Sturmtief "Poly": Bahnverkehr stabilisiert sich nach Unwetter
Das Sturmtief "Poly" ist am Mittwoch mit stürmischem Wind und orkanartigen Böen über Norddeutschland gezogen. Im Emsland starb eine Frau. In Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein war der Bahnverkehr beeinträchtigt - im Nordwesten Niedersachsens und rund um Bremen war der Zugverkehr auch noch am Donnerstag eingeschränkt. Insgesamt halten sich die Sturmschäden aber in Grenzen.
Für Nord- und Ostsee sowie das angrenzende Binnenland - einschließlich Bremen und Hamburg - hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) im Vorfeld vor Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 km/h gewarnt. Maximal gemessen wurden schließlich 119 Kilometer pro Stunde am Strand von Esens-Bensersiel in Ostfriesland.
Nach und nach gab der DWD dann am Mittwochabend Entwarnung: Zunächst wurde die Unwetterwarnung für das nördliche Emsland und Ostfriesland in Niedersachsen aufgehoben, danach in Hamburg und schließlich um 22 Uhr für die Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Grund für das Unwetter war das Sturmtief "Poly", das von den Niederlanden in Richtung Dänemark zog.
Wetter-Experte: "Solch ein Orkan im Sommer tritt alle 30 Jahre auf"
Das Gefahrenpotenzial eines solchen Sturms sei im Sommer deutlich größer als im Winter, weil Bäume voll belaubt und damit anfälliger fürs Umstürzen seien und außerdem viel mehr Menschen im Freien seien, erklärte Wetter-Experte Frank Böttcher bei NDR Info live. "Solch ein Orkan im Sommer tritt alle 30 Jahre auf. Das ist wirklich ein sehr seltenes Ereignis."
Am Wochenende wird es heiß
Der Sturm hat sich inzwischen gelegt. "Am Donnerstag werden wir in Norddeutschland vom Sturm nichts mehr spüren", wie ein Sprecher des DWD sagte. Der Sommer kehrt dann mit etwas Anlauf in den Norden zurück: Am Donnerstag wechselte sich starke Bewölkung mit einzelnen Schauern oder kurzen Gewittern ab, dazwischen gab es sonnige Abschnitte. Die Temperaturen kletterten auf bis zu 24 Grad. Am Freitag, Sonnabend und Sonntag scheint wieder sehr oft die Sonne, die Temperaturen klettern am Wochenende auf bis zu 32 Grad.
Spaziergängerin in Rhede von Baum erschlagen
Ein schweres Unglück während des Sturmtiefs "Poly" ereignete sich im niedersächsischen Rhede (Landkreis Emsland): Dort stürzte ein Baum auf eine Frau, die mit ihrem Hund draußen war. Nach Polizeiangaben verstarb die 64-Jährige noch vor Ort, der Hund blieb unverletzt. Im niederländischen Haarlem bei Amsterdam starb nach Polizeiangaben eine 51-jährige Frau, als ein Baum auf ihr Auto fiel.
Bahnverkehr im Nordwesten Niedersachsens und um Bremen normalisiert sich
Der Bahnverkehr im Nordwesten Niedersachsens und rund um Bremen war nach dem Sturm auch am Donnerstag noch eingeschränkt. Zwischen Norddeich und Emden fuhren laut Bahn bis zum späten Nachmittag keine Züge. Auch die Strecke zwischen Norddeich und Bremen war wegen Sturmschäden gesperrt. Mittlerweile sind die wetterbedingten Reparaturarbeiten nach Angaben einer Bahnsprecherin abgeschlossen. Nur vereinzelt könne es noch zu Verzögerungen kommen, bis sich der Fahrplan wieder reguliert habe.
Insgesamt gab es viele wetterbedingte Ausfälle im Nah- und Fernverkehr der Bahn. Unter anderem war der Fernverkehr in die Niederlande zwischenzeitlich unterbrochen. Im Norden waren laut eines Bahnsprechers unter anderem zwischen Emden und Leer mehrere Bäume auf Gleise oder in Oberleitungen gestürzt. Die Folge waren auch hier Zugausfälle und Verspätungen. Einschränkungen gab es zudem zwischen Bremen und Bremerhaven.
Teilweise drosselten die Züge ihre Geschwindigkeit, zum Beispiel die Metronom-Züge zwischen Bremen und Hamburg. Auch in Schleswig-Holstein kam es zu Verspätungen und mehreren Ausfällen im Zugverkehr durch umgestürzte Bäume - unter anderem auf der Strecke zwischen Hamburg und Westerland sowie zwischen Hamburg und Flensburg, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Die Nordbahn hatte ihren Betrieb zwischenzeitlich sogar komplett eingestellt und einen Busersatzverkehr eingerichtet.
Niedersachsen: Viele zu tun für Polizei und Feuerwehr in Küstenregion
Die Einsatzkräfte in Niedersachsen mussten im Laufe des Tages zu Hunderten Einsätzen ausrücken, besonders in der Küstenregion. Dächer wurden beschädigt, Äste brachen ab und fielen auf parkende Autos, entwurzelte Bäume blockierten Straßen und Schienen. In Oldenburg wurden zwei städtische Mitarbeiter bei Räumungsarbeiten von einem herabstürzenden Ast verletzt. Auf der Huntebrücke auf der A29 wehte der Wind am späten Nachmittag einen Lkw um, der Fahrer blieb unverletzt. Viele Fähren zu den ostfriesischen Inseln fuhren nach Angaben der Betreiber ab Mittwochmittag nur eingeschränkt oder blieben gleich im Hafen.
Schleswig-Holstein: Umgestürzte Bäume auf der A210
Gleich zu mehreren durch den Sturm umgestürzten Bäumen auf der Autobahn 210 musste die Feuerwehr am Nachmittag zu Einsätzen ausrücken. Betroffen war demnach die Strecke sowohl in Richtung Kiel als auch in Richtung Rendsburg. Größere Sturmschäden wurden aber - trotz vieler Einsätze etwa im Kreis Pinneberg - auch aus Schleswig-Holstein bis zum späten Abend nicht gemeldet.
Der Fährfahrplan auf die nordfriesischen Inseln und Halligen war schon am Vormittag durcheinandergeraten, viele Verbindungen fielen aus. Am Donnerstag werden die Schiffe aber wieder nach Plan fahren können.
Hamburg: Einsatzkräfte atmen auf
Auch in Hamburg richtete "Poly" nach Angaben der Behörden offenbar keine schwereren Schäden an. Es habe zwar viele Einsätze gegeben, allerdings gebe es keine Meldungen über Schwerverletzte, so ein Polizeisprecher. Die Hamburger Feuerwehr musste bis zum Abend zu etwa 170 meist kleineren Unwettereinsätzen ausrücken. "Es ist relativ glimpflich ausgegangen", sagte ein Sprecher.
Mecklenburg-Vorpommern: Keine größeren Schäden
In Mecklenburg-Vorpommern erreichte der starke Wind nur den Westen Mecklenburgs und richtete keine größeren Schäden an. Die Leitstelle Westmecklenburg in Schwerin meldete am späten Nachmittag lediglich etwas mehr als zehn Einsätze wegen umgestürzter Bäume. Die Organisatoren der Warnemünder Woche verschoben wegen der Sturm- und Orkanwarnungen einen geplanten Segelwettbewerb. Man wolle kein Risiko eingehen, sagte ein Sprecher.