Backhaus 25 Jahre im Amt: "Cognac gab's nur ein Mal"
Till Backhaus feiert ein Dienstjubiläum, auf das kein anderer Minister in Deutschland kommt. Der Sozialdemokrat ist seit 25 Jahren ununterbrochen im Amt und damit der dienstälteste Minister der Republik.
Ein Portrait von Stefan Ludmann
Er ist einer, der auch mit dem Wort "Instinktpolitiker" nur unzureichend beschrieben ist. Hemdsärmelig, volksnah und gerne rustikal - so kennen ihn viele. Till Backhaus, 64 Jahre alt, geboren in Neuhaus an der Elbe und leidenschaftlicher Sozialdemokrat, hat in mehr als 9.000 Tagen auf dem Ministerstuhl so ziemlich alles erlebt, Höhen und Tiefen gehören dazu. Der Mann, der für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt zuständig ist, gerät selbst in Gefahr, vor lauter Erfahrung den Überblick zu verlieren - auch weil er als "Mann der ersten Stunde" schon seit 1990 im Parlament sitzt.
Kormoran, Biber, Wolf und Weltfrieden
Erschwerend kommt hinzu, dass Backhaus einen Anspruch an sich stellt, der ihn aus der Ministerriege heraushebt. Er führe ein "Lebensministerium", sagt der SPD-Mann und blickt dabei bedeutungsvoll. Backhaus' Verständnis von Politik ist allumfassend: Dazu gehören nicht nur Rinderseuche (lange her), Schweinepest oder Vogelgrippe, da spielen nicht nur Kormoran, Biber und der Wolf eine Rolle - dazu gehört auch der Weltfrieden. Für den hat er sich als eine Art politischer Friedensengel kurz vor seinem Amtsjubiläum stark gemacht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) müsse eine Weltfriedenskonferenz einberufen, forderte Backhaus. Es gehe um nichts weniger als die Zukunft der Menschheit. Das Bundeskanzleramt ließ die Forderung kalt abtropfen, im Netz erntete er Häme, und der Koalitionspartner Die Linke applaudierte.
Kein Verzicht auf Doktortitel, Rosenkrieg mit Ex-Lebensgefährtin
Backhaus denkt auch sonst immer wieder gerne groß: Vor Jahren stellte er den G8-Gipfel in Heiligendamm kurzerhand in Frage, weil im Land kontrovers über die Sicherheitskosten gestritten wurde. Der Minister war immer wieder auch für Schlagzeilen gut, die es in die bunten Blätter schafften: Der Verdacht, bei seiner Doktorarbeit über die Getreideproduktion in Mecklenburg sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, landete mehrfach in den Schlagzeilen - am Ende musste Backhaus nicht auf seinen "Dr." verzichten. Der monatelange Rosenkrieg mit seiner Ex-Lebensgefährtin Mandy W. um Traktor und Audi Q5 beschäftigte sogar die Gerichte. Und ein Fall für die Justiz wurde auch das Handgemenge am Straßenrand, das sich der Rad fahrende Minister mit einem pöbelnden Cabrio-Fahrer aus Berlin lieferte.
Bekanntester Politiker im Land
Backhaus hat alle Skandale und Skandälchen politisch überlebt. Neben seiner Chefin, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, ist er der bekannteste Politiker im Land. Und einer, der beim Wahlvolk noch mehr Rückhalt hat als Schwesig. Ganze 51,5 Prozent holte er in seinem Wahlkreis - der Erststimmen-König liegt damit satte fünf Punkte vor Schwesig. Auch das bescherte ihm bei allen Eskapaden einen gewissen Kündigungsschutz. Einer allerdings zog die Notbremse: Harald Ringstorff, erster SPD-Ministerpräsident im Land, enterbte den Kronprinzen Backhaus und installierte 2008 nicht ihn, sondern seinen Sozialminister Erwin Sellering (SPD) als Nachfolger und neuen Ministerpräsidenten. Backhaus blieb Minister.
Lob von Ministerpräsidentin Schwesig
Und zu seinem runden Dienstjubiläum gab es an diesem Donnerstag ein dickes Lob von der Ministerpräsidentin. "Lieber Till, du hast dich wie kein Zweiter in den letzten 25 Jahren für unser Land reingehängt", sagte Schwesig beim Festempfang zu 25 Jahren SPD-Regierung in Mecklenburg-Vorpommern im Schweriner Schloss. Der Termin fällt mit dem Jubiläum seiner Ministerzeit zusammen. Am Tisch der Ehrengäste in der Mitte des Saals winkte Backhaus ab: Zu viel der Ehre sollte das heißen, aber es war ihm anzusehen, Schwesigs Worte gingen ihm doch runter wie Öl. Und als seine Fraktion ihm zum Minister-Jubiläum einen kleinen Apfelbaum schenkte, zeigte sich Backhaus von seiner sentimentalen Seite. "Das kribbelt wirklich total bei mir im Rücken", sagte Backhaus in die Runde seiner doch meist älteren Genossen, er empfinde Stolz und schränkte gleich ein: "Aber nur ein bisschen".
BUND: Probleme mit Beharrlichkeit gelöst
Lob kommt zum Dienstjubiläum vom BUND. Der Umwelt- und Naturschutzbund meint, manche Probleme für die Natur hat der Minister auch mit der Beharrlichkeit seiner Person gelöst. Für BUND-Geschäftsführerin Corinna Cwielag gehört dazu das Ende des Nothafens Darßer Ort in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft. Bei anderen Projekten allerdings liefert Backhaus in den Augen der Naturschützer nicht: Das neue Landeswassergesetz zum Schutz der Gewässer sei seit drei Jahren überfällig. "Wir wünschen uns, dass der Minister Zugesagtes auch durchzieht", heißt es vom BUND. Cwielag beklagt auch einen Abbau der Naturschutzverwaltung. Die staatlichen Hüter der Naturschätze des Landes seien viel mehr geschrumpft als zum Beispiel die Landwirtschaftsverwaltung.
Bauernverband: "Marke Till Backhaus"
Bauernverbandspräsident Detlef Kurreck, einer der wichtigen Partner und Gegenspieler des Ministers, spricht von einer "Marke Till Backhaus" und einer Ära, die der Minister mit dem Licht und Schatten seiner Persönlichkeit maßgeblich geprägt habe. Am Ende würden sich Verband und Minister auch bei Streitfragen "zusammenraufen". Kurreck verpackt Lob und Tadel in einem Satz: "Er ist in seiner Unberechenbarkeit berechenbar, er hat einen klaren Kurs, der wechselt natürlich und schlägt nach oben und unten aus, aber die Richtung ist zumindest klar bei ihm."
Kritik von Grünenpolitiker Damm
"Fehlanzeige", heißt es da bei Hannes Damm. Eine Richtung kann der Grünen-Abgeordnete und schärfste Kritiker des Ministers im Landtag nicht erkennen. Eine Bilanz nach 25 Jahren Backhaus falle mager aus, das sei angesichts der Versprechen viel zu wenig. Backhaus hänge bei einem besseren Moorschutz oder einer echten Klimapolitik mit mehr Erneuerbaren Energien hinterher. Das Vierteljahrhundert an der Spitze des Ministeriums habe Backhaus nicht genutzt, die Fahne des Ministers drehe sich viel zu oft im Wind, meint Damm, der gerade einmal sechs Jahre alt war als Backhaus 1998 sein Ministeramt antrat.
Wie sieht die Zukunft aus?
Der Polit-Jubilar Backhaus meint gelassen, sein Klimaschutz-Gesetz komme - "wie versprochen". Und mit Blick auf die Zukunft als Minister erklärte er nur: "Nun, schauen wir mal, dass wir die Aufgaben, die wir zu erfüllen haben, gut auf die Reihe bringen." Auch auf Nachfrage wollte er sich nicht in die Karten gucken lassen. "Meine Lebensplanung stimmt, die lasse ich in meinem Herzen und im Verstand."
Am Freitag - zum Silberhochzeitstag im Amt - macht Backhaus kein großes Aufheben, es wird wohl nicht mal angestoßen im Ministerium. Das habe es ohnehin nur einmal gegeben: "Als wir Rügenfisch gerettet haben, da habe ich meinem Staatssekretär einen Cognac eingeschenkt", sagte Backhaus. Am Tag seines Dienstjubiläums hält er gleich nebenan im Schweriner Zoo ein Grußwort zur Jahrestagung des Zooverbandes. Es soll ein normaler Arbeitstag im Kalender des Lebensministers Backhaus werden.