900 Jahre alter Bildstein bei Bauarbeiten in Vorpommern entdeckt
Im kleinen Dorf Klotzow am Peenestrom ist an einem Haus in der Erde ein sogenannter Bildstein aus dem 12. Jahrhundert entdeckt worden. Der 500 Kilogramm schwere Granit gilt als archäologische Sensation.
Ein vermutlich 900 Jahre alter, sehr seltener sogenannter Bildstein ist bei Bauarbeiten an einem Haus in Klotzow bei Anklam (Landkreis Vorpommern-Greifswald) entdeckt worden. Der ein Meter hohe, 60 Zentimeter breite und 40 Zentimeter tiefe, behauene Granit zeigt eine eingravierte menschliche Figur, die ein Kreuz vor dem Bauch hält. Mecklenburg-Vorpommerns Kulturministerin Bettina Martin (SPD) sprach bei der Präsentation des Fundes von einer Sensation, denn es sei der erste Stein, der einen christlichen Würdenträger zeigt.
Ein Kreuz an einem Schal
Die Region wurde vor 900 Jahren christianisiert, es handelt sich demnach um eine sehr frühe christliche Darstellung. Landesarchäologe Detlef Jantzen sagte, dass es sich bei dem Abgebildeten um einen kirchlichen Würdenträger handeln dürfte, möglicherweise um Bischof Otto von Bamberg (um 1060-1139), den Missionar Pommerns. An ihn erinnert gerade eine Sonderausstellung in Wolgast. Das Kreuz hängt an einer Art Schal, der um den Hals des Mannes liegt. Laut Jantzen handelt es sich möglicherweise um ein Pallium, das von den Päpsten hohen Würdenträgern der Kirche verliehen wird. Otto von Bamberg habe im Jahr 1111 ein Pallium bekommen, sagte Jantzen. Bildsteine sind nach den Worten des Landesarchäologen sehr selten. "Wir hatten bisher fünf in Mecklenburg-Vorpommern, zwei in Altenkirchen und Bergen auf Rügen, zwei in Wolgast und einen in Grüttow bei Stolpe an der Peene, den Wartislawstein", sagte er. Weitere Funde seien aus Ermland und Masuren in Polen bekannt - insgesamt 20 Stück.
Als Hausstufe genutzt
Der gravierte Stein lag waagerecht im Erdreich unmittelbar an der Hauswand, berichtete Peter Wittenberg, Eigentümer des Hauses in Klotzow. Er stieß mit dem Spaten auf den Stein, als er bei Bauarbeiten etwas Erde an der Hauswand abtragen wollte. Vielleicht sei der Stein früher als Treppenstufe genutzt worden. Die Tür dazu sei wohl irgendwann zugemauert worden. Über dem Stein hätten nur 20 Zentimeter Erde gelegen. Das Haus, so vermutet Wittenberg, ist im 18. Jahrhundert gebaut und später umgebaut worden. Jantzen vermutet, dass der Stein einst als Erinnerungsstein aufgestellt wurde - noch sei unklar, wo. Archäologen wollen sich Klotzow nun genauer ansehen. Sie haben Hinweise, dass es einmal eine Kirche oder Kapelle in dem Ort gab und auch eine Fährstelle, um über den Peenestrom zur Insel Usedom überzusetzen.
Otto von Bamberg in Klotzow
Der später heiliggesprochene Otto von Bamberg unternahm zwei Missionsreisen nach Pommern, 1124 und 1128. Bei der zweiten Reise brachte er das Christentum ins heutige Vorpommern. Er war auch auf Usedom, wie aus historischen Schriften hervorgeht. Möglicherweise ist er von Klotzow aus übergesetzt. Das sei aber zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation, sagte Jantzen.
"Alle im Dorf sind aus dem Häuschen", berichtete Wittenberg über die Stimmung nach dem Fund. Das Dorf habe nur ein paar Dutzend Einwohner. Jantzen möchte den Bildstein gerne in Klotzow aufstellen. Er zeigte ein Beispiel aus Dänemark, wie das aussehen könnte: Dort sind bedeutende gravierte Steine mit einer Glas-Stahl-Konstruktion umhaust worden und werden so angeleuchtet, dass die Gravuren gut zu erkennen sind.