Notmaßnahme gegen Antibiotikamangel: Regellockerungen in MV
In Mecklenburg-Vorpommerns Apotheken herrscht ein Mangel an Antibiotika für Kinder. Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) hat dementsprechend Notmaßnahmen angekündigt, um die Versorgung sicherzustellen.
Viele Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern haben derzeit Probleme, den Bedarf ihrer Kunden nach Antibiotika-Säften für Kinder zu decken. Antibiotika werden unter anderem bei potenziell lebensbedrohlichen bakteriellen Infektionen und Erkrankungen wie Lungenentzündung verschrieben. Der Mangel an Antibiotika-Säften besorgt nicht nur Eltern, auch die Apotheker sind zunehmend frustriert. Sie kritisieren die Politik wegen der Zustände und fordern Konsequenzen. Das Land hat nun reagiert und die Einfuhr von antibiotikahaltigen Säften für Kinder, die in Deutschland eigentlich nicht zugelassen oder registriert sind, befristet erlaubt. Das gab Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) am Mittwoch bekannt.
Apothekerkammer: Situation noch unter Kontrolle
Laut dem Geschäftsführer der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Stahlhacke, gelinge es den Apotheken im Land bisher nach wie vor, alle Patienten zu versorgen, wenn auch mitunter durch ein anderes als das eigentlich verschriebene Medikament. Durch die Aufweichung der Regeln könnten nun Medikamente ausgegeben werden, die keine deutschsprachige Verpackung oder ältere Verpackungsbeilagen mit überholten Informationen haben. Ob die Lage sich durch die Notmaßnahmen von Bund und Ländern bessert, ist fraglich. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister, Karl-Josef Laumann (CDU), zufolge greift der Mangel an Antibiotika weltweit um sich. Er betreffe auch die Grundsubstanzen, aus denen die Säfte hergestellt werden.
Bundesgesundheitsministerium bestätigt Mangellage
Auch andere Bundesländer haben die Bestimmungen zu Antibiotika-Säften für Kinder gelockert, damit die Versorgung gesichert bleibt, darunter Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Lockerung der Regeln ist möglich, nachdem das Bundesgesundheitsministerium vergangene Woche offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotika-Säften für Kinder festgestellt hatte. Damit dürfen bestimmte Regeln des Arzneimittelgesetzes befristet umgangen werden. Schon Anfang April hat die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass es Herstellern ermöglichen soll, höhere Abgabepreise für Kindermedikamente zu verlangen. Das Gesetz muss noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.
Zu wenig Produktion in Europa
Im Zusammenhang mit dem bundesweiten Antibiotika-Mangel werden Forderungen laut, die Produktion wieder verstärkt nach Europa zu holen. "Wir sind abhängig von China", sagte etwa Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dem Sender "Welt". Das Thema Medikamente im eigenen Land sei systemrelevant. Die Apotheken unterstützen die Forderungen nach mehr Produktion in Europa, "um allzu komplexe und damit leicht anfällige Lieferketten aus Fernost zumindest bei wichtigen Arzneimitteln zu vermeiden", begründete ABDA-Präsidentin Overwiening. Auch Gesundheitsministerin Drese mahnte, den strukturellen Ursachen der Lieferengpässe entgegenzuwirken. Der Kostendruck auf die Produzenten, der insbesondere bei Kinder-Arzneimitteln hoch sei, müsse verringert werden. Stahlhacke erklärt: Die Krankenkassen üben mit Rabattverträgen seit Jahren erheblichen Druck auf die Preise der Hersteller aus, damit sei der deutsche Markt für die Industrie nicht mehr in allen Bereichen attraktiv.