Was bedeutet das neue Wahlrecht für die Wahlkreise im Norden?
Bei der Bundestagswahl, die voraussichtlich am 23. Februar stattfindet, gilt ein neues Wahlrecht. Die Folge: Es werden weniger Abgeordnete in den neuen Bundestag einziehen - auch aus Norddeutschland. Welche Auswirkungen hat das?
Eines steht jetzt schon fest: Nach der Bundestagswahl 2025 wird es statt bisher 733 nur noch 630 Bundestagsabgeordnete geben. Den Bundestag in seiner Größe zu begrenzen, war das wichtigste Ziel der Wahlrechtsreform, die die Ampelregierung beschlossen hatte. Das soll erreicht werden, indem es keine Ausgleichs- und Überhangmandate mehr geben wird.
Nicht mehr jeder Wahlkreis-Gewinner kommt in den Bundestag
Das bedeutet: In Zukunft wird nur noch die Zweitstimme darüber entscheiden, wie viele Abgeordnete eine Partei in den Bundestag schicken kann. Das gilt auch, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr an Sitzen nach dem Zweitstimmen-Ergebnis zusteht. Die Bundeswahlleiterin hat berechnet, wie sich der Wahlausgang im Norden verändert hätte, wenn das neue Wahlrecht schon 2021 gegolten hätte. In diesem Fall hätte das bei der vergangenen Bundestagswahl für die SPD in Schleswig-Holstein zur Folge gehabt, dass einer ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag gekommen wäre. In Mecklenburg-Vorpommern wären zwei Wahlkreisgewinner der SPD nicht in den Bundestag eingezogen.
Norddeutschland könnte rund 20 Abgeordnete weniger schicken
Das wird bei der nächsten Wahl, wenn es sehr wahrscheinlich ein anderes Wahlergebnis gibt, natürlich ganz anders aussehen. Wobei eines in jedem Fall schon fest steht: Jedes Bundesland wird weniger Abgeordnete nach Berlin schicken können. Verglichen mit der Wahl im Jahr 2021 werden Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg zusammen etwa rund 20 Abgeordnete weniger entsenden. Das heißt auch, dass es für die Kandidatinnen und Kandidaten aller Parteien wichtiger wird, gute Plätze auf den jeweiligen Landeswahllisten zu bekommen.
Wahlkreis-Prognose für SPD düster
Hinzu kommt, dass sich auch für die Wahlkreis-Bewerber in Norddeutschland die Situation grundlegend geändert hat. Nimmt man die aktuelle politische Stimmung als Maßstab, könnte die SPD vor allem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern viele beziehungsweise fast alle ihre Wahlkreise verlieren - in Niedersachsen und Schleswig-Holstein an die CDU, in Mecklenburg-Vorpommern an die AfD. So zumindest geht es aus der Wahlkreis-Prognose der Plattform "election.de" mit Stand 29. November 2024 hervor.
Das wiederum könnte nach dem neuen Wahlrecht zur Folge haben, dass die CDU in Schleswig-Holstein und die AfD in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht alle Wahlkreis-Gewinner in den Bundestag schicken darf, weil ihnen die nötige Anzahl an Zweitstimmen fehlen könnte. Aber das sind Annahmen auf Grundlage von Prognosen.
18 norddeutsche Bundestagsabgeordnete treten nicht mehr an
Darüber hinaus wird es auch personelle Veränderungen in den Fraktionen geben, weil viele Bundestagsabgeordnete nicht mehr antreten. 18 Bundestagsabgeordnete aus Norddeutschland haben bereits erklärt, dass sie aus dem Bundestag ausscheiden werden. Darunter der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Niels Annen, der ehemalige Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), oder der niedersächsische Grünen-Politiker und Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Stefan Wenzel. Und auch der ehemalige ver.di-Chef Frank Bsirske, der für die niedersächsischen Grünen im Bundestag saß, wird sich mit dieser Legislaturperiode verabschieden.