VIDEO: Bundesvorstand der Grünen gibt Rücktritt bekannt (3 Min)

Grünen-Spitze tritt ab: Respekt aus dem Norden für "beherzten Schritt"

Stand: 25.09.2024 23:30 Uhr

Die Grünen-Spitze tritt nach den Niederlagen bei den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg geschlossen zurück. Das gaben Ricarda Lang und Omid Nouripour am Mittwoch bekannt. Parteikollegen im Norden begrüßten diesen Schritt.

Die Bundesspitze der Grünen zieht nach den Misserfolgen der Partei bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg personelle Konsequenzen. Die Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour gaben am Mittwoch den Rücktritt des gesamten Parteivorstandes im November bekannt. "Es braucht einen Neustart", sagte Nouripour. Auf dem Bundesparteitag Mitte November in Wiesbaden solle ein neuer Vorstand gewählt werden. Bis dahin bleiben Nouripour, Lang und die anderen Mitglieder des Bundesvorstandes geschäftsführend im Amt. Die Grünen hatten zuletzt bei der Wahl in Brandenburg ihr Ergebnis mehr als halbiert. Dort sowie in Thüringen flogen sie aus dem Parlament. In Sachsen gelang ihnen knapp der Wiedereinzug in den Landtag.

Die beiden Co-Parteivorsitzenden Ricarda Lang (rechts) und Omid Nouripour (links) sprechen bei einer Pressekonferenz in der Bundesgeschäftsstelle von "Bündnis 90/Die Grünen". © dpa Foto: Fabian Sommer
AUDIO: Nach Vorstands-Rückzug: Hoffnungen der grünen Basis (8 Min)

Garlichs: "Schritt verlangt mir großen Respekt ab"

Für Greta Garlichs, die niedersächsische Grünen-Vorsitzende, kam die Entscheidung zum Rücktritt des Vorstands überraschend. "Dieser Schritt verlangt mir großen Respekt ab", sagte Garlichs dem NDR Niedersachsen. "Am Ende waren es drei Landtagswahlen im Osten, bei denen wir nicht so abgeschnitten haben, wie wir es gerne hätten. Und letzten Endes muss auch der Parteivorstand das für sich entscheiden." Der niedersächsische Co-Vorsitzende Alaa Alhamwi sagte: "Mit dieser mutigen Entscheidung sind wir die erste Partei, die ernsthafte Konsequenzen nach den Landtagswahlen im Osten gezogen hat."

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Beim Parteitag in Wiesbaden werde es für die Grünen zentral sein, Geschlossenheit zu zeigen und nicht in Personalstreitigkeiten zu verfallen, so Garlichs. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es für sie noch zu früh, über mögliche künftige Parteivorsitzende zu spekulieren. "Allerdings - und da bin ich auch sehr froh drum - haben wir sehr viele gute Menschen, die für dieses Amt in Frage kämen", sagte Garlichs.

Schleswig-Holsteins Grüne begrüßen "beherzten Schritt zur Neuaufstellung"

Schleswig-Holsteins Grünen-Landesvorsitzende Anke Erdmann dankte dem Bundesvorstand "für diesen beherzten Schritt". Der Rücktritt sei die Startposition für einen Aufbruch und die Neuaufstellung für einen kraftvollen Bundestagswahlkampf. "Wir können die aktuellen Wahlergebnisse und Umfragen nicht schönreden und es wird ein Kraftakt, aus der Delle herauszukommen", so Erdmann.

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Der Grünen-Fraktionschef im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Lasse Petersdotter, sagte: "Ich finde es nachvollziehbar, nach fünf Landtagswahlen seit 2022, bei denen wir aus der Regierung geflogen sind, Konsequenzen zu ziehen. Er erwartet spannende Wochen: Menschen würden sich in Position bringen und dann gebe es einen Wettbewerb, der den Grünen gut tue, sagte Petersdotter NDR 1 Welle Nord. Mit Personalwechsel gehe auch immer ein Politikwechsel einher. "Nichtsdestotrotz sehe ich keine großen Korrigierungs-Bedürfnisse. Wir müssen als Grüne gucken, dass wir in unserem Kurs klar bleiben", so Petersdotter. Dafür brauche es das richtige Personal und das werde man auch finden.

Die grüne Sozialministerin Aminata Touré sagte, der Rücktritt des Parteivorstandes zeige, dass die Grünen in einer schwierigen Lage seien. Wichtig sei es, darzustellen, woran man arbeite, wo man Lösungen sehe. Das sei "eine fette Aufgabe", die alle demokratischen Parteien hätten. Das Problem im Bund sei, dass die Ampelkoalition sich mehr mit sich selbst als mit den politischen Problemen auseinandersetze.

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MV-Grüne: Rückzug bietet Chance für die Zukunft

Die Vorsitzenden der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern sehen im Rückzug der Bundesspitze eine Chance für die Zukunft. Die Entscheidung zeuge von Verantwortung und Weitblick, erklärte die Landesvorsitzende Katharina Horn. "Wir haben großen Respekt vor dieser Entscheidung und sind zuversichtlich, dass die Partei gestärkt aus der Neuaufstellung hervorgehen wird", sagte Horns Co-Vorsitzender Ole Krüger.

Fegebank: Mit Mut und Zuversicht alle Kraft auf Neuanfang

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und frühere Grünen-Landesvorsitzende Katharina Fegebank zollte dem Rückzug des Bundesvorstands ebenfalls viel Anerkennung. "Ganz viel Respekt für eure Entscheidung und die klare Kommunikation", schrieb Fegebank auf der Plattform X. Beide hätten tolle Arbeit für die Partei geleistet. Außerdem zeige das Vorgehen: "Politische Verantwortung is still a thing. Jetzt alle Kraft auf Neuanfang. Mit Mut und Zuversicht."

Katharina Fegebank © picture alliance / dpa Foto: Georg Wendt
AUDIO: Rücktritt von Lang und Nouripour: Reaktionen der Hamburger Grünen (1 Min)

Jetzt gelte es, Sicherheit und Orientierung zu geben, sagten Hamburgs Grünen-Vorsitzende Maryam Blumenthal und Leon Alam. Die Entscheidung für die strategische Neuaufstellung der Partei auf Bundesebene liege nun bei den Mitgliedern. Die Bundestagswahl im kommenden Jahr werde eine Richtungswahl. "Es geht um die Zukunft dieses Landes, um Zusammenhalt, Klimaschutz und soziale Sicherheit", so Alam und Blumenthal. In Hamburg wird am 2. März 2025 eine neue Bürgerschaft gewählt. "Den Neuanfang im Bund nehmen wir als Rückenwind mit in den anstehenden Hamburger Wahlkampf und senden mit unserer erfolgreichen Regierungsarbeit hier in Hamburg auch positive Signale in den Bund", hieß es weiter von den Grünen-Chefs aus der Hansestadt.

Habeck: "Großer Dienst an der Partei"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bezeichnete den angekündigten Rücktritt als "großen Dienst an der Partei". Der Schritt zeuge von großer Stärke und Weitsicht. "Hinter uns liegen harte Monate, die Grünen standen voll im Gegenwind", sagte Habeck. Die Niederlagen bei den letzten Wahlen seien unstrittig vom Bundestrend beeinflusst. "Wir tragen hier alle Verantwortung, auch ich. Und auch ich will mich ihr stellen." 

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Die Grünen wollen im Herbst entscheiden, ob sie bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr einen "Kanzlerkandidaten" ins Rennen schicken oder nur mit einem "Spitzenkandidaten" antreten. Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock gesagt hatte, dass sie diesmal nicht an der Spitze stehen will, läuft offenbar alles auf den Flensburger Habeck hinaus. "Ich möchte auf dem Parteitag eine offene Debatte zu einer möglichen Kandidatur und ein ehrliches Votum in geheimer Wahl", sagte Habeck. Der Parteitag im November werde jetzt der Ort werden, "wo sich die Grünen neu sortieren und neu aufstellen werden, um dann mit neuer Kraft die Aufholjagd zur Bundestagswahl zu beginnen".

Vorstand der Grünen Jugend will aus Partei austreten

Am späten Mittwochabend wurde bekannt, dass der Vorstand der Grünen Jugend sich entschieden hat, geschlossen aus der Partei auszutreten. Das geht aus einem Brief der Nachwuchsorganisation an die Partei- und Fraktionsführung hervor, über den mehrere Medien berichteten. In dem Schreiben heiße es, dass diese Entscheidung bereits vor Bekanntgabe des Rücktritts des Parteivorstandes getroffen worden sei. Und weiter: "Wir gehen nicht davon aus, dass eine personelle Neuaufstellung zu einer inhaltlichen und strategischen Neuausrichtung der Partei in unserem Sinne führen wird. Es ist besser, wenn sich unsere Wege jetzt trennen und ihr gut neu starten könnt."

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NDR Info | Aktuell | 25.09.2024 | 18:00 Uhr

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