Bundestag: Schlagabtausch zum Chaos rund um Klimastiftung MV
Nachdem sich die Fraktionen bereits in einer Aktuellen Stunde im Bundestag zu den Vorgängen rund um die Klimastiftung MV geäußert haben, reagiert nun auch die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International.
Für die Union eine "Fortführung von Tricksen, Tarnen, Täuschen" und ein "handfester Skandal", für die SPD eine "politische Show". Verschiedene Stimmen sind im Nachgang der Aktuellen Stunde zu den Vorgängen um die Klimastiftung MV und Ministerpräsidentin Schwesigs Rolle dabei bereits laut geworden. Nun schaltet sich auch die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International ein. In einer Erklärung schreibt Transparency International der Aufarbeitung der politischen Netzwerke rund um die russische Gaslobby bundespolitische Relevanz zu. Viele Akteure im Netzwerk der Gaslobby seien ehemalige Bundespolitiker, ein Untersuchungsausschuss im Bundestag könne aufklären. Der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Klimastiftung arbeite bisher schwerfällig - die Landesregierung aber auch die Stiftung müssten reinen Tisch machen.
Landesregierung unter Verdacht
Im Rahmen der Aktuellen Stunde haben Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen transparente Aufklärung und politische Konsequenzen im Fall der Klimastiftung MV sowie mit Blick auf die Rolle von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gefordert. Die Unions-Bundestagsfraktion hatte die Aktuelle Stunde beantragt. Auslöser waren Berichte, wonach eine Beamtin des Finanzamtes Ribnitz-Damgarten eine Steuererklärung der Stiftung in einem Kamin verbrannt haben soll - aus Angst vor persönlichen Konsequenzen. Die Akte galt zuvor als nicht auffindbar. Es wurden Vermutungen laut, die Landesregierung könnte Druck ausgeübt haben. Das hatte diese jedoch zurückgewiesen.
"Ich glaube es nicht"
CDU-Generalsekretär Mario Czaja ließ keinen Zweifel daran, dass er die politische Verantwortung für die Vorgänge rund um die Klimastiftung und die verbrannte Steuerakte bei Schwesig sieht. Was als "seichter Ostseekrimi" begann, sei zu einem "handfesten politischen Skandal" gewachsen. Die Staatskanzlei habe als "Generalunternehmer des Kremls" und "langer Arm Putins" agiert, Schwesig als "Gazprom-Lobbyistin". Die Landesregierung verstricke sich immer tiefer in Widersprüche - zum Schaden von Demokratie und Deutschland. Schwesig als gelernte Steuerfahnderin beteuere, sie habe von den Vorgängen nichts gewusst. "Wer das glauben will, soll es glauben. Ich glaube es nicht." Czaja sprach mit Blick auf die jüngsten Äußerungen von Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD) sowie der scharfen Replik der Klimastiftung auf dessen Äußerungen von einer "Fortführung von Tricksen, Täuschen, Tarnen". "Heute hätte sie Gelegenheit gehabt, für einen klaren Tisch zu sorgen." Diese Chance habe sie verstreichen lassen. "Es fehlt an politischer Hygiene."
Amthor: "Frau Schwesig kann das nicht einfach weglächeln"
Ähnlich äußerte sich der CDU-Parlamentarier aus Vorpommern, Philipp Amthor. Schwesigs Umgang mit den Vorgängen sei bemerkenswert. Sie habe sowohl die Auflösung der Klimastiftung als auch die Weiterleitung des 20 Millionen Euro umfassenden Stiftungskapitals an die Ukraine angekündigt, aber nichts sei passiert. "Eines ist für uns klar - im Landtag wie im Bundestag, Frau Schwesig kann das nicht einfach weglächeln."
Amthor bezichtigt MV-Minister der Lüge
Amthor griff insbesondere Finanzminister Geue an und bezichtigte ihn - und auch Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) - der Lüge: "Warum lügen Schwesigs Minister? Warum hat die Entscheidung über die Schenkungssteuer so lange gedauert? Es war hin und her und vor und zurück. Was haben Sie eigentlich zu verbergen, Frau Schwesig?" Andere Redner zogen mit Verweis auf Amthors Lobby-Affäre dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel. Forderungen nach der Einsetzung eines neutralen Sonderermittlers von außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns, wie sie der Bundestags-Fraktionsgeschäftsführer der Union, Thorsten Frei, jüngst gestellt hatte, wurden in der Aktuellen Stunde aus den Reihen der Union nicht erneuert, allerdings vom aus Ribnitz-Damgarten stammenden FDP-Abgeordneten Hagen Reinhold.
Reinhold: Fehlverhalten darf nicht ohne Konsequenzen bleiben
Reinhold bekräftigte die Forderung nach einer lückenlosen Aufklärung: "Welche politische Erwartungshaltung war mit den 20 Millionen Euro der Stiftung verknüpft?" Denn Russland habe den Stift bei der Stiftungsgründung gehalten. "Die Vorgänge rund um die Stiftung zeigen, dass Vertrauen in die Demokratie verloren gegangen ist." Das Fehlverhalten in der Politik dürfe nicht konsequenzenlos bleiben. Reinhold kritisierte zudem, dass 80 Firmen für 165 Millionen Euro Aufträge von der Stiftung erhalten hätten - "vorbei an jedem Vergaberecht". Reinholds Fraktionskollege Michael Kruse sagte, dass Putin nicht nur Gas-Pipelines, sondern auch Pipelines für Lügen, Propaganda und Fake-News gebaut habe - und diese führten bis in die Staatskanzlei nach Schwerin. Das gelte es aufzuklären. "Es ist ganz klar zuzuordnen, bei welcher Ministerpräsidentin diese Verantwortung liegt. Es ist klar, wer sie tragen sollte."
"Wie konnte dieser Wahnsinn tatsächlich politisch umgesetzt werden?"
Der Grünen-Abgeordnete Sascha Müller nahm SPD und CDU gleichermaßen für das Vorantreiben des Nord-Stream-Baus ins Visier. Die Grünen hatte stets vor dem Bau der Leitung und den Konsequenzen gewarnt. "Wie konnte dieser Wahnsinn tatsächlich politisch umgesetzt werden?", fragte Müller.
"Wir hatten schon eine Autobahn, die im Moor versunken ist. Jetzt ist Schwesigs SPD im Sumpf. Was sind das für Zustände? Das ist doch Bananenrepublik", monierte Leif-Erik Holm von der AfD. Schwesig müsse die offenen Fragen endlich beantworten. Das Ausmaß der Tricksereien werde langsam sichtbar. "Aber wenn es unangenehm wird, duckt sie sich weg."
"Merkel war Mutter von Nord Stream 2"
Redner der SPD, der Linken und der Grünen verwiesen auf die Mitverantwortung der CDU in Land und Bund, die den Pipeline-Bau mitgetragen hätte. "Angela Merkel war in Wahrheit die Mutter von Nord Stream 2", sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende SPD-Abgeordnete Erik von Malottki bezeichnete die Aktuelle Stunde als "politische Show".
Von Malottki attackiert CDU: "Vom Saulus zum Paulus"
Die Union wolle mit ihrem Antrag für die Debatte im Bundestag lediglich Schwesig vorführen und beschädigen. Die Union meine, die ganze Schuld an der verfehlten Russland-Politik auf das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Landesregierung in Schwerin abladen zu können, dabei habe sie hinter dem Bau der Pipeline Nord Stream 2 gestanden. Die Christdemokraten hätten "vom Saulus zum Paulus" eine Wandlung zum "Chef-Ankläger" in der Causa vollzogen, die wenig glaubwürdig sei. Linke und AfD richteten zudem den Fokus auf die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines. Dieses müsse stärker in den Blick genommen werden, aber bei diesem Thema herrsche Stille. Untersuchungen mehrerer Länder zu der mutmaßlichen Sabotage sind noch nicht abgeschlossen.
Beobachter gehen davon aus, dass die Aktuelle Stunde keine unmittelbaren Konsequenzen haben wird. Für die Aufklärung der Vorgänge ist in erster Linie die Staatsanwaltschaft Mecklenburg-Vorpommern zuständig sowie der Parlamentarische Untersuchungsausschuss in Schwerin. Am Freitag steht eine Sondersitzung des Finanzausschusses des Landtags in Schwerin zu dem Thema an.