Manuela Schwesig: "Die Ampel ist schädlich für die SPD"

Stand: 23.09.2024 15:01 Uhr

Nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten in Brandenburg freut sich vor allem die SPD im Norden. MV-Ministerpräsidentin Schwesig mahnt aber die Bundes-SPD, mehr auf den Osten zu hören. Die AfD landete mit starkem Zugewinn auf Platz zwei, vor dem BSW und der CDU.

Die SPD-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, hat bereits am Wahlabend den Erfolg ihrer Partei in Brandenburg vor allem als Bestätigung ihres Genossen und Amtskollegen Dietmar Woidke gewertet. Er und seine SPD hätten eine "starke Aufholjagd hingelegt". 

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schweig (SPD) © dpa Foto: Hannes P. Albert
Ministerpräsidentin Schwesig fordert, dass die SPD mehr auf die Themen Wirtschaft und Rente setzt.

Sie leitet aus dem Ergebnis vor allem eines ab: "Nach Sachsen hat sich auch in Brandenburg gezeigt, dass sich die Menschen in schwierigen Zeiten hinter ihrem Ministerpräsidenten sammeln." Die SPD habe ihren Wahlkampf ganz auf den Spitzenkandidaten und auf die Zukunft des Landes Brandenburg ausgerichtet, so Schwesig weiter. Das habe sich ausgezahlt.

Schwesig: "SPD muss stärker auf den Osten hören"

Am Montag forderte Schwesig aber ein Umdenken in der Bundes-SPD. Sie sieht sich zusammen mit Woidke als wichtige ostdeutsche Stimme in der SPD. "Und es wäre wichtig für die SPD, stärker auch auf diese Stimmen zu hören. Denn es gibt Gründe, warum Menschen im Osten sehr unzufrieden sind", sagte Schwesig auf NDR Info. Die Sozialdemokraten müssten auf die richtigen Themen setzen: Wirtschaft und Rente. 97 Prozent der Rentnerinnen und Rentner würden im Osten nur von der gesetzlichen Rente leben. Deswegen könne die SPD nicht zulassen, dass an dieser Rente etwas verschlechtert werde.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schweig (SPD) © dpa Foto: Hannes P. Albert
AUDIO: Schwesig: "Demokraten müssen stärker zusammenhalten" (9 Min)

Zur Rolle der Bundes-SPD und Kanzler Olaf Scholz sagte sie: "Klar ist auch, dass sich etwas ändern muss, inhaltlich und im Auftreten. Die Ampel ist schädlich für die SPD." Das sehe man auch an den Wahlen im Osten. Es sei wichtig, dass die SPD und der Kanzler in der Ampel klar die politische Führungsrolle der SPD deutlich machen. Außerdem müssten die Energiepreise runter - gerade beim Strom. "Das ist eine langjährige Forderung von Woidke und mir. Vielleicht ist es ab und zu auch mal gut, auf den Osten zu hören und nicht nur auf ihn zu schauen, wenn die AfD zu stark ist."

Woidke hatte angesichts der schlechten Umfragewerte der Bundes-SPD auf Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz oder Parteichefin Saskia Esken verzichtet.

Ministerpräsident Weil: Durchmarsch der AfD gestoppt

Der niedersächsische Ministerpräsident und SPD-Landeschef Stephan Weil sieht nach der Landtagswahl in Brandenburg den Durchmarsch der AfD eindrucksvoll gestoppt. "Brandenburg wird auch in Zukunft eine durch und durch demokratische Landesregierung haben und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Dietmar Woidke", betonte Weil. Die Konsequenz, mit der Woidke und die ganze Brandenburger SPD diesen Wahlkampf geführt hätten, "war beispielhaft und hat auch Menschen überzeugt, die wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben die SPD gewählt haben."

Midyatli verlangt mehr Profil, mehr Kampf, mehr Sozialdemokratie

Schleswig-Holsteins SPD-Landeschefin Serpil Midyatli gratulierte Ministerpräsident Woidke zum Wahlsieg, unterstrich aber: Die Botschaft an die Bundesregierung und Olaf Scholz bleibe die gleiche: mehr Profil, mehr Kampf, mehr Sozialdemokratie. Sie lobte die "wahnsinnige Aufholjagd" ihrer Partei. Der Kampf gegen Rechtspopulisten müsse aber weitergehen.

Günther: Kanzler-Distanz für SPD in Brandenburg erfolgreich

Für Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden Daniel Günther ist der Sieg der SPD bei der Landtagswahl in Brandenburg vor allem ein Ergebnis der maximalen Distanzierung von Kanzler Scholz und der Bundes-SPD. Dieser Kurs von Ministerpräsident Woidke sei erfolgreich gewesen, sagte Günther laut Mitteilung. "So konnte ihn die Ampel in Berlin nicht wie Grüne und FDP runterziehen." Woidke habe ein echtes Landesergebnis erzielt. Günther gratulierte ihm zu diesem voraussichtlichen Wahlsieg.

Dass die CDU in Brandenburg schlechter abschnitt als 2019, habe auch an diesem Kurs gelegen. "In dieser Konstellation konnten die Bäume für die CDU nicht in den Himmel wachsen, weil viele bürgerliche Wählerinnen und Wähler dieses Mal SPD gewählt haben, um sicherzustellen, dass eine demokratische Partei vorne liegt."

Glückwunsch auch aus Hamburg an Dietmar Woidke

"Wenn man sich die aktuelle Prognose anguckt, dann muss man zuallererst sagen: Glückwunsch an Dietmar Woidke! Das ist unter den gegebenen Umständen auch ein baumstarkes Ergebnis für die SPD in Brandenburg," sagte die Landesvorsitzende der Hamburger SPD, Melanie Leonhard, zum Wahlsieg ihrer Partei in Brandenburg. Dennoch gebe es Anlass zur Sorge, dass die AfD trotz der Ereignisse der letzten Wochen ein so starkes Ergebnis erzielt habe, erklärte Leonhard weiter.

Politologe von Lucke: Regierungsbildung wird schwierig

Brandenburgs Ministerpräsident Woidke habe geschafft, was kaum einer für möglich gehalten hätte, nämlich den enormen Vorsprung der AfD aufzuholen, sagte Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke auf NDR Info. Für die Regierungsbildung sei nun entscheidend, wie sich das BSW verhalten werde. "Wagenknecht hat vor allem ein großes Ziel. Sie will in den Bundestag", betonte von Lucke. Ihre Strategie sei die der Fundamentalopposition. "Jede Regierungsbeteiligung auf Landesebene schwächt ihre Möglichkeit, die anderen Parteien zu verunglimpfen." Die große Frage sei, ob Wagenknecht überhaupt Teil derartiger Koalitionen sein wolle. "Es spricht vieles dafür, dass am Schluss eine Minderheitsregierung steht, die Herr Woidke dann wiederum mit der CDU eingehen müsste", prognostizierte von Lucke. Eine weitere Hürde fürs Regieren: Die AfD hat mit 30 Sitzen eine Sperrminorität. Damit kann sie Entscheidungen blockieren, bei denen eine Zweidrittelmehrheit nötig ist.

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NDR Info | Aktuell | 23.09.2024 | 08:13 Uhr

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