Nord-Stream-Anschläge: Polen bestätigt Haftbefehl gegen Ukrainer
Die polnischen Behörden haben bestätigt, dass bei ihnen wegen der Anschläge auf die Nord-Stream-Pipeline ein Haftbefehl vorliegt. Der verdächtige Ukrainer soll von Mecklenburg-Vorpommern aus operiert haben.
Im Fall der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee hat die polnische Staatsanwaltschaft von der Bundesanwaltschaft einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme eines Verdächtigen erhalten. Dies sagte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft in Warschau der Deutschen Presse-Agentur. Sie bestätigte damit Recherchen von ARD, Süddeutscher Zeitung und der Wochenzeitung "Die Zeit".
Haftbefehl im Juni 2024 erwirkt
Demnach erwirkte die Bundesanwaltschaft bereits im Juni beim Bundesgerichtshof einen Haftbefehl gegen den Ukrainer Wolodymyr Z., der sich zuletzt in Polen aufgehalten haben soll. Noch im Juni sollen die deutschen Strafverfolger dann mit einem Europäischen Haftbefehl auf die polnischen Behörden zugegangen sein, in der Hoffnung, dass der Verdächtige festgenommen werden kann. Warum dies nicht geschehen ist, sei unklar, so der Journalist Michael Götschenberg gegenüber dem NDR. Götschenberg gehört zum Rechercheteam, das die neuen Erkenntnisse zu den Ermittlungen am Mittwoch veröffentlichte.
"Andromeda" stach in Rostock in See
Neben Woldymyr Z. steht ein ukrainisches Ehepaar im Verdacht, im September 2022 die Erdgas-Pipelines Nord-Stream 1 und Nord-Stream 2 am Grund der Ostsee mit Sprengstoffladungen zerstört zu haben, die für den Transport von russischem Erdgas nach Deutschland gebaut worden waren. Den Recherchen zufolge gehen die Ermittler davon aus, dass die Tatverdächtigen von Mecklenburg-Vorpommern aus ihren Angriff auf die Pipeline starteten. Demnach mieteten sie in Rostock eine Segeljacht mit dem Namen "Andromeda" für die Ausübung der Tat. An Bord stellten die Ermittler später neben allerlei DNA-Spuren und Fingerabdrücken auch Spuren eines hochexplosiven Spezial-Sprengstoffes fest, der vor allem beim Militär genutzt wird.
Auf Rügen half "Kommissar Zufall"
Mehrere Männer und eine Frau, so sollen es Augenzeugen erzählt haben, stachen Anfang September 2022 von Rostock aus mit der "Andromeda" in See. Das Boot soll anschließend in Wiek auf Rügen, auf der kleinen dänischen Insel Christiansø, im schwedischen Sandhamn und im polnischen Kołobrzeg Stopp gemacht haben, bevor es schließlich nach Rostock zurückkehrte. Laut Reporter Götschenberg bekamen die Ermittler auch Hilfe von "Kommissar Zufall". Demnach wurde im September 2022 auf Rügen ein weißer Transporter geblitzt, der vermutlich Tauchmaterial für das vermeintliche Sprengkommando transportiert hat. Auf dem Foto des geblitzten Wagens soll neben dem Fahrer ein Mann zu sehen sein, der große Ähnlichkeit mit dem verdächtigen Wolodymyr Z. haben soll.
Besondere Rolle Mecklenburg-Vorpommerns
Mecklenburg-Vorpommern spielt im Zusammenhang mit den Nord-Stream-Pipelines eine besondere Rolle. Vom Hafen Mukran auf Rügen aus wurde ein Teil der Rohre für den Bau der Pipeline an jeweilige Baustelle gebracht. Außerdem enden beide Pipelines in Lubmin, wo sie bis 2022 ihr Gas ins europäische Erdgasnetz einspeisten beziehungsweise einspeisen sollten. Politisch sorgte weiterhin die umstrittene Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommerns bundesweit für Schlagzeilen. Die Landesregierung gründete die Stiftung Anfang 2021, damit diese auch mit verdeckten Geschäften den Bau der Pipeline absicherte, deren Fertigstellung angeblich durch Sanktionen der USA bedroht war.