Ein kleines blaues, schief hängendes Hinweisschild mit der Aufschrift "Wahllokal" und einem Pfeil nach rechts an einem Schildermast. © picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE

MV-Trend: Warum ein Drittel am 9. Juni nicht zur Wahl gehen will

Stand: 16.05.2024 06:00 Uhr

Dreieinhalb Wochen vor der Kommunal- und Europawahl in Mecklenburg-Vorpommern ist nur etwas mehr als die Hälfte der Wähler und Wählerinnen fest entschlossen, wählen zu gehen. Nach einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des NDR sagen 56 Prozent der Befragten, sie würden "sicher" ihr Wahlrecht nutzen, weitere sieben Prozent halten eine Teilnahme für "wahrscheinlich".

von Stefan Ludmann

Das Interesse an der Kommunal- und Europawahl ist verhalten, es bewegt sich aber auf dem Stand der vergangenen Abstimmungen. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl bei 57,2 Prozent, für die zeitgleiche Europawahl gaben 58,4 Prozent ihre Stimme ab. Laut Umfrage sagen acht Prozent, sie werden "sicher nicht" abstimmen, 24 Prozent sind skeptisch und halten die eigene Beteiligung für "nicht wahrscheinlich".

Politikverdrossenheit und Desinteresse: Darum wollen Menschen in MV nicht wählen gehen

Politikverdrossenheit ist der ausschlaggebende Grund für die erklärte Nichtwahl. 36 Prozent derjenigen, die nicht abstimmen wollen, nennen eine "Unzufriedenheit mit der Politik" als Ursache, gefolgt von "kein Interesse an der Politik". Die Absicht, wählen zu gehen, ist bei Menschen mit höherer Bildung größer - hier sagen 65 Prozent, dass sie "sicher" wählen gehen werden. Vor allem die Altersgruppe zwischen 50 und 64 Jahren zählt zu denen, die ihr Wahlrecht nutzen wollen. Bei der Europawahl können erstmals auch 16-Jährige wählen, bei der Kommunalwahl gilt Wählen mit 16 Jahren schon seit 1999.

Das ist in MV ausschlaggebend für die Wahlentscheidung

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Die Wähler und Wählerinnen machen ihre Wahlentscheidung bei den Kommunalwahlen davon abhängig, was einzelne Parteien oder Listen zu Sachfragen sagen und welche Kandidaten sie aufstellen. Weniger bedeutend sind der Wahlkampf und die langfristige Bindung an eine Partei. Die Bürger beschäftigt auch der Mangel an Kandidaten in vielen Gemeinden. Als Ursache dafür haben sie ausgemacht, dass es in den Kommunen zu wenig zu entscheiden gibt, ein Viertel der Befragten ist dieser Meinung. Als weitere Erklärung für den Kandidatenmangel folgen Angriffe und Anfeindungen gegen Amtsinhaber (22 Prozent) und zu geringe Anerkennung dieser Wahlämter.

Mobilität und Wirtschaftslage der Gemeinde sind die wichtigsten Themen

Mobilität, Straßen und der Nahverkehr ist für die Menschen das wichtigste Thema bei der Kommunalwahl - 28 Prozent sehen das so. Fast ebenso viele (27 Prozent) nennen die wirtschaftliche Lage in ihrer Gemeinde. Unter den Top 3 rangiert die Integration und Aufnahme von Flüchtlingen mit 17 Prozent etwas abgeschlagen. Ganz unten auf der Agenda stehen die medizinische Versorgung und die Zahl der Kita-Plätze.

 

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Vertrauensverlust: Wer löst die Probleme in den Gemeinden?

Aus der Meinungsumfrage ergibt sich auch, dass ein Großteil der kommunalen Wählerschaft das Vertrauen in die Parteien und ihre Kompetenz, Probleme zu lösen, verloren hat. Ein Drittel der Befragten traut keiner Partei oder Liste zu, die Probleme vor Ort zu lösen. Noch am ehesten setzen die Bürger hier auf die SPD (16 Prozent), nahezu gleichauf liegt die CDU mit 15 Prozent, gefolgt von der AfD mit 14 Prozent. Die Zahl ist bemerkenswert, weil in der jüngsten Umfrage zur Landtagswahl die AfD trotz dieser vergleichsweise niedriger Kompetenzwerte die höchste Zustimmung erreicht. Abgeschlagen bei der Frage nach der Fähigkeit, kommunale Probleme zu lösen, ist die Regierungspartei Die Linke: Nur vier Prozent trauen ihr etwas zu, noch schlechter schneiden die Grünen ab - sie kommen in der Frage nur auf drei Prozent.

34 Jahre nach der Wende: Drei Viertel sehen noch immer Unterschiede

Wie tief der Frust und die Unzufriedenheit bei vielen sitzt, macht ein weiteres Ergebnis deutlich: Gefragt, wie Ost und West 34 Jahre nach der Einheit zusammengewachsen sind, sagt nur gut jeder Fünfte, in Mecklenburg-Vorpommern habe es dieses Zusammenwachsen "sehr stark" oder "stark" gegeben. Dagegen kommen 76 Prozent zu dem Ergebnis, dass sich dieses Zusammenwachsen mit Blick auf Mecklenburg-Vorpommern "weniger stark" oder "gar nicht" eingestellt hat.

 

Die Methodik des MV-Trends im Mai 2024

Durchgeführt wurde die Befragung im Auftrag des NDR in MV von infratest dimap im Erhebungszeitraum vom 2. bis 7. Mai 2024.
Befragt wurden insgesamt 1.177 Wahlberechtigte in MV anhand zufallsbasierter Telefon- und Online-Befragungen (691 Telefoninterviews, 486 Online-Interviews). Die Gewichtung erfolgte nach soziodemografischen Merkmalen und Rückerinnerung des Wahlverhaltens. Da mehr als 1.000 Personen quer durch alle Altersgruppen befragt wurden, ist die Wahlumfrage als repräsentativ einzustufen. Die Schwankungsbreite beträgt zwei Prozentpunkte bei einem Anteilswert von zehn Prozent und fünf Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 16.05.2024 | 06:00 Uhr

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