransporte sei das Virus dann weiterverbreitet worden.
Rinderallianz: "Wir sind wachsam, aber nicht aufgeregt"
Die Rinderallianz in MV als Zuchtverband beobachtet die Entwicklung in den USA genau. Claudia Wesenauer, zuständige Stationstierärztin, sagt: "Wir sind wachsam, aber nicht aufgeregt." Stare auf Futtersilos und Tauben in Ställen seien auch hier teilweise ein Problem. Vogelschutznetze und eine gute Lüftung hielten aber die Vögel ab. Entscheidend sei jetzt, die Eintragsquellen in den USA genau zu identifizieren, so Wesenauer.
Das FLI will mit den Versuchen an fünf Kühen und zwei Kontrolltieren in Kürze starten - wenn die Virusvarianten aus den USA auf dem Riems eingetroffen sind. Die Versuche werden dann in den Ställen der zweithöchsten Biosicherheitsstufe 3 durchgeführt.