Mehr Naturschutz, um neue Pandemien zu verhindern?
Am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems beraten mehr als 60 Wissenschaftler über Krankheitserreger, die von Nagetieren übertragen werden können. Es geht auch darum, zukünftige Pandemien verhindern. Naturschutz kann dafür einen bedeutenden Beitrag leisten.
Erkenntnisse von Wissenschaftlern zeigen, dass wir mit mehr Biodiversität auch die Gefahr mindern, uns mit verschiedenen Infektionskrankheiten anzustecken. Generell gilt, je mehr intakte Natur, umso geringer das Risiko. Frauke Ecke, Wissenschaftlerin von der Universität in Helsinki, forscht schon lange zu diesem Thema und weiß, dass in degradierten Landschaften häufig nur die Generalisten überleben. Das sind Tiere, die mit verschiedenen Lebenssituationen zurechtkommen. "Untersuchungen zeigen aber, dass genau diese Generalisten häufig Krankheitserreger in sich tragen." Außerdem greife in artenreichen Ökosystemen der sogenannte Verdünnungseffekt. Es gibt zahlenmäßig mehr Erreger, aber es kommt zu weniger Infektionen, weil so viele Tiere da sind.
EU-Projekt soll Klarheit bringen
Wie es sich allerdings auswirkt, wenn wir Menschen Ökosysteme wiederbeleben und renaturieren wollen, das ist nicht geklärt. Dazu fehlen schlichtweg noch Daten. Das EU-Projekt "Be Prep" soll das ändern. Es steht für "be prepared" – also "sei vorbereitet". Es geht darum zukünftige Pandemien zu verhindern, indem Verfahren zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt genauer untersucht werden - mit all ihren Effekten. Fallstudien laufen derzeit in Europa, aber auch in Afrika oder Südamerika. Wissenschaftler vom Friedrich-Loeffler-Institut sind auch beteiligt.
Weniger Viren durch Käuze
Es gibt zum Beispiel eine Studie, in der Nistkästen in schwedischen Wäldern aufgehängt wurden. Dadurch sollten sich wieder mehr Rauhfußkäuze ansiedeln. Rauhfußkäuze fressen Rötelmäuse und die übertragen bestimmte Hanta-Viren, die auch uns Menschen krank machen können. Die Wissenschaftler konnten sehen, dass die Zahl der Rötelmäuse abgenommen hat und dass die Käuze sogar bevorzugt die infizierten Mäuse fressen. Somit waren weniger Erreger im Umlauf. Eine Naturschutzmaßnahme hat also dafür gesorgt, dass das Infektionsrisiko sinkt.
Biber bringt vermutlich mehr Infektionen
Eine andere Studie zeigt ein anderes Bild: In Schweden wurden - ähnlich wie bei uns in Deutschland - wieder Biber angesiedelt. Aus Naturschutz-Gesichtspunkten leisten die Biber einen großen Beitrag in der Landschaft. Es ist aber aufgefallen, dass bei Hasen dadurch die Fälle von Tularämie angestiegen sind. Das ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die auch Menschen bekommen können. Wie genau das zusammenhängt, dafür gibt es noch keine belastbaren Daten.
Abwägung wichtig
Sollte sich dieser Zusammenhang bestätigen, müssen wir entscheiden, wie wir damit umgehen, sagt Frauke Ecke. "Ist das dann so gefährlich, dass wir Biber nicht weiter fördern sollten, oder gar dafür sorgen sollten, dass die Population wieder abnimmt? Oder ist das ein Risiko, dass relativ gering ist und im Verhältnis zum Nutzen, den die Biber haben im Naturschutzzusammenhang wirklich relativ belanglos ist?" Bisher sind das alles aber nur vorläufige Daten. Das EU-Projekt läuft noch bis 2027.