VIDEO: E-Autos: Hat Deutschland den Anschluss verpasst? (13 Min)

"Oha! Zwei Welten an einem Tisch": Sind E-Autos die beste Lösung?

Stand: 10.02.2025 14:29 Uhr

Ein spannendes Thema, zwei gegensätzliche Meinungen. Das ist die Idee für das Dialog-Format "oha! Zwei Welten an einem Tisch" anlässlich der Bundestagswahl. NDR Info bringt dafür jeweils zwei Menschen aus dem Norden zusammen - zu insgesamt vier Themen. Hier geht's um die Verkehrswende.

Der Klimaschutz ist eines der drängendsten Themen unserer Zeit. Bei der Mobilitätswende sind E-Autos ein wichtiger Baustein. Angesichts der schlechten Verkaufszahlen deutscher Autobauer - wie etwa bei Volkswagen - gibt es Parteien, die sich im Bundestagswahlkampf dafür aussprechen, das EU-weite "Verbrenner-Aus" bei Neuzulassungen ab dem Jahr 2035 aufzuweichen. Sind E-Autos die beste Lösung? Darüber debattieren Ina Loth und Roman Reinert bei "oha! Zwei Welten an einem Tisch".

Ina Loth ist begeistert vom E-Auto

Ina Loth steht in ihrer Garage vor dem E-Auto und der Wallbox. © NDR Foto: Marc-Oliver Rehrmann
Lehrerin Ina Loth kann ihr E-Auto in der Garage praktischerweise mit Strom aus der eigenen Photovoltaik-Anlage laden.

Ina Loth aus Barsinghausen ist viel im E-Auto unterwegs. An einem normalen Wochentag legt die Physik-Lehrerin gut 100 Kilometer zurück. Denn eine Fahrt zu ihrer Schule im Norden Hannovers macht schon 45 Kilometer aus. Hinzu kommen weitere Fahrten in der Freizeit oder zum Einkaufen. Vor knapp vier Jahren hat sie sich den Wagen zusammen mit ihrem Mann angeschafft - und ist sehr zufrieden mit ihrer Wahl: "Ich finde es sehr angenehm, dass das Auto so leise ist im Vergleich zu Verbrenner-Autos. Man kann gut nebenbei Musik hören, man kann entspannter telefonieren. Und das Fahrgefühl ist auch super."

"Für mich ist das E-Auto die optimale Lösung." Ina Loth

Die 36-Jährige lädt ihr E-Auto zu Hause in der Garage - mit einer Wallbox. "Im Sommer lade ich alle drei bis vier Tage, im Winter - wenn der Verbrauch höher ist - eher alle zwei Tage." Fürs Portemonnaie ist es gut, dass der Strom aus der eigenen Solaranlage kommt. "Die Stromkosten sind im Vergleich zu den Benzinkosten gut und gerne um die Hälfte günstiger."

Roman Reinert fährt lieber noch einen Verbrenner

Roman Reinert steht in einem Waldgebiet vor seinem Auto und schaut in die Kamera. © NDR Foto: Anina Pommerenke
Roman Reinert aus Schenefeld hält noch an seinem Verbrenner-Auto fest.

Roman Reinert hingegen findet den Hype um E-Autos kritisch: "E-Mobilität ist für einige Parteien und Menschen das Nonplusultra. Ich sehe das anders." Der 48-Jährige aus Schenefeld bei Hamburg fährt nach wie vor einen Benziner - hauptsächlich für Fahrten zur Arbeit nach Hamburg, für Familien-Einkäufe und den Urlaub im Süden. Auf Dienstreisen ist er aber auch schon mal ein E-Auto gefahren.

Das Laden der E-Autos findet Reinert umständlich und zeitraubend: "Ich will nicht für 30 bis 45 Minuten an der Autobahn halten und mir mit zwei Kaffee für je fünf Euro die Zeit vertreiben."

"Das Thema E-Auto ist mir zu sehr auf den Altar gehoben." Roman Reinert

Eine eigene Wallbox könne der Schenefelder auch nicht ohne Weiteres einrichten: "Mein Energieversorger hat mir mitgeteilt: Wenn in unserer Straße noch drei Wallboxen hinzukommen, fängt die Straße an zu glühen, weil die Stromkabel dafür nicht ausgelegt sind."

Wie sind die Teilnehmenden der "oha!"-Debatten ausgewählt worden?

Bei "oha! Zwei Welten an einem Tisch" treffen in einer Hamburger Kneipe zwei Menschen aufeinander, die sich zuvor nicht kannten. Sie diskutieren über ein Thema, das ihnen am Herzen liegt. Wichtig ist dabei: Sie vertreten gegensätzliche Positionen. In dem persönlichen Gespräch geht es um mehr als nur Argumente: Persönliche Erfahrungen, Werte und Lebenswege der Gäste spielen eine zentrale Rolle und zeigen, warum Menschen bestimmte Überzeugungen vertreten. Die Teilnehmenden sind vorrangig über die Umfrage-Plattform #NDRfragt ausgewählt worden.

So lief die "oha!"-Debatte über E-Autos

Beim Zusammentreffen von Roman Reinert und Ina Loth versucht sie, ihn von den Vorzügen ihres E-Autos zu überzeugen: "Der Wagen stößt bei der Fahrt kein schädliches CO2 aus, außerdem macht es einfach Spaß." Roman Reinert räumt ein, dass sich E-Autos gut fahren lassen. Aber die eher geringen Reichweiten und die schlechte Lade-Infrastruktur seien einfach zwei Punkte, die ihn beschäftigen: "Ich habe keine Lust, ständig laden zu müssen. Ich will ja auch mal ankommen." Ein schlechtes Gewissen, dass er weiterhin ein Verbrenner-Auto besitzt, habe er nicht: "Es ist gut, dass wir in einem Land leben, in dem mir niemand vorschreiben kann, welches Auto ich fahre."

Das oft gehörte Loblied auf E-Autos empfindet Roman Reinert als heuchlerisch: "Ob E-Autos in der Gesamtbilanz wirklich so viel besser sind für die Umwelt, stelle ich infrage. Denn die Rohstoff-Gewinnung für die Batterien ist hochgradig fraglich." Das heißt aber nicht, dass der Vielfahrer auf lange Sicht weiter an Benzinern und Diesel-Autos festhalten möchte: "Wir müssen etwas für die Mobilitätswende tun. Das ist ja klar."

Zwei Teilnehmende einer Oha!-Debatte sitzen an einem Kneipentisch, in der Mitte sitzt der Moderator. © NDR Info
In einer Hamburger Kneipe sprechen Ina Loth und Roman Reinert miteinander - in der Mitte: NDR Moderator Aimen Abdulaziz-Said.

Für Reinert gehören zum Verkehr der Zukunft nicht nur E-Autos: "Wir brauchen mehr Forschung zu alternativen Antriebsarten, zum Beispiel zu Treibstoffen aus Algen. Da nehme ich auch die Luftfahrt-Industrie und die Fraunhofer-Institute in die Pflicht." Für die Forschung solle der Bund eine Milliarde Euro springen lassen. Das sogenannte Verbrenner-Aus ab 2035 hält der Schenefelder für falsch: "Wir dürfen die Menschen nicht überfordern. Viele können sich ein E-Auto gar nicht leisten."

Ina Loth hingegen ist "ganz klar für das Verbrenner-Aus": "Wir können es uns nicht länger erlauben, so viel CO2 auszustoßen." Aber auch die Lehrerin spricht sich dafür aus, bei der Mobilitätswende auf verschiedene Technologien zu setzen und die Forschung voranzutreiben, "damit wir nach dem Verbrenner-Aus alle klimaschädlichen Autos ersetzen können". Loth sieht neben der Politik auch die Autokonzerne in der Bringschuld. Die zuletzt schwachen Verkaufszahlen für E-Autos hätten sich die Hersteller selbst eingebrockt: "Sie haben zu lange auf die Verbrenner gesetzt."

Was müsste für Roman Reinert passieren, damit er auf ein E-Auto umsteigt? "Ab einer Reichweite von 500 Kilometern würde ich ins Grübeln kommen." Ob nach der Bundestagswahl wieder eine Prämie für E-Autos eingeführt wird, sei für ihn nicht entscheidend.

So fällt das Fazit aus

Ina Loth sagte hinterher: "Das Gespräch habe ich als sehr angenehm empfunden. Es hat gezeigt, dass Roman Reinert sehr ähnlich denkt, auch wenn er ein anderes Auto fährt. Es ist schön zu wissen, dass wir beide der Politik mehr Verantwortung geben wollen."

Roman Reinert sagte hinterher: "Ein echtes Streitgespräch war es nicht, aber das habe ich auch nicht erwartet. Ina Loth hat mich in einigen Teilen überzeugt. Aber ob ich beim nächsten Autokauf auf ein E-Auto umsteigen würde, kann ich jetzt nicht abschließend sagen. Wenn ich auch eine Wallbox zu Hause hätte wie Frau Loth, würde mir die Entscheidung sicher leichter fallen."

Alle vier Videos von "oha! Zwei Welten an einem Tisch" können Sie sich auch in der ARD-Mediathek ansehen - und ab dem 13. Februar komplett im YouTube-Kanal von NDR Info. Die Artikel zu den drei weiteren Folgen finden Sie hier:

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Infoprogramm | 12.02.2025 | 07:37 Uhr

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Bundestagswahl

Klimaschutz

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