Neuwahlen: Zuspruch für populistische Parteien bereitet vielen Sorge
Die #NDRfragt-Teilnehmer blicken mit gemischten Gefühlen auf die Wahlen. Der Zuspruch für populistische Parteien und die Wirtschaftslage bereiten große Sorgen. Viele haben aber auch Hoffnung.
Diese Woche hat der Bundestag den Weg für die Neuwahlen im Februar geebnet. Viele Menschen in Norddeutschland blicken mit gemischten Gefühlen auf die vorgezogene Bundestagswahl - vor allem der Zuspruch für populistische Parteien sorgt für Beunruhigung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage von #NDRfragt mit fast 23.000 Norddeutschen hervor.
Bei den meisten ist Sorge das vorherrschende Gefühl (29 Prozent), dahinter folgen Hoffnung (21 Prozent), Unsicherheit (17 Prozent) und Erleichterung (14 Prozent). Die wichtigsten Themen vor der Wahl sind neben dem Zuspruch für populistische Parteien vor allem die derzeitige Wirtschaftslage, die Klimaerwärmung und die Folgen von Trumps Wahlsieg.
Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es als PDF zum Herunterladen.
#NDRfragt-Mitglied Leni (18) aus Mecklenburg-Vorpommern schreibt: "Die AfD bekommt immer mehr Stimmen, vor allem hier in Ostdeutschland. Ich habe einfach Angst, dass sie zu viel Macht in Deutschland bekommt und unsere Demokratie gefährdet wird". Johannes (66) aus Niedersachsen hat die Hoffnung auf stabile Mehrheitsverhältnisse, die eine funktionierende Regierung ermöglichen: "Der ideologisch und parteipolitisch geprägte Streit der Ampel sollte sich nicht wiederholen."
Bei den Themen, die die Befragten derzeit bewegen, gibt es im Norden teilweise große Unterschiede. Weit auseinander gehen die Meinungen etwa bei der Sorge vor einer direkten Beteiligung Deutschlands an Kriegen: Im Osten ruft dies bei 41 Prozent der Befragten Sorge hervor, im Westen nur bei 21 Prozent. Einen ähnlich großen Unterschied gibt es bei dem Thema Zuspruch für populistische Parteien: Für 47 Prozent der Befragten im Westen ist dies eine große Sorge, im Osten sind es 30 Prozent. Bei den Themen Wirtschaftslage und Einwanderung liegen die Zahlen nahe beieinander.
Mehrheit sieht Nominierung von Scholz und Lindner kritisch
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrach Anfang November nach einem erbitterten Streit um die Wirtschaftspolitik und die Schuldenbremse. Am 6. November war dann Schluss: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entließ Christian Lindner (FDP) und besiegelte damit das Ende der Ampel-Koalition.
Obwohl die Regierung zerbrochen ist, haben sich alle Ampel-Parteien für einen Spitzenkandidaten entschieden, der bereits in der gescheiterten Regierung Verantwortung trug. Die meisten Befragten halten das besonders bei Lindner (81 Prozent) und Scholz (73 Prozent) für die falsche Entscheidung. Die Nominierung von Robert Habeck (Grüne) sieht etwas mehr als die Hälfte positiv für den Wahlausgang der Grünen, 45 Prozent sehen sie negativ.
Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden glaubt, dass sich alles in allem die Dinge in Deutschland unter der Ampel-Regierung in die falsche Richtung entwickelt haben. Ein Blick auf die Karte von Norddeutschland zeigt: Die Befragten in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch im westlichen Niedersachsen sind deutlich unzufriedener mit der Ampel-Regierung als etwa die Befragten in großen Ballungsräumen wie Hamburg oder Bremen. Dort überwiegen teilweise die Stimmen, die die Entwicklung unter der Ampel-Regierung positiv sehen.
Wirtschaft: Befragte trauen Aufschwung am ehesten CDU zu
Zumindest wirtschaftlich geht es Deutschland gerade nicht gut, die Bundesregierung rechnet dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung - wie schon im vergangenen Jahr. Den wirtschaftlichen Aufschwung traut ein Drittel der Befragten am ehesten der CDU zu. Mit neuen Schulden? Eine knappe Mehrheit (54 Prozent) ist für die Lockerung der sogenannten Schuldenbremse. Diese sieht eigentlich vor, dass der Staat nur in außergewöhnlichen Notsituationen in größerem Umfang neue Kredite aufnehmen darf. CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz will daran festhalten, schloss zuletzt aber eine Reform nicht komplett aus.
Ehrlichkeit ist Befragten am wichtigsten
Erst monatelanger Streit, dann das Bekanntwerden des FDP-Papiers ("D-Day-Papier") zu einem geplanten Bruch der Koalition: Nicht nur die Ampel-Parteien, auch die Politik als Ganzes hat zuletzt viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren - das wird in den vielen Meinungsbeiträgen der #NDRfragt-Mitglieder deutlich.
"Die meisten Politiker machen Klientelpolitik, die einigen wenigen nützt, aber dem Land schadet", schreibt etwa Paul (44) aus Schleswig-Holstein. Für Julius aus Hamburg müssen Politiker und Politikerinnen ein ehrliches Interesse an Veränderungen haben. "Sie sollten auch Menschen zuhören, aber nicht den öffentlichen Meinungen hinterherlaufen. Vor allem sollten sie bereit sein auch längerfristige Veränderungen anzustoßen, von denen sie nicht direkt profitieren", so der 27-Jährige. Oder wie es Rose (75) aus Hamburg ausdrückt: "Ich möchte wieder an Politiker glauben können. Sie sind vom Volk gewählt und sollten sich auch so verhalten und die Menschen nicht für dumm verkaufen."
Eine Grundtugend rückt damit wieder in den Mittelpunkt: Ehrlichkeit. Für die Mehrheit der Befragten ist es die wichtigste Eigenschaft bei Politikerinnen und Politikern.
Mitarbeit
Umfrageerstellung: Sandra Aïd, Bastian Kießling
Datenanalyse: Lisa Richter
Communitymanagement: Max Nielsen, Ranin Odeh
Wachsende #NDRfragt-Community: Zehntausende Norddeutsche machen mit
#NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Mittlerweile haben sich mehr als 47.000 Norddeutsche für die Community angemeldet. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und wird zu den Umfragen per E-Mail eingeladen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.