LNG-Tanker in Mukran: Ist das Terminal konkurrenzfähig?
Das LNG-Terminal Mukran sollte ursprünglich bereits zum Winter 2023/2024 einen Beitrag zur Energieversorgungsicherheit in Deutschland leisten. Doch die Anlage kommt nur langsam in Gang.
Bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas können theoretisch über das LNG-Terminal in Mukran in das deutsche Gasnetz eingespeist werden. Dafür wurden bis zu 110 Schiffsanläufe pro Jahr genehmigt. Doch das Terminal, das gegen den Widerstand vieler Bewohner der Insel Rügen genehmigt wurde, ist derzeit weit davon entfernt, in diese Größenordnungen vorzustoßen. Heute legte der LNG-Tanker "Hellas Diana" am einzigen deutschen Ostsee-Terminal an - als dritte Flüssigerdgas-Lieferung in diesem Jahr. Die letzte Lieferung gab es hier Mitte Mai.
Deutsche ReGas: Take-Or-Pay-Verträge
Kritiker haben große Zweifel, dass sich die Anlage auf Rügen bei den wenigen Lieferungen tatsächlich rechnet. An der Deutschen ReGas prallt diese Kritik ab. Man vermarkte Regasifizierungskapazitäten und keine Gaslieferungen, so ein Sprecher des Unternehmens. "Zwischen der Deutschen ReGas und ihren Kunden bestehen sogenannte 'Take-Or-Pay'-Verträge." Diese Verträge - "Take Or Pay" bedeutet "nehmen oder zahlen" - würden keine Lieferverpflichtung umfassen. Kunden seien damit auch dann zur Zahlung der gebuchten Kapazitäten verpflichtet, wenn sie gebuchte Kapazitäten nicht nutzen, so die Deutsche ReGas.
DUH: Erlöse aus Kapazitätsbuchungen niedriger
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht davon aus, dass Erlöse, die lediglich aus den gebuchten Kapazitäten erzielt werden, weit niedriger sind als die möglichen Einnahmen bei tatsächlichen Lieferungen. Zugleich fielen Charter- und Liegegebühren an. Wie viele Kapazitäten von welchen Kunden in Mukran gebucht sind, das hält die Deutsche ReGas, die als privatwirtschaftliches Unternehmen das Terminal betreibt, unter Verschluss. Solche Informationen würden vertragsrechtliche Beziehungen berühren. Vom Terminalbetreiber heißt es nur, dass man kurz- und langfristige Verträge habe. Anfang Juli musste eine Auktion von Kapazitätsbuchungen abgesagt werden - angeblich wegen technischer Probleme auf der Auktionsplattform.
DUH: Terminal in Mukran nicht konkurrenzfähig
Von einer wirklich ernsthaften Gasmangellage - wie nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine - ist Deutschland derzeit weit entfernt. Die Gasspeicher sind nach Angaben der Bundesnetzagentur zu rund 95 Prozent gefüllt. Mit den LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel verfügt der Bund über leistungsfähige Anlagen. Und die sind für LNG-Tanker, die das Flüssigerdgas aus Übersee nach Deutschland verschiffen, schneller und besser zu erreichen. "Das Terminal in Mukran ist nicht konkurrenzfähig", so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. In Mukran würden zudem dauerhaft Unterhaltungsbaggerungen benötigt, um die ausreichende Tiefe des Hafenbeckens zu gewährleisten.
Auch die Deutsche Energy Terminal GmbH, die als bundeseigenes Unternehmen die Nordsee-Terminals betreibt, musste ihre Kapazitätsauktionen kürzlich mangels Marktnachfrage absagen. "Die Deutsche ReGas ist hier vermutlich in einer noch schlechteren Position", so Müller-Kraenner. Das LNG-Terminal auf Rügen sei "eine teure und unnötige Investitionsruine". Das Terminal leiste mit der aktuellen Auslastung keinen nennenswerten Beitrag zur Erdgasversorgung, heißt es von der DUH, das Terminal hätte nie nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz genehmigt werden dürfen.
Bund: Keine Bürgschaften
Sicherungsgarantien des Bundes für das Terminal auf Rügen gibt es nicht. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums hat der Bund keine Bürgschaften oder Verpflichtungsermächtigungen übernommen. Für eventuelle Verluste beim Betrieb des LNG-Terminals komme der Bund folglich nicht auf, so eine Ministeriumssprecherin in Berlin. Die Deutsche ReGas richtet derweil den Blick auf den Herbst, wenn es kälter wird und der Gasverbrauch in Deutschland wieder steigt. Auch seien die - von Terminalkritikern immer wieder beklagten - Überkapazitäten notwendig, um Gaspreise niedrig zu halten.
Bund: Lage an Gasmärkten extrem volatil
Aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt es, dass die Lage an den Gasmärkten nach wie vor extrem volatil sei. Kleine Vorkommnisse würden die Preise sofort explodieren lassen. Deutschland sei extrem gefährdet, weil der Großteil des Gasbedarfs durch Norwegen gedeckt werde. Eine Havarie oder ein Anschlag auf diese Gasinfrastruktur könnte schnell zu einer Gasmangellage führen.
Tschechien bucht Kapazitäten in Stade
Das Terminal soll auch zu einer stabilen Gasversorgungslage in Südosteuropa beitragen. Allerdings hatte das tschechische Energieunternehmen CEZ seinen Blick auf die Nordsee gerichtet und Ende 2023 LNG-Kapazitäten am Terminal Stade gebucht. Für die Deutsche Umwelthilfe ist daher fraglich, ob eine Versorgung Südosteuropas über Mukran überhaupt erforderlich ist.