Öltanker vor Rügen: Maschinen der "Eventin" laufen wieder
Der in der Ostsee vor Rügen havarierte Öltanker "Eventin" liegt nach einem Blackout weiterhin vor Rügen auf Reede, kann sich aber wieder selbstständig auf Position halten. Am Dienstag wurde das Schiff vom Zoll kontrolliert. Die "Eventin" gehört mutmaßlich zur russischen Schattenflotte.
Die Ende der Woche vor Rügen havarierte "Eventin" hat nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wieder Strom. Demnach kann sich das Schiff wieder selbstständig auf Position halten. Die Verbindungen zu Schleppern, die den mit rund 99.000 Tonnen Öl beladenen Tanker gesichert hatten, wurden gelöst. Da zum Lichten des Ankers Energie an Bord benötigt werde, kann davon ausgegangen werden, dass auch die Maschinen des Schiffs zumindest teilweise wieder laufen. Zuvor hatte die Reederei zwei eingesetzte Schlepper wieder abbestellt. Den Angaben zufolge sind Hochseeschlepper dazugekommen, die das Schiff auch über weite Strecken transportieren könnten. Das weitere Vorgehen ist nach wie vor unklar.
Zoll kontrollierte die Eventin
Am Dienstag betraten erstmals Zollbeamte das Schiff. Das bestätigte die Zoll-Generaldirektion. Den Angaben zufolge ging es bei der Kontrolle darum, zu überprüfen, ob das geltende Embargorecht eingehalten wird - also ob russisches Öl an Bord ist. Das wird seit der russischen Invasion in der Ukraine von der EU sanktioniert. Derzeit liegt ein Schiff der Bundespolizei zur See, die Bad Bramstedt, unweit der Eventin. Sie übernimmt Amtshilfe-Aufgaben für den Zoll.
Ob das Schiff vorsätzlich durch deutsche Hoheitsgewässer gefahren ist, spielt laut einem Sprecher der Zoll-Generalinspektion gegenüber dem NDR für eine Zollkontrolle keine Rolle. Überprüft würden dabei beispielsweise auch die Begleitpapiere. Diese können Aufschluss darüber geben, woher das Öl stammt. Darüber hinaus dürften zu diesem Zweck auch Proben genommen werden. Ergebnisse der Zollkontrolle stehen noch aus.
Tanker wohl Teil der russischen Schattenflotte
Der Tanker sollte bereits am Montagabend nach Skagen in Dänemark geschleppt werden, liegt aber noch immer vor Sassnitz. Die "Eventin" war mit knapp 100.000 Tonnen Öl an Bord auf dem Weg von Russland nach Ägypten, bis am vergangenen Donnerstagabend alle Systeme ausfielen. Da sie sich zu dieser Zeit in deutschen Hoheitsgewässern befand, schaltete sich das Havariekommando ein, um eine mögliche Ölkatastrophe zu verhindern und das weitere Vorgehen zu koordinieren.
Das Schiff, das unter panamaischer Flagge fährt, wird auf Listen geführt,die es der russischen Schattenflotte zuordnet. Da es sich bei dem Öl an Bord um mutmaßliche Embargoware handelt, konnte das Schiff nicht nach Sassnitz oder in einen anderen deutschen Hafen geschleppt werden. Der Tanker sollte am Montagabend nach Skagen in Dänemark geschleppt werden, liegt aber auch am Mittwoch noch vor Sassnitz.
Forderung nach Festsetzung des Schiffes
Derweil wurden Forderungen laut, die "Eventin" durch deutsche Behörden festzusetzen und gründlich zu untersuchen. Moritz Brake, Experte für maritime Sicherheit bei Nexmaris, nennt dafür gleich mehrere Gründe: Die nationale Sicherheit - darunter fallen Spionage- und Sabotageverdacht, außerdem die Verantwortung für den Umweltschutz, die Sicherheit der Seeleute an Bord sowie die Schifffahrt in der Region. Seiner Ansicht nach könnte der Zoll beispielsweise das Öl beschlagnahmen. Außerdem wäre es laut Seerecht "geboten", die Eventin "auf Herz und Nieren zu prüfen", so Brake.
Konsequenteres Vorgehen gegen die Schattenflotte
Dieses Vorgehen gelte für alle Schiffe der "Schattenflotte", so Brake weiter. Wenn diese "entsprechende Verdachtsmomente erfüllen", können die Behörden Schiffe, die die Ausschließliche Wirtschaftszone und Hoheitsgewässer befahren "genau untersucht, bei begründetem Verdacht für Verstöße an der Durchfahrt gehindert und festgesetzt werden."
NATO will Überwachung der Ostsee intensivieren
Am Dienstag hatten sich die Ostsee-Anrainerstaaten in einer Konferenz in Helsinki darauf geeinigt, die Sicherheit im Ostseeraum zu erhöhen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte kündigte unter anderem die Mission "Baltic Sentry" zur Abschreckung feindlicher Aktivitäten mit Kriegsschiffen, U-Booten, Aufklärungsflugzeugen, Satelliten und Drohnen an. Koordiniert werden soll die Mission von Rostock aus. Außerdem soll demnächst eine Sicherheitskonferenz mit der Rüstungsindustrie in Rostock abgehalten werden.