Tankerliste: Greenpeace warnt vor russischer Ostsee-Schattenflotte
Umweltschützer warnen seit Langem vor der sogenannten russischen Schattenflotte in der Ostsee. Dabei handelt es sich um alte, häufig marode Öltanker. Greenpeace hat diese Schiffe jetzt erstmals genauer benannt und eine Liste mit Namen vorgelegt.
Trotz des Rohöl-Embargos wegen des Ukraine-Kriegs erreichen offenbar immer noch zahlreiche russische Öl-Tanker Häfen in der EU. Das geht aus einer Datenrecherche der Umweltschutzorganisation Greenpeace hervor. Demnach nimmt die Zahl sogenannter Schatten-Tanker mit russischem Öl in der Ostsee deutlich zu. Und das, obwohl seit Dezember 2022 für Russland ein Verbot unter anderem für die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl in die EU gilt, das auch den Transport auf dem Seeweg einschließt.
Rohöl-Embargo sanktioniert Russland seit 2022
Der Verdacht, dass Russland dieses Embargo mit einer Flotte von "Schrott-Öltankern" umgeht, beschäftigt die Behörden der Ostsee-Anrainerstaaten jedoch schon länger. Bereits im März hatten dänische Lotsen verweigert, russische Tanker durch die Ostsee zu navigieren. Russland drohte mit Vergeltung. Auf einer internationalen Konferenz der Ostseeanrainerstaaten in Mecklenburg-Vorpommern im Mai wurden die Schiffe, die meist alt und in schlechtem Zustand sowie häufig nicht versichert sind, als großes Sicherheitsrisiko für die Ostsee und die Küstenregionen mehrerer Staaten ausgemacht.
Greenpeace listet 192 teils marode Schiffe auf
Greenpeace listet in seiner Datenrecherche zur russischen Schattenflotte insgesamt 192 Schiffe auf, von denen keines jünger als 16 Jahre ist. Das älteste Schiff, der Tanker "Orion", fährt bereits seit 27 Jahren über die Weltmeere. Nach Angaben von Greenpeace fahren die Schiffe, die russisches Rohöl transportieren, dabei unter anderem unter den Flaggen von Kamerun, Panama, Sierra Leone oder den Cook-Islands. Über 75 Prozent von ihnen seien in den vergangenen zwei Jahren durch die deutsche Ostsee und durch das Seegebiet der Schifffahrtsroute Kadetrinne gefahren, die in der Mecklenburger Bucht liegt.
Neben ihrem Alter weisen sie der Recherche zufolge auch meist technische Mängel auf und hätten zeitweise ihr automatisches Identifizierungssystem abgeschaltet. Ärger hat Russland auch wegen der Übergabe von Ladung von einem an andere Tanker. Dabei wird laut schwedischen und finnischen Behörden in internationalen Gewässern vor Gotland und zwischen Dänemark und Deutschland Öl umgepumpt.
Tanker der "Schattenflotte" bislang nicht auf Sanktionslisten
Bislang stehen diese Tanker auf keiner Sanktionsliste. Russland steht im Verdacht, mit dieser Schattenflotte Rohöl zu exportieren und damit den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finanzieren. Greenpeace fordert daher eine Lotsenfplicht für russische Tanker in der Ostsee. Denn bislang fahren diese teilweise ohne ortskundige Unterstützung durch schwer zu navigierende Gebiete und das bei einem hohem Verkehrsaufkommen.
Meeresbiologe warnt vor Umweltkatastrophe
"Diese Schrott-Tanker müssen als Erstes auf die EU-Sanktionsliste", fordert Thilo Maack von Greenpeace. Der Meeresbiologe warnte vor einer Umweltkatastrophe. Denn im Falle einer Havarie sei die gesamte deutsche Ostseeküste in Gefahr. Außerdem seien alle der bis zu 275 Meter langen Schiffe auf der Greenpeace-Liste unzureichend gegen die Folgen einer Ölpest versichert. Unterdessen hat Schleswig-Holstein angekündigt, das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Umweltministerkonferenz setzen zu wollen. Man habe das Thema für die Tagung im November angemeldet, teilte Umweltstaatssekretärin Katja Günther (Grüne) mit. Es sei erschreckend, dass mehr als 200 marode und größtenteils nicht versicherte Öltanker und Frachter auf der Ostsee unterwegs seien. "Die Frage ist aktuell nicht, ob es eine Ölkatastrophe geben wird, sondern wann", so Günther.
Ostseeanrainer auf der Suche nach Lösungen
Auch Dänemark hatte angekündigt, gegen die Tanker vorgehen zu wollen. Das Land ist das Nadelöhr zwischen Nord- und Ostsee, seine vielen Inseln verengen das Meer auf zwei schmale Fahrwasser im Großen Belt und dem Öresund zwischen Dänemark und Schweden. Die Gefahr von Unfällen und einer Ölpest sei groß, zumal die schrottreifen Schiffe dort trotz der Enge auch selbst immer öfter Lotsendienste ablehnen. Dänemark habe eine Gruppe anderer Ostseeanrainer und EU-Mitglieder zusammengebracht, um Maßnahmen gegen die Schattentanker zu evaluieren, sagte Außenminister Lars Løkke Rasmussen: "Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass die Schattenflotte ein internationales Problem ist und dass internationale Lösungen erforderlich sind."