Bundesweiter Warntag: Probe-Alarm mit Sirenen und Handys
Beim bundesweiten Warntag haben Bund, Länder und Kommunen am Donnerstag von 11 Uhr bis 11.45 Uhr ihre Alarmsysteme getestet - die klassischen Sirenen, aber auch Apps wie NINA und Katwarn. Auch der Mobilfunkdienst Cell Broadcast schlug auf Handys probeweise Alarm.
Das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) wollten mit dem bundesweiten Warntag erproben, wie die Menschen im Fall von Katastrophen oder Kriegsfolgen am besten gewarnt werden können. Bürgerinnen und Bürger können ihre Erfahrungen mit dem Ablauf des Tests nun auf einer Website posten.
Umfrage im Internet soll Auswertung erleichtern
Denn von großem Interesse für die Behörden ist, wie der Probe-Alarm tatsächlich bei den Menschen ankam. Hat das Handy Alarm geschlagen? War eine Sirene zu hören? Deshalb sind auch die Norddeutschen dazu aufgerufen, ihre Erfahrungen zu schildern - unter www.warntag-umfrage.de. Mit den Erfahrungen durch die Probewarnung sollen die Warnsysteme dann im Idealfall weiter verbessert werden. Die Befragung führt das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen bundesweit im Auftrag des BKK durch. Dabei werden allerdings auch Fragen gestellt, die mit dem Warntag auf den ersten Blick wenig zu tun haben - wie etwa die Schulbildung der Umfrage-Teilnehmerinnen und -teilnehmer.
Auch stumm gestellte Handys konnten laut werden
Warnungen kamen am Donnerstag in Radio und Fernsehen, über Sirenen, auf Informationstafeln in Städten oder per Durchsage auf Bahnsteigen und in Zügen. Außerdem kamen Warn-Apps wie NINA und das Warnsystem Cell Broadcast bei dem Probealarm zum Einsatz. "Wir setzen auf den sogenannten Warnmittel-Mix", sagte Innenstaatssekretärin Juliane Seifert vorab.
Erklärtes Ziel der Behörden war: Der diesjährige Warntag sollte besser klappen als der vorangegangene Probealarm im Dezember 2022. Damals hatten sich auch Lücken und Schwachstellen im Warnsystem gezeigt. Diesmal kamen viele Warnungen per Cell Broadcast überpünktlich: Viele Handy-Nutzerinnen und Nutzer erhielten bereits um 10.59 Uhr die Hinweise auf ihren Geräten.
Erste Bilanz in Niedersachsen fällt positiv aus
In Niedersachsen funktionierten die Warnsysteme nach ersten Analysen gut, wie NDR Niedersachsen berichtet: Im Landkreis Emsland und der Grafschaft Bentheim funktionierten demnach laut Rettungsleitstelle alle rund 120 Sirenen. Auch im Raum Osnabrück lösten nach Angaben der Behörden die gut 130 Sirenen aus. An einigen Stellen in der Stadt sollen die Alarme allerdings sehr leise gewesen sein.
Viel Sirenengeheul war zudem unter anderem in Salzgitter, Northeim, Göttingen und Wolfsburg zu hören. Aus den Landkreisen Harburg und Heidekreis hieß es ebenfalls, dass die Sirenen ausgelöst hätten. Fehlermeldungen habe es dort keine gegeben. Im Landkreis Göttingen lösten bis auf eine Sirene alle aus, so der Kreis.
Innenministerium in MV setzt wieder mehr auf Sirenen
Auch in Mecklenburg-Vorpommern brummten nicht nur Handys, sondern es heulten vermehrt auch wieder Sirenen. "Die Auslösung der Sirenen in Mecklenburg-Vorpommern hat erheblich besser geklappt als in den Vorjahren. Auch ich habe im Innenausschuss im Landtag erstmalig wieder Sirenentöne hören können, da Schwerin nun auch 13 Sirenen aufgebaut hat, die erfolgreich getestet worden sind. Weitere vier werden noch folgen", so Innenminister Christian Pegel. Um 11.45 Uhr kam dann ein erneuter Sirenenton zur Entwarnung. In Rattey (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) übernahm ein Feuerwehrfahrzeug via Lautsprecher die Warndurchsage. Auch in Greifswald gab ein Feuerwehrfahrzeug Alarm. "Parallel dazu piepten überall die Handys", sagte eine Stadtsprecherin. Greifswald wolle bis Anfang kommenden Jahres elf Sirenen einsatzbereit haben. Auf der Landwirtschaftsausstellung Mela in Mühlengeez (Landkreis Rostock) brummten pünktlich die Handys. Per Lautsprecher wurden die Besucher zudem darauf hingewiesen, dass es sich um einen Probealarm handele. In Schwerin war auf Großflächen-Displays an Kreuzungen eine Warninfo zu sehen.
"Die Sirene wird wieder wichtiger, weil man auch mal sein Mobiltelefon nicht dabei haben kann", hatte Innenminister Christian Pegel (SPD) vorab gesagt. "Und wir mussten lernen, dass ältere Handy-Modelle nicht über die modernen Warnsysteme erreichbar sind." Experten des Katastrophenschutzes würden immer wieder betonen, dass ein Warnmittel-Mix unerlässlich sei. "Viele Quellen sind nötig, um jeden wenigsten einmal zu erreichen. Die Sirene gehört unbedingt dazu", so Pegel.
Positive Alarmtag-Bilanz in Hamburg
In Hamburg sagte eine Sprecherin der Innenbehörde kurz nach dem Start des Probe-Alarms, nach einer ersten Einschätzung sei alles gut gelaufen. Auch der Leiter des Katastrophenschutzes, Mike Vorbeck, zog später eine positive Bilanz: "Soweit wir das jetzt beurteilen können, haben alle Sirenen in der Stadt funktioniert. Auch die Meldung des Bundes scheint geklappt zu haben."
In Hamburg sollten 123 Sirenen heulen - doch diese befinden sich vor allem in Elbnähe. Die angekündigte Installation von 50 weiteren Sirenen bis Ende 2023 verzögert sich. Sie seien "noch im Stadium der Errichtung und des Aufbaus", hatte die Innenbehörde zuvor mitgeteilt. Hinweise zum Warntag waren aber zum Beispiel auch auf elektronischen Werbetafeln in der Stadt zu lesen. Als noch ausbaufähig bezeichnete Vorbeck die Ausstattung der Hamburgerinnen und Hamburger mit Warn-Apps auf dem Handy: Lediglich ein Fünftel aller Menschen in der Stadt hätten eine solche App installiert.
Warum in Schleswig-Holstein nicht überall Sirenen heulten
In Schleswig-Holstein waren längst nicht überall Sirenen zu hören. Das lag zum einen daran, dass die kommunalen Behörden selbst entscheiden konnten, ob auch lokale Sirenen und Lautsprecher getestet wurden. Sie sind nicht an das zentrale Warnsystem angeschlossen. Zum anderen waren nach dem Kalten Krieg viele der Sirenen in Schleswig-Holstein abgebaut worden. Ende 2022 gab es landesweit noch etwa 2.600. Vor allem in größeren Städten wie Kiel, Lübeck oder Flensburg, aber auch in einigen Kreisen existierten zuletzt keine stationären Sirenen mehr. Das Innenministerium in Kiel hatte deshalb im Vorfeld empfohlen, sich zu informieren, welche Warnmittel in der jeweiligen Kommune erprobt werden. Rückblickend sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU), nach einer ersten Einschätzung habe alles gut geklappt. "Die Mehrheit der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner verstehen den Warntag inzwischen offenbar auch als Test für die eigene Erreichbarkeit."
BKK: Stresstest bestanden
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bilanzierte, das System habe am Donnerstag den "Stresstest" bestanden: "Die Vielfalt unserer Warnmittel wurde gleichzeitig ausgelöst, hat die Bevölkerung erreicht und gewarnt", resümmierte BBK-Präsident Ralph Tiesler. Nun wolle man die Rückmeldungen aus Ländern, Kreisen und kreisfreien Städten einsammeln und gemeinsam mit den Erfahrungsberichten der Bevölkerung auswerten. Tiesler hatte am Morgen auf NDR Info gesagt, seit Wochen liefen die Vorbereitungen für den Warntag: "Alle Systeme sind gecheckt worden." Der letzte Warntag im vergangenen Jahr sei "ein erfolgreicher Probelauf und ein gutes Signal" gewesen und dieser sei nun die Messlatte für den aktuellen Test, so Tiesler.
Faeser: Warntag ein voller Erfolg
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zog eine positive Bilanz: "Unsere ersten Auswertungen zeigen: Der dritte bundesweite Warntag war ein voller Erfolg." Auch ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte, das Unternehmen sei "mit dem Ergebnis in unseren Netzen sehr zufrieden". Die durch die Behörden ausgelöste Warnmeldung über Cell Broadcast sei "ohne Probleme aufgenommen, weitergeleitet und über unsere Mobilfunkstationen im gesamten Bundesgebiet gesendet" worden. Der auch für Digitales zuständige Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, auch ihn habe eine Warnung erreicht - das vermittele "die Sicherheit, in Notfällen und bei Katastrophen umgehend und zielgenau gewarnt werden zu können".