Umgang mit Wölfen: "Schutzzäune für die Schafe reichen nicht"

Stand: 02.11.2023 17:30 Uhr

Auch in Norddeutschland läuft die Diskussion: Wie sieht der richtige Umgang mit dem streng geschützten Wolf aus? Denn immer wieder kommt es zu Attacken auf Schafherden. Bei NDR Info Live hat der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern nun ein Umdenken in der Politik gefordert.

Die Rückkehr des Wolfes sei zwar für die Artenvielfalt eine gute Nachricht, meint der Vizepräsident des Bauernverbandes, Manfred Leberecht. "Aber die Frage ist: In welchem Ausmaß gestatten wir das in einer Kulturlandschaft? Wir haben hier schließlich keine Wildnis." 19 Wolfsrudel sind zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern gezählt worden, deutschlandweit sind es 184 Rudel.

Eine Folge: Die Zahl der Wolfsangriffe habe zugenommen, so Leberecht bei NDR Info Live. "In Mecklenburg-Vorpommern haben die Schäfer sehr viel investiert in Herdenschutz: Inzwischen haben wir haben mehr als 50 Prozent der Schafe in geschützten Bereichen." Gemeint sind vor allem Außenflächen mit Elektronetz-Zäunen. Allerdings sei es auch schon vorgekommen, dass Wölfe in Stallanlagen eingedrungen seien, sagt Leberecht. "Das macht uns Sorgen."

Bauernverband will Zahl der Wölfe begrenzen

Ein Wolf blickt zur Seite. © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte
Wölfe sind streng geschützte Tiere, aber für viele Schafhalter im Norden ein großes Problem.

Der Landwirt ist deshalb der Ansicht, dass Herdenschutz allein - etwa durch Elektronetz-Zäune - nicht mehr ausreichend sei. Angesichts der Wolfspopulation, die immer weiter steigt - wenn auch in den vergangenen vier Jahren nicht mehr so stark wie zuvor - betont Leberecht: "Es besteht ganz deutlich Handlungsbedarf!" Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern fordert deshalb ein "regionalspezifisches Bestandsmanagement". Das heißt: Wölfe sollten im begrenzten Umfang gejagt werden dürfen - und zwar nicht nur, wenn ein Wolf auffällig geworden ist, indem er Nutztiere gerissen hat. Ziel wäre, die Zahl der Wölfe zu begrenzen.

Bundesweit Tausende Schafe Opfer von Wölfen

Der Betreiber des Wolfcenters im niedersächsischen Dörverden, Frank Faß, spricht sich bei NDR Info live dafür aus, dass der Herdenschutz für Schafe noch weiter ausgebaut wird. Die Elektronetz-Zäune hätten in den allermeisten Fällen gut gewirkt. Im Jahr 2022 wurden nach Wolfsangriffen bundesweit mehr als 4.300 Nutztiere gezählt, die getötet, verletzt oder verschwunden sind. "Drei Viertel dieser Tiere waren nicht geschützt", sagt Faß bei NDR Info Live. Es sei enorm wichtig, den Schutz der Herden auszubauen.

Viele Hobby-Schafhalter noch ohne Zäune

Der Wolfs-Experte gibt zu bedenken, dass es allein in Niedersachsen mehr als 10.000 Hobby-Schafhalter in 46 Landkreisen gebe. Von diesen hätten sicherlich noch nicht alle bestimmte Herdenschutz-Maßnahmen umgesetzt, so Faß. "Wir werden in Zukunft noch mehr gerissene, verletzte und verschwundene Nutztiere haben, wenn wir nicht endlich Gas geben und flächendeckend Schutzzäune aufbauen." Das sei eine große Aufgabe, die viel Geld koste. "Aber da kommen wir nicht drum herum," meint Faß.

Unantastbarkeit der Wolfsrudel steht infrage

Vor Kurzem hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) das erleichterte Abschießen von Wölfen in Aussicht gestellt und entsprechende Vorschläge präsentiert. Doch noch sieht die Praxis anders aus: Das Verwaltungsgericht Hannover hat erst vor wenigen Tagen den Abschuss eines Wolfes gestoppt. Grund war nach Angaben des Gerichts ein Eilantrag von Naturschützern des Vereins "Freundeskreis freilebender Wölfe".

Eine Nachricht, die einige Nutztier- und Weidetier-Halterinnen und -Halter verärgern dürfte. Viele von Ihnen haben inzwischen fast täglich mit Wölfen zu tun. Und längst reißen die Raubtiere nicht mehr nur Schafe oder Ziegen, sondern auch Rinder oder Pferde. Während Kritiker der Politik Untätigkeit vorwerfen, verteidigen Naturschützer die bisherige Unantastbarkeit der Rudel.

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