Neue App zeigt Chancen für gefährdete Meerforelle in MV
Die Meerforelle gilt seit dem vergangenen Jahr offiziell als gefährdete Art. Wie sich die Population in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt, beobachten Naturschützer darum genau - seit diesem Jahr mit Hilfe einer Smartphone-App.
Temperaturen um den Gefrierpunkt oder ab und zu ein Graupelschauer halten ihn nicht ab. Mario Voigt vom Salmoniden- und Gewässerschutzverein MV steigt auch bei diesen Bedingungen in das Wasser vom Wallensteingraben bei Moidentin. Das liege in der Natur der Sache, denn sein Schützling, die Meerforelle, gehöre als Salmoniden-Art zu den Winterlaichern. Eine wasserdichten Wathose und die passende Unterbekleidung schützen den ehrenamtlichen Naturschützer.
Mario Voigt ist auf der Suche nach den Nestern der Meerforellen. In dem kiesigen Bachlauf schlagen die Fische sogenannte Laichgruben. "Die Eier, die müssen unbedingt hier im Kies abgelegt werden. Im Sand oder Schlamm würden sie ersticken. Hier herrscht die richtige Strömung", erklärt Voigt. Aus diesem Grund sollten die Bäche auch nicht von Unkundigen betreten werden, auch Hunde sollten in der Nähe von Forellengewässern an der Leine bleiben.
App sorgt für landesweite Vergleichbarkeit
Bei diesem Kontrollgang bekommt Mario Voigt Unterstützung von Armin Steibli. Er leitet das Monitoring-Projekt zur Meerforelle an der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei. Für ihn sind die Daten zu Meerforellen-Nestern ein echter Schatz. Zusammen nehmen die beiden eine der Laichgrube auf: Länge, Breite, Wassertiefe und die Position landen seit neustem über eine spezielle Smartphone-App in einer großen Datenbank. Diese Form der elektronischen Erfassung ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Salmonidenschutzverein und Landesforschungsanstalt.
Für Armin Steibli und sein Meerforellen-Monitoring ist die App ein Fortschritt: Dass durch sie die Daten standardisiert erhoben werden, bringe Vorteile fürs Bestandsmanagement. Sie ermögliche dem Wissenschaftler einen landesweiten Blick auf die verschiedenen Forellen-Gewässer und sorge für eine gewisse Vergleichbarkeit. "Wenn ich die letzten Jahre zurückblicke, wie wir da Daten zusammengesammelt haben. Da hatte jeder irgendwie sein eigenes System. Jetzt haben wir das wirklich einheitlich landesweit."
Mehr als 25 Jahre Einsatz für die Meerforelle
Die scheue Meerforelle ist besonders da verwundbar, wo sie sich vermehrt: in den Flüssen und Bächen. Gewässerverschmutzung, Lebensraum, der durch Menschen zerstört wird, etwa wenn Felder zu nah am Fluss bewirtschaftet werden und zu wenig Niederschlag in Zeiten des Klimawandels sind die größten Gefahren für die Meerforelle. Sie haben besonders im Wallensteingraben einen verheerende Effekt, erklärt Steibli. Denn für die gesamte Mecklenburger Bucht sei der zusammen mit der Warnow das größte Reproduktionsgebiet der Meerforelle. "Die liefern den meisten Output - wie wir sagen - an Smolts [abwandernde Jungforellen, Anm. d. Red.], der dann zum Bestand auf See beiträgt."
Viel stünde auf dem Spiel, erklärt Mario Voigt. Gemeinsam mit dem Land und seinen Ämtern würden die Naturschützer seit Jahrzehnten für die Meerforelle kämpfen. Am Wallensteingraben beispielsweise sorgen mittlerweile elf Fischtreppen dafür, dass die Tiere die knapp 40 Höhenmeter auf dem Weg von der Ostsee in ihre Laichgebiete aufzusteigen können. Dass sich die Meerforelle in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt aus eigener Kraft vermehren kann, ist dem landesweiten Besatzprogramm zu verdanken. Seit den 1990er-Jahren unterstützen künstlich nachgezüchtete Meerforellenbrütlinge die Bestände.
Rekordjahr für Wallensteingraben
Die langwierigen Anstrengungen tragen Früchte - das belegen auch die aktuellen Zahlen: 269 Laichgruben hat Mario Voigt auf den rund 18 Bach-Kilometern zwischen Schweriner See und Wismar bislang gezählt. Für den Wallensteingraben ist das schon jetzt ein Rekord. Die Meerforellen-Experten schätzen, dass sie bis Ende Februar auf mehr als 300 Laichgruben kommen. Sie hoffen, dass sich dann schon bald eine neue, starke Meerforellen-Generation auf den Weg macht Richtung Ostsee.