Umweltministerin Lemke will schnellen Abschuss von Wölfen erleichtern
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will schnellere Abschüsse von Wölfen erleichtern, um Schafe und andere Weidetiere zu schützen.
Künftig soll nach dem Riss eines Weidetieres 21 Tage lang auf Wölfe geschossen werden dürfen, die sich im Umkreis von 1.000 Metern von einer Rissstelle aufhalten. Anders als bisher müsse dafür nicht das Ergebnis einer DNA-Analyse abgewartet werden, erklärte Lemke am Donnerstag in Berlin. Dieser Weg sei praktikabel und unkompliziert ohne nationale oder europäische Gesetzesänderungen umsetzbar.
Zur nächsten Weidesaison soll die neue Regel gelten
Lemke sagte, der Prozess zu einer Abschussgenehmigung habe bisher zu lange gedauert. Jetzt soll der Verwaltungsaufwand reduziert werden. Ziel sei eine schnelle Regelung für die Tierhalter, da mit wachsenden Wolfspopulationen zunehmend Risse zu verzeichnen seien.
Konkret sieht Lemkes Vorschlag vor, dass die Bundesländer bestimmte Regionen mit vermehrten Rissen durch Wölfe festlegen. Die Bundesumweltministerin will ihre Pläne nun mit den Ländern beraten und auf einer Umweltministerkonferenz Ende November beschließen. Ziel sei, dass die Regelungen zur nächsten Weidetiersaison zu Beginn des neuen Jahres greifen.
Länder befürworten Vorschlag - mit Einschränkungen
Die Politik in Niedersachsen befürwortet den Vorschlag Lemkes generell. Er bringe einen großen Fortschritt für mehr Schnelligkeit und Praxistauglichkeit bei der Entnahme von Wölfen, die landwirtschaftliche Schäden verursachen, so Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne). "Ein einstimmiger Beschluss der Umweltministerkonferenz für dieses Verfahren und dann werden wir das so schnell wie möglich auch in Niedersachsen in die Praxis umsetzen und dann auch realiseren", kündigte Niedersachsens Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) an.
Christoph Willeke, Sprecher für Wolfspolitik der SPD-Landtagsfraktion, schränkte ein: "Ich bleibe bei unserer Forderung, den Wolf genau wie andere Tierarten auch dann bejagen zu können, wenn noch kein Riss passiert ist. Denn eine Entnahme nach einem Riss ist kein Bestandsmanagement, sondern die Entnahme von Problemwölfen." Genau das bemängelt auch der Verband der Lüneburger Heidschnuckenzüchter. Es brauche "wolfsfreie Zonen", wo Herdenschutz schwierig sei, wie an Deichen oder in der Heide, so der Vorsitzende Carl Wilhelm Kuhlmann. Zustimmung dazu gab es aus der CDU. Agrarpolitiker Marco Mohrmann sagte: "Der Wolfsbestand in Niedersachsen ist schlicht und ergreifend zu hoch. Da müssen wir ganz grundsätzlich ran." Es brauche eine effektive Bejagung.
Forderung nach bundeseinheitlicher Regelung
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) sagte: "Die Vorschläge der Ministerin gehen in die richtige Richtung." Ihm sei aber wichtig, dass die neuen Regeln bundesweit gelten würden. "Aus meiner Sicht wäre eine Regelung im Bundesnaturschutzgesetz oder eine Bundesverordnung angezeigt", erklärte Backhaus.
Diesen Aspekt hebt auch Hauke Göttsch, jagdpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein, hervor: "Entscheidend ist, dass die Umsetzung Ländersache sein wird. Hier wird das Umweltministerium also gefordert sein, zeitnah entsprechende Umsetzungsvorschläge vorzubereiten." Zusammenfassend sei der Vorschlag ein praktikabler Weg, die Weidetierhaltung in Schleswig-Holstein stärker zu schützen. Die für das Land geplante Aufnahme ins Jagdrecht sei da eine wirkungsvolle Ergänzung, so Göttsch.
Ob Lemkes Vorschlag hier überhaupt zur Anwendung kommen würde, ist allerdings unklar. Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sagte: "Der Vorschlag zielt vor allem auf Regionen mit hohem Rissaufkommen und hohen Wolfsdichten ab, also nicht auf Schleswig-Holstein." Generell teile er die Einschätzung der Bundesumweltministerin: "Weidetierhaltung ist wichtig für den Schutz der Natur und den Erhalt der Kulturlandschaft und muss mit der Rückkehr des Wolfes in Einklang gebracht werden."
In Deutschland leben mehr als 1.300 Wölfe
Bundesweit gibt es rund 185 Rudel mit insgesamt mehr als 1.300 Wölfe. Sie gelten als streng geschützte Wildtiere und dürfen nicht bejagt werden. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehr als 4.000 Weidetiere durch Wolfsangriffe verletzt oder getötet. Das Wolfsvorkommen konzentriert sich im Norden vor allem auf Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.