Klimastiftung: Warum zahlt Schwesig für PR-Agentur?
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) muss sich wegen ihres Umgangs mit der umstrittenen Klimastiftung neuer Kritik von Opposition und Verbänden stellen. Anlass ist das Engagement einer externen PR-Agentur für die Krisenkommunikation. "Unnötig", so das einhellige Urteil der Kritiker.
Es ist ein wuchtiger Name, der nicht nach Krise klingt, sondern an Abenteuer und Expeditionen erinnert: "365 Sherpas" nennt sich die Agentur aus Berlin-Kreuzberg, die Regierungschefin Schwesig jetzt zur Seite springt. Sherpas sind im Himalaya die Helfer, die Lasten und Ausrüstung tragen, damit Bergsteiger, die das Geld geben, auf den Gipfel kommen. Schwesigs Staatskanzlei hat sich die PR-Sherpas bisher 33.000 Euro kosten lassen. Auf dem Weg zum Gipfel sieht die Opposition sie dennoch nicht.
Vorwurf der CDU: Agentur soll Opposition in Schach halten
CDU und Grüne lehnen den Einkauf der PR-Profis ab. CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow äußerte schon am Wochenende den Verdacht, die Agentur solle dafür sorgen, Medien und Opposition in Schach zu halten - und das mit öffentlichem Geld. Schwesig habe schon in der Vergangenheit versucht, gegen Kritiker vorzugehen, beispielsweise den Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß. Wenn sich die Regierung nichts vorzuwerfen hätte, ginge es auch ohne Kommunikationsagentur, so der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers.
Grüne: Intransparenz wegmoderieren
Die Fraktionsvize der Grünen, Anne Shepley, sieht es ähnlich: Wenn Schwesig endlich Antworten geben würde, dann - so Shepley auf Twitter - "bräuchte sie die Intransparenz nicht weg zu moderieren". Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH), einer der größten Kritiker der Klimastiftung von Beginn an, hält den Einkauf der PR-Agentur für ein durchsichtiges Manöver. Es sei doch verwunderlich, so meint DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner, dass Schwesig die Gründung der Klimastiftung offenbar nicht erklären könne. Die Regierungschefin habe wohl erkannt, dass sie sich mit der Klimastiftung in ein Problem hineingeritten habe, denn dass diese "von Gazprom finanzierte Stiftung angeblich gut für das Klima sei, sei nicht zu erklären", so Müller-Kraenner.
"Wer transparent kommuniziert, braucht keine extra PR"
Dazu kämen die offenen Fragen zu verbrannten Steuerakten und anderen Merkwürdigkeiten - jetzt habe man sich eben Profis reingeholt. Eigentlich gebe es aber nicht viel zu erklären, sondern nur aufzuklären, meint der Chef der Umwelthilfe. Auch der Bund der Steuerzahler hält den Auftrag an die PR-Agentur für überflüssig. Die Staatskanzlei habe ihre eigene Kommunikationsabteilung zuletzt immer stärker ausgebaut. Jetzt werde auf Steuerzahlerkosten auch noch zusätzlich eine Agentur für die Krisenkommunikation engagiert. Die Vize-Landesvorsitzende Diana Behr meinte deshalb: "Wer transparent kommuniziert, braucht keine extra PR".
Schwesig hält externe Unterstützung für legitim
Schwesig wies die Kritik zurück. Die Landesregierung habe durch den Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge um die Klimastiftung durchleuchten soll, mehr Aufwand. "Dass wir uns da Unterstützung holen, halte ich für legitim." Unklar ist die genaue Aufgabenbeschreibung der PR-Profis. Ein Regierungssprecher erklärte, man habe sich "für einen externen Blick" entschieden. Die Agentur arbeitet nach seinen Angaben bereits seit Anfang Mai 2022 für die Landesregierung, auf eine Information der Öffentlichkeit hatte die Landesregierung verzichtet.
Auftragssumme unter Schwellenwert
Die Agentur sei "aufgrund ihrer fachlichen Expertise ausgewählt" worden, so der Sprecher. Eine Ausschreibung oder ein Interessenbekundungsverfahren seien nicht nicht nötig gewesen, weil die Auftragssumme mit höchstens 50.000 Euro pro Jahr unterhalb des EU-Schwellenwertes für freiberufliche Leistungen liege. Der Auftrag ist wahrscheinlich nicht auf ein Jahr beschränkt - die Laufzeit verlängere sich jeweils um weitere zwölf Monate, "wenn der Vertrag nicht gekündigt wird", so die Staatskanzlei. Von einer Kündigung in schon drei Wochen ist keine Rede.
Die Opposition mutmaßt, die PR-Berater von "365 Sherpas" sollen dafür sorgen, das öffentliche Bild der Landesregierung im Zusammenhang mit der Klimastiftung und dem lange Russland-freundlichen Kurs der Ministerpräsidentin zu beeinflussen.
"Wegbegleiter auf dem Weg durch kommunikatives Hochgebirge"
Die 365 Sherpas GmbH ist eine der größeren im Geschäft, mit Sitz in Berlin-Kreuzberg und einer Filiale in Brüssel. Rund 50 Leute sind unter Vertrag. Ein 365-Sherpas-Spezialgebiet sind Krisenkommunikation und "Sondersituationen". In einer solchen steckt die Landesregierung zur Zeit nach allgemeiner Lesart. Die Agentur wirbt unter anderem mit dem Spruch: "Wir sind ihre Wegbereiter und Wegbegleiter auf dem Weg durch kommunikatives Hochgebirge", und sie bietet "kreative politisch-strategische Beratung". Schwesig scheint alles zu versuchen, nach Monaten des Drucks die politischen Geröllfelder und Abbruchkanten hinter sich zu lassen - auch wenn Sherpas dabei die Lasten tragen.