Seehafen Rostock: Energiewende an der Kaikante
Seit Jahrhunderten werden in Rostock Waren umgeschlagen. Spätestens seit dem Bau des Überseehafens waren fossile Energieträger wie Kohle und Öl wichtige Handelsgüter. Ammoniak und Wasserstoff sollen die Zukunft sein.
Mit Warenumschlag über den Seeweg kennt man sich in Rostock seit der Hansezeit aus. Damals waren es Salz, Fisch und wertvolle Tierfelle, die im Stadthafen an der Warnow gehandelt wurden. In den 1950er-Jahren kamen zwei neue Häfen hinzu: der kleine Fischereihafen und der Überseehafen. Für die DDR wurde Rostock damit das "Tor zur Welt".
Bis heute - insbesondere nach dem russischen Angriff auf die Ukraine - hat Rostock die Schlüsselrolle bei der Versorgung Ostdeutschlands mit Öl, das vom Seehafen über eine Pipeline nach Schwedt transportiert wird. Insgesamt 29 Millionen Tonnen Güter gingen im vergangenen Jahr über die Kaikante, darunter Papier, Autos, Getreide und Kohle.
Fossile Energie nicht mehr zeitgemäß
Doch die Bedeutung fossiler Energieträger als Handelsware wird in absehbarer Zeit schwinden. Der Hafen braucht neue Geschäftsfelder und hat sie gefunden: Die Zukunft des Hafens soll ganz im Zeichen grüner Energie stehen, die hier umgeschlagen werden soll. Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, wirbt der Hafenbetreiber, die Rostock Port GmbH, für sich als "Energiehafen".
Klar ist: Bald wird kaum noch Steinkohle benötigt, die sich heute noch im Hafen zu gewaltigen Bergen auftürmt. Ein Förderband transportiert sie direkt zum Kohlekraftwerk. 2028 ist Schluss damit. Hauptanteilseigner EnBW hat angekündigt aus der Kohleverstromung auszusteigen. Ein großer Schritt für Hafen und Hansestadt, um klimafreundlicher zu werden: Das Steinkohlekraftwerk verantwortet fast ein Viertel des gesamten Co2-Ausstoßes in Mecklenburg-Vorpommern. Stattdessen ist EnBW am Bau eines Elektrolyseurs beteiligt, der auf dem Gelände des Kraftwerks entstehen soll. Mit der Anlage soll so genannter grüner Wasserstoff produziert werden, indem mit Hilfe von Windenergie Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Zunächst ist vom einer 100-Megawatt-Anlage die Rede. Später soll sie auf ein Gigawatt ausgebaut werden.
Rostocker Hafen denkt zukunftsorientiert
Noch ein weiteres Projekt könnte dafür sorgen, dass Rostocks Seehafen bei der Energiewende schnelle Fortschritte macht - schneller womöglich, als andere Häfen in Deutschland und Europa: Der Düngemittelkonzern Yara mit Sitz in Poppendorf bei Rostock und der Gashandelskonzern VNG kooperieren künftig. Ziel ist, dass Yara als Betreiber von Deutschlands größtem Ammoniaklager im sogenannten Chemiehafen - einem Teil des Seehafens - Ammoniak an VNG mit Sitz in Leipzig liefert.
In einem sogenannten Ammoniak-Cracker wird das Ammoniak in Wasserstoff umgewandelt. Die Leitung zwischen Rostock und Leipzig ist bereits in Planung. Noch ist offen, wer den Cracker baut. Dass er kommt und im Seehafen stehen wird, hat Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) allerdings bereits bestätigt - die Anlage wäre die erste europaweit.
Wie Rostock davon profitieren will, welche Kritik es den Zukunftsplänen des Seehafens gibt und warum Informationen manchmal nur hinter vorgehaltener Hand ausgetauscht werde - darüber sprechen NDR-Reporterin Juliane Schultz und Host Annette Ewen in der Folge "Seehafen Rostock - Energiewende an der Kaikante" des Podcasts "Dorf, Stadt, Kreis - starke Geschichten aus dem Norden".