Hohe Kosten, neue Chancen: Schifffahrt soll klimaneutral werden
Egal ob T-Shirt, Sportschuh oder Fernseher: Die meisten Waren werden nicht mehr hierzulande produziert, sondern kommen per Schiff nach Europa. Die Weltschifffahrtsorganisation IMO hat nun Vorgaben für eine klimaneutrale Schifffahrt bis zum Jahr 2050 beschlossen. Das könnte Auswirkungen auf die Preise haben, aber auch Chancen für die deutschen Werften bieten.
Bislang waren die Klimaschutzziele der IMO, der International Maritime Organisation, nicht besonders ambitioniert. Das ändert sich jetzt. Nun soll die Schifffahrt ihre Emissionen bereits in sieben Jahren um 20 bis 30 Prozent und bis 2040 um 70 bis 80 Prozent im Vergleich zu 2008 reduziert haben. Vollständige Klimaneutralität soll bis zum Jahr 2050 erreicht werden. Zusätzlich soll es ein global gültiges Preissystem für den Ausstoß von Treibhausgasen geben.
Erstmals verbindliche Regeln weltweit
Die Schifffahrt ist ein internationales Geschäft. National gültige Umweltstandards konnten bisher problemlos ausgehebelt werden, indem Schiffe in anderen Ländern registriert wurden als in denjenigen, wo sie bereits in Kraft waren. Darum fahren auch viele deutsche Schiffe zum Beispiel unter den Flaggen von Panama oder Antigua. Um international vergleichbare Bedingungen zu schaffen, sind weltweite Regelungen nötig. Als Unterorganisation der Vereinten Nationen haben die Vorgaben der IMO durchaus Gewicht.
Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass viele Reeder neue Schiffe oder zumindest neue Motoren bauen müssen, verbunden mit steigenden Kosten. Noch ist es zu früh, um hieraus konkrete Auswirkungen auf die Warenpreise zu schließen. Zumal auch noch nicht klar ist, was alternative Kraftstoffe künftig kosten werden. Aber selbst wenn der Schiffbau und alternative Kraftstoffe die Warenkette teurer werden lassen, blieben solche Preissteigerungen für das einzelne Produkt sehr überschaubar.
Frachtschifffahrt spielt wichtige Rolle beim Klimaschutz
Trotzdem Reeder und Häfen Millionen in Schiffe und Tankinfrastruktur investieren müssten, wäre der Beitrag zum Klimaschutz enorm. Denn bislang fahren fast alle Schiffe mit Schweröl, Schiffsdiesel und nur ganz selten schon mit flüssigem Erdgas - allesamt fossile Energieträger. Der Naturschutzbund (NABU) hat ausgerechnet, dass die Schifffahrt - wäre sie ein Staat - auf Platz sechs aller CO2-Emittenten stünde, noch vor Deutschland. Rund drei Prozent des globalen CO2-Ausstoßes gehen auf das Konto der internationalen Schifffahrt.
Neue Chancen für deutsche Werften?
Für die deutschen Werften, auf denen kaum noch Frachtschiffe gebaut werden, wäre der Wandel zur klimaneutralen Schifffahrt eine Chance, international wieder Fuß zu fassen. Viele Schiffe werden im Moment vor allem deshalb in Asien gebaut, weil Stahl dort billig ist und die Löhne niedrig sind. Allein im Bereich Motorenbau gibt es etliche Fabrikanten in Europa und auch hier in Deutschland, die auf Aufträge hoffen könnten. Und die Werften könnten sich auf die Umrüstung von Schiffen fokussieren.
Elektrische Antriebe eher für Kurzstrecken geeignet
Auch elektrische Antriebe als bevorzugte Lösung in Punkto Klimaneutralität wären eine Option für die Schifffahrt. Dies dann aber eher auf kurzen Strecken mit häufigen Stopps, an denen die Schiffe aufgeladen werden können - im Fährbetrieb zum Beispiel. Auf den langen Routen quer über den Atlantik oder den Pazifik sind die Batteriekapazitäten bisher nicht ausreichend. Hybridmotoren könnten an dieser Stelle auch für die Schifffahrt ein interessantes Thema werden.
Ammoniak oder Methanol als mögliche alternative Treibstoffe sind im Moment noch recht teuer in der Herstellung. Ohnehin ist nicht klar, ob sich am Ende einer der beiden Betriebsstoffe durchsetzen wird. Die Tendenz geht in Richtung Methanol, denn schon bestehende Motoren würden sich recht einfach darauf umrüsten lassen. Außerdem gibt es beim Einsatz von Ammoniak derzeit noch Sicherheitsbedenken.
Weltreederverband unterstützt Klimaneutralität
Auch der Weltreederverband hat sich das Thema "Klimaneutralität 2050" schon länger auf die Fahnen geschrieben. Transport- und Logistikunternehmen wie AIDA Cruises, Hapag-Lloyd oder auch Maersk wollen sogar noch eher die Ziele der IMO erreichen. Dementsprechend würde ein internationaler, verbindlicher Rechtsrahmen in dieser Hinsicht breite Unterstützung erfahren.