Die mit 99.000 Tonnen Öl beladene "Eventin" wurde in der Nähe von Rügen vom Notfallschlepper "Bremen Fighter" an den Haken genommen. © Stefan Sauer/dpa Foto: Stefan Sauer

Öltanker vor Rügen: Weiterfahrtverbot für die "Eventin" erteilt

Stand: 15.01.2025 16:08 Uhr

Der in der Ostsee vor Rügen havarierte Öltanker "Eventin" liegt nach einem Blackout weiterhin vor Rügen auf Reede, kann sich aber wieder selbstständig auf Position halten. Am Dienstag wurde das Schiff vom Zoll kontrolliert. Die "Eventin" gehört mutmaßlich zur russischen Schattenflotte.

Die Ende der Woche vor Rügen havarierte "Eventin" hat nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wieder Strom. Demnach kann sich das Schiff wieder selbstständig auf Position halten. Nach Auskunft des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Ostsee bittet das Schiff um Auslauferlaubnis. Die Verbindungen zu Schleppern, die den mit rund 99.000 Tonnen Öl beladenen Tanker gesichert hatten, wurden gelöst. Das Schiff liegt nun wieder vor Anker. Da zum Lichten des Ankers Energie an Bord benötigt werde, kann davon ausgegangen werden, dass auch die Maschinen des Schiffs zumindest teilweise wieder laufen. Zuvor hatte die Reederei zwei eingesetzte Schlepper wieder abbestellt. Den Angaben zufolge sind Hochseeschlepper dazugekommen, die das Schiff auch über weite Strecken transportieren könnten. Diese würden "auf Stand by" in der Nähe des Schiffes bleiben. Wie es mit dem Schiff weitergeht, werde nun geklärt, hieß es aus dem Ministerium.

Zoll kontrollierte die Eventin

Dabei dürften auch die Ergebnisse einer Kontrolle des Zolls eine Rolle spielen. Nach NDR Informationen hatten Zollbeamte das der russischen Schattenflotte zugerechnete Schiff gestern inspiziert. Das bestätigte die Zoll-Generaldirektion. Den Angaben zufolge ging es bei der Kontrolle darum, zu überprüfen, ob das geltende Embargorecht eingehalten wird - also ob russisches Öl an Bord ist. Das wird seit der russischen Invasion in der Ukraine von der EU sanktioniert. Derzeit liegt ein Schiff der Bundespolizei zur See, die Bad Bramstedt, noch unweit der Eventin. Sie übernimmt Amtshilfe-Aufgaben für den Zoll. Überprüft wurden unter anderem die Begleitpapiere. Diese können Aufschluss darüber geben, woher das geladene Öl stammt. Zu diesem Zweck wurden auch Proben genommen. Ergebnisse der Zollkontrolle stehen noch aus.

Weiterfahrverbot für die Eventin erlassen

Da die Hauptmaschine auf der "Eventin" wieder läuft, hat der Tanker beim Wasserstraßen und Schifffahrsamt Ostsee um eine Auslauferlaubnis gebeten. Denn ohne Weiteres seine Fahrt fortsetzen kann die "Eventin" nicht. Voraussetzung dafür ist laut Bundesverkehrsministeriums die Verkehrstüchtigkeit des Tankers. Die Dienststelle Schiffssicherheit der Berufsgenossenschaft Verkehr habe zunächst ein Weiterfahrverbot erlassen. Sie überwacht im Auftrag des Bundes die Einhaltung internationaler Sicherheits-Regeln und wartet nun auf den Prüfbericht einer Klassifikationsgesellschaft, einer Art Schiffs-TÜV. Dann entscheidet die Dienststelle, ob der Tanker aus eigener Kraft die Ostsee verlassen kann oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Ob und wann eine Weiterfahrerlaubnis erteilt wird, hängt von den laufenden Untersuchungen ab.

Tanker wohl Teil der russischen Schattenflotte

Der Tanker sollte bereits am Montagabend nach Skagen in Dänemark geschleppt werden, liegt aber noch immer vor Sassnitz. Die "Eventin" war mit knapp 100.000 Tonnen Öl an Bord auf dem Weg von Russland nach Ägypten, bis am vergangenen Donnerstagabend alle Systeme ausfielen. Da sie sich zu dieser Zeit in deutschen Hoheitsgewässern befand, schaltete sich das Havariekommando ein, um eine mögliche Ölkatastrophe zu verhindern und das weitere Vorgehen zu koordinieren.

Weitere Informationen
Der Tanker Baltico von unten. © NDR Foto: Frank Hajasch

Tankerliste: Greenpeace warnt vor russischer Ostsee-Schattenflotte

Die Zahl der Tanker, die unter verschiedenen Flaggen russisches Rohöl durch die Ostsee verschiffen, wächst demnach trotz des Öl-Embargos gegen Russland. mehr

Das Schiff, das unter panamaischer Flagge fährt, wird auf Listen geführt,die es der russischen Schattenflotte zuordnet. Da es sich bei dem Öl an Bord um mutmaßliche Embargoware handelt, konnte das Schiff nicht nach Sassnitz oder in einen anderen deutschen Hafen geschleppt werden. Der Tanker sollte am Montagabend nach Skagen in Dänemark geschleppt werden, liegt aber auch am Mittwoch noch vor Sassnitz.

Forderung nach Festsetzung des Schiffes

Derweil wurden Forderungen laut, die "Eventin" durch deutsche Behörden festzusetzen und gründlich zu untersuchen. Moritz Brake, Experte für maritime Sicherheit bei Nexmaris, nennt dafür gleich mehrere Gründe: Die nationale Sicherheit - darunter fallen Spionage- und Sabotageverdacht, außerdem die Verantwortung für den Umweltschutz, die Sicherheit der Seeleute an Bord sowie die Schifffahrt in der Region. Seiner Ansicht nach könnte der Zoll beispielsweise das Öl beschlagnahmen. Außerdem wäre es laut Seerecht "geboten", die Eventin "auf Herz und Nieren zu prüfen", so Brake.

Weitere Informationen
Das Tankschiff "Jazz" fährt am 27. Dezember 2024 bei Nebel im Nord-Ostsee-Kanal. © picture alliance / imageBROKER | Klaus-Dieter Möbus Foto: picture alliance / imageBROKER | Klaus-Dieter Möbus

Vermutete Sabotage: Weiterer Öltanker-Notfall vor Rügen

Der mit 50.000 Tonnen russischem Rohöl beladene Tanker "Jazz" hatte einen Maschinenschaden - nur wenige Kilometer von der "Eventin" entfernt. mehr

Konsequenteres Vorgehen gegen die Schattenflotte

Dieses Vorgehen gelte für alle Schiffe der "Schattenflotte", so Brake weiter. Wenn diese "entsprechende Verdachtsmomente erfüllen", können die Behörden Schiffe, die die Ausschließliche Wirtschaftszone und Hoheitsgewässer befahren "genau untersucht, bei begründetem Verdacht für Verstöße an der Durchfahrt gehindert und festgesetzt werden."

Elina Valtonen, Außenministerin von Finnland © IMAGO / ZUMA Press Wire
AUDIO: Finnlands Außenministerin: "Russlands Schattenflotte ist ein Sicherheitsrisiko" (11 Min)

NATO will Überwachung der Ostsee intensivieren

Am Dienstag hatten sich die Ostsee-Anrainerstaaten in einer Konferenz in Helsinki darauf geeinigt, die Sicherheit im Ostseeraum zu erhöhen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte kündigte unter anderem die Mission "Baltic Sentry" zur Abschreckung feindlicher Aktivitäten mit Kriegsschiffen, U-Booten, Aufklärungsflugzeugen, Satelliten und Drohnen an. Koordiniert werden soll die Mission von Rostock aus. Außerdem soll demnächst eine Sicherheitskonferenz mit der Rüstungsindustrie in Rostock abgehalten werden.

Weitere Informationen
Screenshot der Weltkarte mit Schiffen der russischen Schattenflotte © NDR

Live-Karte: Positionsdaten der russischen Schattenflotte

Die EU hat rund 80 russische Schiffe auf eine Verbotsliste gesetzt. Hier können Sie die Positionsdaten der "Schattenflotte" live verfolgen. mehr

Fregatte F 221 Hessen (re) fährt vor den Schiffen anderer Nationen während der Übung Northern Coasts 2023 in der Ostsee, am 18.09.2023. © Bundeswehr/Nico Theska Foto: Yvonne Albert

NATO verstärkt Überwachung der Ostsee - Koordinierung von Rostock aus

Im Kampf gegen Sabotage und die russische Schattenflotte haben sich die NATO-Anrainer-Staaten auf ein konsequentes Vorgehen geeinigt. mehr

Das Militärschiff Tender Werra liegt im Hafen. © NDR Foto: Moritz Kodlin

Mission Datenkabel überwachen: NATO-Verband startet aus Kiel

In Kiel-Wik übernahm Erik Kockx von der Belgischen Marine das Kommando des Minenabwehr-Verbandes der NATO. mehr

Havarierter Tanker soll Richtung Skagen geschleppt werden © Stefan Sauer/dpa

Verzögerung: Öltanker "Eventin" soll nach Skagen geschleppt werden

Da es sich bei dem Öl an Bord um Embargoware handelt, ist eine Sondergenehmigung nötig. Der Öltanker liegt mit Maschinenschaden vor Rügen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 15.01.2025 | 16:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Die mit 99.000 Tonnen Öl beladene "Eventin" wurde in der Nähe von Rügen vom Notfallschlepper "Bremen Fighter" an den Haken genommen. © Stefan Sauer/dpa Foto: Stefan Sauer

Öltanker vor Rügen: Weiterfahrtverbot für die "Eventin" erteilt

Knapp eine Woche nach der Havarie des Öltankers "Eventin" kann sich das Schiff wieder selbstständig auf Position halten. Darum darf sie nicht weiterfahren. mehr

Ein Blick von oben auf den leeren Plenarsaal des Deutschen Bundestages im Reichstag. © dpa Foto: Kay Nietfeld

MV wählt: Bundestagswahl 2025

Am 23. Februar 2025 ist Bundestagswahl. Hier finden Sie Infos zur Wahlkreisen, Personen und Ergebnissen in MV. mehr