Meerforelle gefährdet: Monitoring in MV steht vor dem Aus
Der bei Anglern so beliebten Meerforelle macht der Klimawandel zu schaffen, sie gilt als gefährdet. Ausgerechnet das Monitoring zum Schutz der Fischart steht vor dem Ende. Eine Lösung könnte die Ausweitung des Projekts sein.
Mit Wathose und Gummihandschuhen im kniehohen Wasser des Poischower Mühlenbachs - so will Armin Steibli von der Landesforschungsanstalt MV hier bei Grevesmühlen junge Meerforellen zählen mittels Elektrofischerei. Dabei werden die Fische durch Gleichstrom betäubt. Nach wenigen Minuten der erste Fang: "Da haben wir tatsächlich eine Forelle. Nachwuchs aus der letzten Laichsaison. Da sind die maximal 14, 15 Zentimeter groß."
Hitze und Trockenheit verhindern Fortpflanzung
Dass der Jungfisch hier überhaupt schlüpfen konnte, ist ein Zeichen dafür, dass es die Elterntiere aus der Ostsee bis hierher geschafft haben. Einige der lachsartigen Fische legen mehr als 100 Kilometer zurück, bis sie in den kiesigen Oberläufen der Flüsse und Bäche ihre Eier ablegen können. In Zeiten des Klimawandels nicht selbstverständlich, erklärt Steibli: "Dieser Bach führt bei Sommerdürren und wenig Niederschlägen wenig Wasser. Wenn dann im Herbst kein Wasser kommt, dann steigen hier keine Tiere auf." Laut Deutschem Wetterdienst war das Jahr 2022 das fünfte Dürrejahr in Folge. Ab 2023 entspannte sich die Lage dann wieder, aber das sei kein Grund zur Entwarnung, mahnt Steibli.
Erfolg von jahrelangem Besatz steht auf dem Spiel
Dass sich die Meerforelle in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt aus eigener Kraft vermehren kann, ist auch ein Erfolg des landesweiten Besatzprogramms. Seit den 1990er-Jahren unterstützen künstlich nachgezüchtete Meerforellenbrütlinge die Bestände. Ein Erfolg, der zu kippen droht. In das Meerforellen-Projekt sind seit 2017 rund 1,2 Millionen Euro geflossen, finanziert vom Land und aus EU-Mitteln. Jetzt ist die Zukunft des Monitoring-Projekts von Armin Steibli unklar, die Finanzierung ab Mitte 2025 nicht geklärt. Dabei gilt die Meerforelle seit Beginn des Jahres offiziell als gefährdet. Aus dieser Gefährdung gehe nicht automatisch ein Schutzstatus hervor, erklärt Steibli. "Das heißt, wir haben eine gefährdete aber nicht geschützte Art, die auch einer Nutzung unterliegt - fischereilich. Da ergibt sich schon allein die Notwendigkeit ein Monitoring fortzuführen, damit die Meerforelle nicht über einen nachhaltigen Bestand hinaus befischt wird."
Angler fangen mehr Forellen als Berufsfischerei
Nach dem Fangverbot für den Dorsch ist laut dem Thüneninstitut für Ostseefischerei nun die Meerforelle der beliebteste Angelfisch in der Ostsee. Von 2020 bis 2022 haben Angler in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein rund 84 Tonnen Meerforellen entnommen, das entspricht rund 60.000 Tieren. Weitere 70.000 Forellen haben die Freizeitfischer aufgrund von Schonzeiten und -maßen wieder zurückgesetzt. Die Regularien sollen gewährleisten, dass der Meerforellenbestand trotz Befischung stabil bleibt. Auf das Konto der Berufsfischerei ging der Studie zufolge nur ein Zehntel der Entnahmen. Steibli sieht in der Befischung insgesamt derzeit kein Problem für die Forellenpopulation hierzulande.
Fischzählkameras könnten Monitoring retten
Das Elektrofischen ist nur eine Form der Erfassung, eine andere ist der Einsatz spezieller Fischzählkameras. Die gibt es mittlerweile in allen Gewässersystemen des Landes, in denen sich die Meerforelle nachweislich fortpflanzt. Rund eine Million Video-Clips entstehen jährlich. Künstliche Intelligenz hilft dabei, sie zu sortieren. "Da ist so alles mögliche drauf: Wasservögel, andere Fischarten, Säuger, Insekten, Wirbellose, Krebse - auch FFH-Arten wie beispielsweise Neunaugen." Darin sieht der Armin Steibli eine Chance: Er möchte andere Forscher mit ins Boot holen, die seinen Datenschatz mit nutzen. Das, so seine Hoffnung, könnte die Weiterführung des Meerforellen-Monitorings ermöglichen. Beim Kontrollfischen im Poischower Mühlenbach hat der Fischereiwissenschaftler aktuell nur 33 junge Meerforellen gezählt - weniger als erwartet.