Wölfe in Deutschland: Niedersachsen ist Wolfs-Hotspot

Stand: 02.03.2024 10:51 Uhr

Der Wolf ist seit knapp 20 Jahren auch zurück in Norddeutschland. Landkarten zeigen: Besonders viele Territorien gibt es in Niedersachsen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein leben immer mehr Wölfe.

von Andreas Palik

Ende der 1990er-Jahre wurde Deutschland wieder Wolfsland - nach mehr als 100 Jahren. Damals übertraten Wölfe aus Polen die Grenze zur sächsischen Lausitz und bekamen auf einem Truppenübungsplatz Nachwuchs.

Mittlerweile hat sich der Wolf fast in ganz Deutschland ausgebreitet. Daten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) zeigen: In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Wolfsterritorien hinzugekommen - allein 86 in Norddeutschland. Und vermutlich werden es noch mehr.

Ein Territorium ist der Lebensraum, in dem entweder ein Wolf allein, ein Paar oder ein Rudel - ein Paar mit Welpen - lebt. In einem Territorium lebt in der Regel nur ein Rudel, weil zwischen den Wölfen ein großer Konkurrenzkampf herrscht.

Deutschlands zweitgrößte Wolfs-Population in Niedersachsen

In Niedersachsen gibt es bundesweit nach Brandenburg die größte Wolfspopulation - in insgesamt 55 Territorien. Geht man von durchschnittlich vier Welpen pro Wurf aus, leben in Niedersachsen somit schätzungsweise um die 260 Wölfe und in Mecklenburg-Vorpommern etwa 120. In Schleswig-Holstein leben fünf Tiere. In Hamburg hat sich noch kein Wolf niedergelassen - auch wenn es hin und wieder Hinweise auf einzelne Tiere gibt.

Auf NDR Anfrage bestätigt das Umweltministerium von Niedersachsen, dass es mit einem weiteren Anstieg der Wolfspopulation in den nächsten Jahren rechnet. Wo neue Wolfsterritorien entstehen, ist in Deutschland je nach Region unterschiedlich. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) erklärt, es gebe noch viele unbesiedelte Flächen, die der Wolf besetzen könne.

Wolfsrisse: Konflikt zwischen Artenschutz und Nutztierhaltung

"Für den Natur- und Artenschutz ist die Rückkehr des Wolfes in Deutschland ein großer Erfolg", schreibt ein Sprecher des niedersächsischen Umweltministeriums und weist zugleich auf die Probleme hin. "Mit der Rückkehr des Wolfes und der steigenden Populationszahl wurden im Verhältnis auch mehr Nutztiere gerissen." Im Jahr 2023 haben Wölfe in Niedersachsen über 1.400 Weidetiere gerissen. Laut niedersächsischem Umweltministerium ist das ein Anstieg von 29 Prozent zum Vorjahr. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein melden Landwirte tote Tiere.

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Vor allem wegen der Konflikte mit der Nutztierhaltung wurde der Wolf in Deutschland lange verfolgt und galt seit Mitte des 19. Jahrhunderts als ausgestorben. Heute ist er streng geschützt. Die Länder empfehlen Viehhaltern einen entsprechenden Herdenschutz, zum Beispiel durch ausreichend hohe Zäune. Weidetierhalter können dazu in Wolfsgebieten eine Förderung beantragen. Tötet oder verletzt ein Wolf trotz ausreichendem Herdenschutz ein Tier, zahlen die Länder in der Regel eine Entschädigung.

Ein Holzzaun, der unter Spannung steht. © picture alliance / ANP/ Foto: Vincent Jannink
Für den Schutz der Tiere empfehlen die Länder neben Herdenschutzhunden auch Strom-Zäune, die mindestens 1,20 Meter hoch sind.

Viele Weidetierbesitzer kritisieren, dass die Länder nicht genug zum Schutz ihrer Tiere unternehmen. Regelmäßig werden trotz hoher Zäune Schafe und Rinder gerissen. Auch kommt es vor, dass andere Tiere attackiert werden. Auf dem Hof von Larissa Glass im niedersächsischem Hinte wurden beispielsweise im vergangenen Jahr zwei Pferde von einem Wolf schwer verletzt. Die Tierarztkosten sind höher als die Entschädigungen, so die Pferdehalterin: "Das muss ich jetzt alles selbst bezahlen. Aktuell fühle ich mich allein gelassen von der Politik. Es heißt, Vorgänge sind leicht und unbürokratisch. Das spiegelt meine Erfahrung leider gar nicht wider." Sie fordert, dass die Zahl der Wölfe reduziert wird.

Wolfs-Abschuss nur in Ausnahmen

Obwohl die Population wächst, gibt es für das BfN keine wissenschaftlichen Gründe, die weitere Verbreitung des Wolfes zu kontrollieren. Eine Ausnahme sehen das BfN und die Länder bei sogenannten Problemwölfen, die regelmäßig Nutztiere reißen oder sich Menschen gegenüber auffällig verhalten. Hier gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Regeln zur Entnahme von Tieren - also die Freigabe zum Abschuss. Niedersachsen zum Beispiel plant ein Schnellabschussverfahren, das es erleichtern soll, auffällige Wölfe zu erlegen.

Wenn man einem Wolf begegnet, nicht weglaufen!

Wer in der Natur in einem Wolfsgebiet unterwegs ist, wird eher selten auf einen Wolf treffen. Trotzdem ist das laut Angaben der Länder möglich. Vor allem junge Tiere sind unerfahren in der Begegnung mit Menschen und neugierig. Bei einer Begegnung mit Menschen fliehen die Wölfe in der Regel oder schauen sich kurz zwecks Orientierung um und ziehen sich dann zurück. Dass es zu einem Angriff kommt, ist unwahrscheinlich.

Kommt ein Wolf doch näher, sollte man auf keinen Fall weglaufen, sondern sich ruhig verhalten, langsam rückwärts gehen und dabei sprechen. Erst wenn der Wolf nicht weiterzieht, laut rufen und in die Hände klatschen, um das Tier zu verschrecken. Hunde sollten auf jeden Fall angeleint bleiben. Das BfN bittet darum, eine Begegnung mit einem Wolf an die zuständige Umweltbehörde im Bundesland zu melden.

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NDR Story | 19.02.2024 | 22:00 Uhr

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