Versorgung auf dem Land in Gefahr: Apotheken protestieren
Von 13 Uhr an haben am Mittwoch einige Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern gestreikt: Sie stellten den Betrieb für drei Stunden ein. Damit beteiligten sie sich an einer bundesweiten Protestaktion.
Zu wenig Geld, zu viele bürokratische Hürden und unzureichende Strukturen: Das beklagen auch die Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern und fordern dazu Lösungen von der Bundesregierung. Am Mittwoch haben deswegen viele Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern gestreikt und stundenlang den Betrieb eingestellt. Sie fordern vor allem eine Anpassung der Honorare und strukturelle Veränderungen.
Antworten von Lauterbach gefordert
Der Zeitpunkt der Schließungen ab 13 Uhr war bewusst gewählt, erklärte Astrid Radau, stellvertretende Direktorin der Universitätsapotheke Greifswald, bei NDR MV Live. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schriftlich sechs Fragen gestellt, um ihn mit ihren Forderungen zu konfrontieren. Alle Betroffenen sollten die Antworten des Ministers, die im Zeitraum der Schließungen erwartet wurde, hören können.
Zahl der Apotheken schrumpft
Die Zahl der Apotheken im Land ist in den vergangenen Jahren stetig geschrumpft. Waren es vor zehn Jahren noch 410, sind es derzeit knapp 370 Apotheken. Dabei beobachtet der Geschäftsführer der Apothekerkammer MV, Bernd Stahlhacke, einen beunruhigenden Trend: Je dünner eine Region besiedelt ist, desto weniger Apotheken gebe es. In manchen Orten gebe es sogar keine Apotheke mehr. Auch Radau beobachtet die zunehmenden Probleme für Apotheken in ländlichen Regionen mit Sorge. Es müssten Strukturen geschaffen werden, um das Leben in ländlichen Räumen weiter attraktiv zu gestalten, so Radau bei NDR MV Live.
Online-Apotheke und Arzneimittelmangel
Ein weiteres Problem: Es mangelt nach wie vor an Kinderarzneimitteln und Antibiotika. Radau erklärte, dass dies vor allem für kleinere Apotheken zu einem echten Problem werden könne, weil durch den Mangel auch der personelle Aufwand und die Kosten für die Arzneimittelbeschaffung steigen. Landesgesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) fordert Hilfe vom Bund, damit die Arzneiversorgung in vielen Orten erhalten werden kann. In Online-Apotheken sieht Apothekerkammer-Geschäftsführer Stahlhacke keinen geeigneten Ersatz für ein echtes Geschäft. Ihm zufolge können Online-Apotheken zwar Medikamente liefern, allerdings keine individuelle Rezepturen anmischen oder Notdienste anbieten.
Zeitung: Lauterbach plant Apothekenfilialen ohne Apotheker
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant nach Informationen der "FAZ", künftig Apothekenfilialen zuzulassen, ohne dass dort ein approbierter Apotheker anwesend sein muss. So wolle er den Betrieb von Apotheken auf dem Land erleichtern. Entsprechende Gesetzesänderungen sollen demnach bis zum Jahresende in den Bundestag eingebracht werden. Radau hält dieses Konzept nicht für unterstützenswert: "Apotheken müssen von Apothekerinnen und Apothekern geleitet werden. Die fachliche Kompetenz ist zwingend erforderlich in verschiedenen Situationen, die der Alltag bietet", so die Greifswalder Apothekerin.