Bundestag verabschiedet umstrittenes neues Heizungsgesetz
Nach langem Ringen hat der Bundestag am Freitag das umstrittene Heizungsgesetz beschlossen. Damit soll der Ausstieg aus Gas und Öl im Gebäudebereich festgeschrieben werden. Neue Heizungen, die ausschließlich mit fossilen Energien betrieben werden, dürfen spätestens ab 2028 im Regelfall nicht mehr eingebaut werden.
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) erhielt nach einer hitzig und kontrovers geführten Debatte im Bundestag die Zustimmung der Ampel-Fraktionen. Union, Linke und AfD lehnten das Gesetz ab. Insgesamt votierten bei der namentlichen Abstimmung in Berlin 399 Abgeordnete dafür und 275 dagegen. Es gab fünf Enthaltungen.
Neue Regeln sollen ab Januar 2024 gelten - aber zunächst nur für Neubauten
Nach den Plänen sollen neu eingebaute Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Die neuen Regeln sollen ab Januar 2024 aber zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten gelten. Bei allen anderen Gebäuden sollen die Kommunen erst eine Wärmeplanung vorlegen.
Im Zusammenhang mit diesen wegweisenden Veränderungen hat die Bundesregierung ein neues Konzept zur Förderung von erneuerbarem Heizen entwickelt. Die Bundesrichtlinien für effiziente Gebäude (BEG) werden überarbeitet. Dadurch werde der Austausch alter Heizsysteme durch effiziente Alternativen gefördert und es würden wirtschaftliche Anreize geschaffen.
Klimaschutzminister Habeck verteidigt Heizungsgesetz
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck verteidigte das Gesetz im Bundestag gegen scharfe Kritik der Opposition. "Ich finde es berechtigt, mit konkreten und auch besorgten Nachfragen auf dieses Gesetz einzugehen. Was man allerdings nicht durchgehen lassen sollte, ist, den Menschen Sand ins Auge zu streuen - zu sagen, wir machen Ziele, aber wir tun nichts dafür, dass diese Ziele erreicht werden", sagte der Grünen-Politiker.
Die unionsgeführte Bundesregierung habe beschlossen, dass Deutschland 2045 klimaneutral sein solle. Es seien aber keine konkreten Maßnahmen vorgeschlagen worden, sagte Habeck. Nun werde es konkret, Millionen von Menschen seien betroffen. Er nehme Sorgen sehr ernst. Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit, schütze die Verbraucherinnen und Verbraucher vor hohen Energiepreisen und sorge für eine soziale Ausbalancierung.
Grünen-Fraktionschefin Dröge räumt Fehler ein
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge räumte Fehler beim Zustandekommen des Heizungsgesetzes ein. Sie sagte, die Koalition habe hart miteinander gerungen, zu oft auch öffentlich - und bei den Bürgern Verunsicherung erzeugt, die nicht nötig gewesen wäre. Am Ende stehe aber eine gemeinsame Lösung mit einem konkreten Fahrplan dafür, wie klimafreundliches Heizen überall gelingen werde.
Über das Gesetz hatte es lange Konflikte gegeben. Auf Druck vor allem der FDP hatte es grundlegende Änderungen des ursprünglichen Entwurfs gegeben. Die FDP betont vor allem "Technologieoffenheit" - nach dem Motto: "Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt."
Harsche Kritik von der Opposition
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erhob schwere Vorwürfe gegen die Ampel-Koalition. Die vorgesehene künftige staatliche Förderung sei unzureichend: "Dieses Gesetz macht die Menschen arm." Er kritisierte außerdem, dass über grundlegende Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs nicht genügend beraten wurde. FDP-Fraktionschef Christian Dürr entgegnete, die Opposition habe wochenlang Zeit gehabt, um Änderungsanträge zu erstellen.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) dagegen nannte das Gesetz "Irrsinn" und ein "Konjunkturprogramm für Populisten". Die Koalition wolle die "Lufthoheit über die Heizungskeller". Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einem kommunikativen Desaster. Der AfD-Abgeordnete Marc Bernhard sagte, der "Heizungshammer" sei nicht entschärft.
Verabschiedung vor Sommerpause gestoppt
Das Gebäudeenergiegesetz sollte eigentlich Anfang Juli und damit vor Beginn der Sommerpause beschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht aber stoppte eine Verabschiedung vor der Sommerpause. Das Gericht hatte Zweifel daran angemeldet, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt blieben. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt. Heilmann kritisierte bei der Debatte im Bundestag, dass es keine erneute Sitzung des zuständigen Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie gegeben habe.
VdK-Präsidentin: "Wir haben unsere Forderung durchgesetzt"
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, lobte auf NDR Info die Änderungen am ursprünglichen Entwurf des Gesetzes. "Was wir immer wichtig fanden, dass sozial gefördert wird, dass zum Beispiel Menschen, die wenig Geld haben, mehr Förderung bekommen als Eigenheimbesitzer, die finanziell bessere Möglichkeiten haben - mit dieser Forderung haben wir uns durchgesetzt." Mit dem nun beschlossenen Gesetz könne man "umgehen", sagte Bentele.
Die Energiewirtschaft äußerte sich erleichtert. Das Gesetz sei ein "erster wichtiger Schritt in der Königsdisziplin Wärmewende", sagte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. "Die heute vorliegenden Regelungen sind ein solides Fundament, um die Wärmewende anzustoßen, es bleibt aber Verbesserungsbedarf." Handlungsbedarf sieht der BDEW etwa bei den Einsatzmöglichkeiten von Biomasse.
NABU reagiert enttäuscht
Die Umweltorganisation NABU äußerte sich enttäuscht. "Ein Gesetz, das das Problem nicht löst, für das es gemacht wurde, ist kein gutes Gesetz - ein zahnloser Tiger", sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Es werde viel Verantwortung auf die chronisch klammen Kommunen abgewälzt. Bei Biomasse würden falsche Klimaschutzeffekte unterstellt. Es würden dauerhafte Fehlanreize für den Einsatz von Wasserstoff- und Biomasseheizungen gesetzt.
Der Hochlauf der erneuerbaren Wärmetechnologien müsse jetzt beginnen, damit nicht länger fossile Heizkessel eingebaut werden, sagte die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter. Wichtig seien eine auskömmliche Förderung, um soziale Schieflagen zu vermeiden, sowie eine ambitionierte kommunale Wärmeplanung, an die das GEG geknüpft ist. "Um beim Heizungstausch die Trendwende einzuleiten, braucht es entsprechend ausgestaltete Förderprogramme."
TÜV-Verband mahnt ganzheitliche Betrachtung von Heizanlagen an
Der TÜV-Verband hatte im Vorfeld der Debatte um das neue Heizungsgesetz betont, dass Fördermaßnahmen nicht ausschließlich auf der Energieeffizienz der Heizungsanlagen basieren sollten, da dies nicht die gesamte Klimabilanz von Heizungssystemen widerspiegelt. "Eine vollständige Klimabilanz betrachtet nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch im gesamten Lebenszyklus einer Heizung. Dabei sind alle Phasen zu beachten, einschließlich der Herstellung (graue Emissionen) sowie des Rückbaus und des Recyclings (graue Energie) der Anlagen", sagt Dr. Ingo Steinke, Referent für Klimaschutz beim TÜV-Verband. "Der Fokus auf den Austausch von Heizungsanlagen liegt zweifellos auf der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen, vernachlässigt jedoch graue Emissionen und grauen Energien. Dabei sind diese Aspekte im Zusammenhang mit Heizungssystemen von entscheidender Bedeutung." Er dämpfte zugleich die Hoffnung, Gasheizungen könnten bald mit Wasserstoff betrieben werden. "Mit Wasserstoff privat heizen wird eher vereinzelt eine Option sein", so der Behördensprecher. "Dass Wasserstoff in Deutschland in der Nutzung im privaten Wärmebereich erschwinglich und verfügbar sein wird, erwartet bisher keiner der Experten."