VIDEO: Historischer Sommersturm sorgt für Chaos im Norden (13 Min)

Sturmtief "Poly": Bahnverkehr stabilisiert sich nach Unwetter

Stand: 06.07.2023 17:39 Uhr

Das Sturmtief "Poly" ist am Mittwoch mit stürmischem Wind und orkanartigen Böen über Norddeutschland gezogen. Im Emsland starb eine Frau. In Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein war der Bahnverkehr beeinträchtigt - im Nordwesten Niedersachsens und rund um Bremen war der Zugverkehr auch noch am Donnerstag eingeschränkt. Insgesamt halten sich die Sturmschäden aber in Grenzen.

Für Nord- und Ostsee sowie das angrenzende Binnenland - einschließlich Bremen und Hamburg - hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) im Vorfeld vor Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 km/h gewarnt. Maximal gemessen wurden schließlich 119 Kilometer pro Stunde am Strand von Esens-Bensersiel in Ostfriesland.

Nach und nach gab der DWD dann am Mittwochabend Entwarnung: Zunächst wurde die Unwetterwarnung für das nördliche Emsland und Ostfriesland in Niedersachsen aufgehoben, danach in Hamburg und schließlich um 22 Uhr für die Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Grund für das Unwetter war das Sturmtief "Poly", das von den Niederlanden in Richtung Dänemark zog.

Wetter-Experte: "Solch ein Orkan im Sommer tritt alle 30 Jahre auf"

Das Gefahrenpotenzial eines solchen Sturms sei im Sommer deutlich größer als im Winter, weil Bäume voll belaubt und damit anfälliger fürs Umstürzen seien und außerdem viel mehr Menschen im Freien seien, erklärte Wetter-Experte Frank Böttcher bei NDR Info live. "Solch ein Orkan im Sommer tritt alle 30 Jahre auf. Das ist wirklich ein sehr seltenes Ereignis."

Am Wochenende wird es heiß

Der Sturm hat sich inzwischen gelegt. "Am Donnerstag werden wir in Norddeutschland vom Sturm nichts mehr spüren", wie ein Sprecher des DWD sagte. Der Sommer kehrt dann mit etwas Anlauf in den Norden zurück: Am Donnerstag wechselte sich starke Bewölkung mit einzelnen Schauern oder kurzen Gewittern ab, dazwischen gab es sonnige Abschnitte. Die Temperaturen kletterten auf bis zu 24 Grad. Am Freitag, Sonnabend und Sonntag scheint wieder sehr oft die Sonne, die Temperaturen klettern am Wochenende auf bis zu 32 Grad.

Spaziergängerin in Rhede von Baum erschlagen

Ein schweres Unglück während des Sturmtiefs "Poly" ereignete sich im niedersächsischen Rhede (Landkreis Emsland): Dort stürzte ein Baum auf eine Frau, die mit ihrem Hund draußen war. Nach Polizeiangaben verstarb die 64-Jährige noch vor Ort, der Hund blieb unverletzt. Im niederländischen Haarlem bei Amsterdam starb nach Polizeiangaben eine 51-jährige Frau, als ein Baum auf ihr Auto fiel.

Bahnverkehr im Nordwesten Niedersachsens und um Bremen normalisiert sich

Der Bahnverkehr im Nordwesten Niedersachsens und rund um Bremen war nach dem Sturm auch am Donnerstag noch eingeschränkt. Zwischen Norddeich und Emden fuhren laut Bahn bis zum späten Nachmittag keine Züge. Auch die Strecke zwischen Norddeich und Bremen war wegen Sturmschäden gesperrt. Mittlerweile sind die wetterbedingten Reparaturarbeiten nach Angaben einer Bahnsprecherin abgeschlossen. Nur vereinzelt könne es noch zu Verzögerungen kommen, bis sich der Fahrplan wieder reguliert habe.

Umgestürzte Bäume und Äste liegen auf den Gleisen der Bahnstrecke zwischen Bremen und Hamburg. © dpa-Bildfunk Foto: Jörn Hüneke
Auch auf der Strecke zwischen Bremen und Hamburg behinderten umgestürzte Bäume den Bahnverkehr.

Insgesamt gab es viele wetterbedingte Ausfälle im Nah- und Fernverkehr der Bahn. Unter anderem war der Fernverkehr in die Niederlande zwischenzeitlich unterbrochen. Im Norden waren laut eines Bahnsprechers unter anderem zwischen Emden und Leer mehrere Bäume auf Gleise oder in Oberleitungen gestürzt. Die Folge waren auch hier Zugausfälle und Verspätungen. Einschränkungen gab es zudem zwischen Bremen und Bremerhaven.

Teilweise drosselten die Züge ihre Geschwindigkeit, zum Beispiel die Metronom-Züge zwischen Bremen und Hamburg. Auch in Schleswig-Holstein kam es zu Verspätungen und mehreren Ausfällen im Zugverkehr durch umgestürzte Bäume - unter anderem auf der Strecke zwischen Hamburg und Westerland sowie zwischen Hamburg und Flensburg, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Die Nordbahn hatte ihren Betrieb zwischenzeitlich sogar komplett eingestellt und einen Busersatzverkehr eingerichtet.

Niedersachsen: Viele zu tun für Polizei und Feuerwehr in Küstenregion

Die Einsatzkräfte in Niedersachsen mussten im Laufe des Tages zu Hunderten Einsätzen ausrücken, besonders in der Küstenregion. Dächer wurden beschädigt, Äste brachen ab und fielen auf parkende Autos, entwurzelte Bäume blockierten Straßen und Schienen. In Oldenburg wurden zwei städtische Mitarbeiter bei Räumungsarbeiten von einem herabstürzenden Ast verletzt. Auf der Huntebrücke auf der A29 wehte der Wind am späten Nachmittag einen Lkw um, der Fahrer blieb unverletzt. Viele Fähren zu den ostfriesischen Inseln fuhren nach Angaben der Betreiber ab Mittwochmittag nur eingeschränkt oder blieben gleich im Hafen.

Weitere Informationen
Umgestürzte Bäume und Äste liegen auf den Gleisen der Bahnstrecke zwischen Bremen und Hamburg. © dpa-Bildfunk Foto: Jörn Hüneke

Sturmtief "Poly": Probleme bei der Bahn sind behoben

Wegen Sturmschäden war unter anderem die Zugstrecke zwischen Norddeich Mole und Oldenburg gesperrt. mehr

Schleswig-Holstein: Umgestürzte Bäume auf der A210

Gleich zu mehreren durch den Sturm umgestürzten Bäumen auf der Autobahn 210 musste die Feuerwehr am Nachmittag zu Einsätzen ausrücken. Betroffen war demnach die Strecke sowohl in Richtung Kiel als auch in Richtung Rendsburg. Größere Sturmschäden wurden aber - trotz vieler Einsätze etwa im Kreis Pinneberg - auch aus Schleswig-Holstein bis zum späten Abend nicht gemeldet.

Der Fährfahrplan auf die nordfriesischen Inseln und Halligen war schon am Vormittag durcheinandergeraten, viele Verbindungen fielen aus. Am Donnerstag werden die Schiffe aber wieder nach Plan fahren können.

Weitere Informationen
Ein auf eine Straße gestürzter Baum wird mit einer Säge bearbeitet. © dpa Foto: Daniel Bockwoldt

Unwetter "Poly" in SH: Größere Schäden sind ausgeblieben

Einsätze gab es vor allem durch umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste. Einige Züge im Regionalverkehr fielen aus. mehr

Hamburg: Einsatzkräfte atmen auf

Auch in Hamburg richtete "Poly" nach Angaben der Behörden offenbar keine schwereren Schäden an. Es habe zwar viele Einsätze gegeben, allerdings gebe es keine Meldungen über Schwerverletzte, so ein Polizeisprecher. Die Hamburger Feuerwehr musste bis zum Abend zu etwa 170 meist kleineren Unwettereinsätzen ausrücken. "Es ist relativ glimpflich ausgegangen", sagte ein Sprecher.

Weitere Informationen
Ein Feuerwehrmann sägt an einem Baum. © Screenshot

Sturmtief "Poly": Viele Einsätze, aber keine größeren Schäden

Der Deutsche Wetterdienst hatte vor kräftigen Sturmböen gewarnt. In Hamburg gab es rund 170 zumeist kleinere Feuerwehreinsätze. mehr

Mecklenburg-Vorpommern: Keine größeren Schäden

In Mecklenburg-Vorpommern erreichte der starke Wind nur den Westen Mecklenburgs und richtete keine größeren Schäden an. Die Leitstelle Westmecklenburg in Schwerin meldete am späten Nachmittag lediglich etwas mehr als zehn Einsätze wegen umgestürzter Bäume. Die Organisatoren der Warnemünder Woche verschoben wegen der Sturm- und Orkanwarnungen einen geplanten Segelwettbewerb. Man wolle kein Risiko eingehen, sagte ein Sprecher.

Weitere Informationen
Touristen gehen bei stürmischem Wetter an der Ostseeküste auf der Insel Usedom über die Seebrücke. © dpa Foto: Stefan Sauer

Keine größeren Schäden durch Sturmtief "Poly" in MV

Die Feuerwehr musste im ganzen Land nur selten ausrücken. Vereinzelt knickten Bäume um. mehr

Weitere Informationen
Eine Herbstwiese ist von dunklen Wolken überzogen. © Matthias Schwenke Foto: Matthias Schwenke

Wetter: Vorhersage und Regenradar für Norddeutschland

Das Wetter in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen: Vorhersage, Regenradar, PLZ-Suche und Unwetterwarnungen. mehr

Überflutete Straßen in Kellinghusen. © NDR Foto: Daniel Friederichs

Sturm und Unwetter: Welche Versicherung zahlt für Schäden?

Kaputte Dächer, beschädigte Autos, Wasser in Haus und Keller. Welche Versicherungen kommen bei Unwetterschäden auf? mehr

Sturm an der Ostsee © NDR Foto: Frank Hojenski aus Rostock

Sturm-Stärken: Von Windstille bis zum Orkan

Die Stärke des Windes wird in Beaufort gemessen. Die Sturm-Skala reicht von Windstille bis Orkan. Unsere Bildergalerie verrät, wie sich die einzelnen Stufen unterscheiden. Bildergalerie

Das Logo der Apps KATWARN und NINA. © NDR

Cell Broadcast und Warn-Apps NINA und KATWARN melden Gefahren

Cell Broadcast und Apps wie NINA und KATWARN warnen vor Gefahren wie Unwettern. Was melden sie und wie funktionieren sie? mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | NDR Info | 06.07.2023 | 06:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Sturm

Extremwetter

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

NDR Info auf WhatsApp - wie abonniere ich die norddeutschen News?

Informieren Sie sich auf dem WhatsApp-Kanal von NDR Info über die wichtigsten Nachrichten und Dokus aus Norddeutschland. mehr

Eine Frau hält ein Smarthphone in die Kamera, auf dem Display steht "#NDRfragt" © PantherMedia Foto: Yuri Arcurs

#NDRfragt - das Meinungsbarometer für den Norden

Wir wollen wissen, was die Menschen in Norddeutschland bewegt. Registrieren Sie sich jetzt für das Dialog- und Umfrageportal des NDR! mehr

Mehr Nachrichten

Ein Polizist geht über den gesperrten Weihnachtsmarkt in Magdeburg. © dpa Foto: Sebastian Kahnert

Mutmaßlicher Täter von Magdeburg drohte in MV mit "Ereignissen"

Taleb A. lebte von 2011 bis 2016 in Stralsund. In einem Streit mit der Ärztekammer sprach der heute 50-Jährige schwere Drohungen aus. mehr