Geisternetze: Land MV will Millionen für Bergung bereitstellen
Das Land Mecklenburg-Vorpommern möchte laut Landwirtschaftsministerium in den kommenden vier Jahren 1,5 bis 2 Millionen Euro für die Bergung von sogenannten Geisternetzen aus der Ostsee zur Verfügung stellen.
Etwa ein Drittel des Plastikmülls in den Weltmeeren geht auf maritime Quellen zurück. Den größten Anteil hat dabei neben der Schifffahrt und Bohrinseln die Fischerei, insbesondere auf sogenannnte Geisternetze. Eine der Gefahren, die von diesen Netzen ausgeht, ist Mikroplastik, das durch Reibung der Kunstoffnetze im Meer freigesetzt wird. Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) plant, mit Mitteln des Landes, des Bundes und der Europäischen Union "erhebliche Beträge" in die Bergung des Mülls aus der Ostsee zu investieren. Etwa 1,5 bis 2 Millionen Euro sind im Gespräch, so Backhaus bei NDR MV Live, er bemühe sich derzeit bei der EU, entsprechende Mittel einzuwerben.
Ehemalige Fischer sollen Müll aus Ostsee bergen
Wo sich in der Ostsee Geisternetze befinden, die geborgen werden müssen, will das Landwirtschaftsministerium im Oktober auswerten. Bislang habe das Land 200.000 Euro für insgesamt 145 verschiedene Projekte zur Verfügung gestellt, die sich mit der Bergung von Geisternetzen beschäftigen. Ein großes Projekt mit dem WWF solle weitergeführt werden. Nach Aussage von Backhaus sollen außerdem ehemalige Fischer, finanziert vom Land, Müll aus der Ostsee bergen.
Experte für Ostseefischerei fordert Kulturwandel in der Fischerei
"Geisternetze sind dann gefährlich, wenn sie weiter fangen", sagt Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, und dies betreffe vor allem Stellnetze, die aufgrund ihres geringen Gewichts nahezu unsichtbar im Meer treiben und mehrere Kilometer lang sein können. Nicht nur Fische, oder Meeressäuger, auch Seevögel laufen Gefahr, sich in den Netzen zu verheddern und "elendig zu verenden", so Zimmermann. Haben diese Geisternetze etwas gefangen, sinken sie auf den Meeresgrund, sind die Meerestiere gefressen oder zersetzt, steigen die Netze wieder auf und werden erneut zur Gefahr für Lebewesen im Meer. Untersuchungen der Welternährungsorganisation zufolge, fischen diese extrem leichten, im Meer treibenden Plastiknetze und Netzabschnitte im Schnitt etwa neun Monate weiter, bevor sie durch Ablagerungen so schwer werden, dass sie am Meeresboden bleiben und keine Gefahr mehr darstellen.
Gefahr geht von herrenlosen Stellnetzen aus
Netze hingegen die bereits mit dem Boden verwachsen sind, in denen sich Sedimente abgelagert oder Pflanzen angesiedelt haben, sind in der Regel kein Problem mehr für Meerestiere, so Zimmermann. Im Gegenteil: Diese seien im Laufe der Zeit sogar Bestandteil des Ökosystems geworden. Auch wenn es sich um Netze aus Plastik handelt, "diese Netze richten keinen Schaden mehr an, weder für Flora noch Fauna", so Zimmermann, da sie weder weiterhin Meerestiere fangen, noch - mangels Reibung - größere Mengen an Mikroplastik freisetzen.
EU berät über Kennzeichnungspflicht für Fischernetze
Laut Zimmermann berät die EU "schon sehr lange" darüber, Stellnetze sowie einzelne Abschnitte von etwa 50 Meter Länge mit RFID-Chips zu kennzeichnen, die man etwa aus der Bekleidungsindustrie kennt. Mittels dieser Technologie wäre es möglich, herrenlose Netze und dessen Abschnitte eindeutig bis zum Fischereibetrieb zurückzuverfolgen, der das Netz aufgestellt hatte. Experten versprechen sich davon Anreize für Fischereibetriebe, Verluste selbst zu melden.
Zimmermann begrüßte Initiativen von Umweltverbänden, die steuerfinanziert Netze aus den Meeresgewässern bergen, plädierte allerdings dafür, dass diese Initiativen sich auf die Netze konzentrieren, die für Meerestiere gefährlich werden können. Dazu würden Netze, die seit 20 oder 30 Jahren mit dem Meeresboden verwachsen und mit beispielsweise Muscheln besiedelt sind, nicht zählen. "Diese gehören nicht auf das Schiff, sondern ins Meer", so Zimmermann.